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Mittwoch, Mai 1, 2024

Ausbildung für Feuerwehrleute: Viel Bedarf, wenig Angebot

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MdL Muthmann startet Initiative beim Innenministerium – Passauer Feuerwehrfunktionäre schildern Dilemma 

Passau. Einmal Feuerwehrmann – ein Leben lang Feuerwehrmann! Das gilt schon lange nicht mehr! Wie groß die Fluktuation ist und wie sehr die Anforderungen an die Feuerwehr gestiegen sind, war Thema eines Gespräches zwischen dem FDP-Landtagsabgeordneten Alexander Muthmann, dem neuen Passauer Stadtbrandrat Andreas Dittlmann und dem ebenfalls neu gewählten Stadtbrandinspektor Florian Emmer. Die beiden Feuerwehrfunktionäre schilderten dem Politiker, wie sehr die Schere zwischen dem Ausbildungsbedarf und den tatsächlich zugeteilten Lehrgangsplätzen auseinandergeht. „Maximal ein Drittel der beantragten Lehrgänge wird genehmigt“, berichtete Dittlmann. Seine Forderung an den Freistaat Bayern: „Professionelle Einsätze verlangen professionelle Ausbildung. Da muss viel mehr passieren!“ MdL Alexander Muthmann versprach Unterstützung: „Das Innenministerium muss Farbe bekennen. Hier besteht offensichtlich dringender Nachholbedarf!“

Der Termin fand in der Hauptfeuerwache in Passau statt. Landtagsabgeordneter Alexander Muthmann kam mit Zahlen aus dem Bayerischen Innenministerium zum Antrittsbesuch bei Stadtbrandrat Andreas Dittlmann. Laut Statistik waren 2016 für die elf Feuerwehren in der Stadt 321 Lehrgänge beantragt, aber nur 84 zugeteilt worden. „Damit leben wir seit Jahren“, kommentierte Dittlmann die Zahlen. Das Ausbildungsangebot des Staates an den drei Feuerwehrschulen Würzburg, Regensburg und Geretsried lasse die veränderten Rahmenbedingungen völlig unberücksichtigt. „Ohne die Studenten könnten wir den Dienstbetrieb tagsüber im Kerngebiet von Passau gar nicht aufrechterhalten“, schilderte Dittlmann die Situation. Die Hauptfeuerwache zum Beispiel bewältige im Jahr 500 Einsätze mit 70 Leuten. Um während des Tages die Schlagkraft in den Randbereichen zu gewährleisten, rückten im Bedarfsfall hauptamtliche Gerätewarte von der Hauptfeuerwache aus. Neun von ihnen seien bei der Stadt Passau angestellt.

Zum Glück habe man 2010 begonnen, die Nachwuchsarbeit zu verstärken und zusätzlich eine Hochschulgruppe Feuerwehr aufzubauen. Diese Aufgabe habe damals der Student Philipp Brachtendorf übernommen, der in der Passauer Feuerwehr engagiert war. Nachdem die meisten Studenten aber nur begrenzte Zeit in Passau blieben, sei ein häufiger Wechsel die Folge. Ein weiterer Grund für die zunehmende Fluktuation: Aktive Feuerwehrmänner ziehen, wenn sie eine Familie gegründet haben, von der Stadt in den Landkreis, weil sie dort günstiger bauen können oder die Mieten billiger sind, berichtete Dittlmann: „Für die Feuerwehr in der Stadt sind sie dann verloren! Wir fangen beim Nächsten wieder von vorne an!“

An verschiedenen Beispielen schilderten die Feuerwehr-Führungskräfte, wie sehr sich die Anforderungen an die Einsatzkräfte geändert haben. Wenn die Feuerwehrleute früher zur technischen Hilfeleistung an einen Unfallort kamen, fanden sie entweder einen Diesel oder einen Benziner vor. Heute sind es Diesel, Benziner, Elektroautos, Hybridfahrzeuge, Wasserstoff- oder Erdgasautos. Ähnlich bei einem Wohnhausbrand: Früher gab es eine Holz-, eine Öl- oder eine Gasheizung. Inzwischen hat man es auch mit Photovoltaik auf dem Dach, Pelletsheizungen oder Wärmewandlern zu tun. „Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verlangen mehr denn je eine professionelle Ausbildung und die gewährleisten die drei Staatlichen Feuerwehrschulen am besten“, waren sich Andreas Dittlmann und Florian Emmer einig. Auch die zunehmenden   Gefahrgut-Einsätze – sieben waren es im vergangenen Jahr – verlangten eine professionelle Vorbereitung. Dittlmann erinnerte in diesem Zusammenhang an den Großeinsatz am 25. Juli 2018 am Passauer Güterbahnhof. Dort war aus einem Kesselwagen explosives Gas ausgetreten. „Die große Herausforderung bestand darin, das defekte Ventil auszutauschen. Sonst hätte man die 46 Tonnen Gasladung in einen leeren Tankwagen pumpen müssen“, beschrieb Dittlmann das Szenario und betonte: „Ohne eine professionelle Ausbildung geht da gar nichts!“ 

Der Staat dürfe die Ausbildung nicht aus der Hand geben, legten Dittlmann und Emmer Alexander Muthmann nahe. Nur so sei das gleiche Qualitätsniveau im ganzen Land gewährleistet. Die beiden Feuerwehrfunktionäre halten auch nichts davon, dass einzelne Feuerwehrleute als Multiplikatoren Lehrgänge an den Feuerwehrschulen absolvieren und dann die Ausbildung in ihren Heimatverbänden selbst leisten. „Die Ausbildung vor Ort kann mit der Ausbildung an den Feuerwehrschulen nicht mithalten, denn nur dort gibt es die technischen Übungsmöglichkeiten“, sind Dittlmann und Emmer überzeugt. Sie plädieren dafür, dass sich das Innenministerium beim Ausbildungsangebot erst einmal auf die Basics konzentriert, solange die riesige Kluft zwischen Angebot und Nachfrage besteht: Grund- und ABC-Lehrgänge, Lehrgänge für Drehleitermaschinisten, Gruppenführer-Ausbildung zum Beispiel. Den Absturz  einer Cessna als Einsatz zu üben, sei reizvoll. Erst aber müsse die Pflicht kommen, dann die Kür, betonten Dittlmann und Emmer. Der Staat fördere großzügig den Kauf technischer Geräte. Das wünsche man sich auch für die Ausbildung. Nachholbedarf bestehe auch bei der Förderung von Gerätehäusern. Mit der bisherigen Unterstützung ließe sich nicht einmal das Architekten-Honorar bezahlen.

MdL Muthmann versprach eine entsprechende Initiative an den Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann. Seine Überzeugung: „Die ehrenamtliche Feuerwehrfamilie darf erwarten, dass der Staat als engagierter Dienstleister auftritt!“ Das finden auch der 51-jährige Stadtbrandrat Andreas Dittlmann und der 39-jährige Stadtbrandinspektor Florian Emmer. Seit ihrem 20. Lebensjahr stehen sie im Dienst der Feuerwehr, jetzt an vorderster Stelle, vergleichbar mit der Spitze eines mittelständischen Betriebes, nur eben auf ehrenamtlicher Basis. Warum sie das tun? Dittlmann und Emmer überlegen kurz, nennen dann zwei Motive: den Mitmenschen helfen, Affinität zur Technik! Und: es sei schon eine hohe Ehre!

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