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Montag, April 29, 2024

Mähen und dabei die Tierwelt schonen

Lesestoff

Freyung / Hinterschmiding. Insgesamt rund 30 interessierte Landwirte und Landschaftspfleger informierten sich bei der Auftaktveranstaltung des Landschaftspflegeforums des Naturparks Bayerischer Wald und des BUND-Projekts „Quervernetzung Grünes Band“ in Kreuzberg und Hinterschmiding über insektenschonende Mähtechniken.

Am Vormittag präsentierten die Hersteller BB-Umwelttechnik (Generalvertreter Gerhard Priller, Völtl Landtechnik GmbH) und Köppl GmbH ihre Doppelmessertechnik. Der 23-PS-starke „GEKKO“ (Fa. Köppl) zeigte mit seinem über drei Meter breiten Doppelmessermähwerk, dass Einachser nicht klein sein müssen und vor allem in Bergregionen für die Wiesenbewirtschaftung wichtig sind. Lohnunternehmer und Landschaftspfleger Helmut Schmutzer mähte mit seinem etwa sechs Meter breiten Frontmähwerk von BB-Umwelt ebenfalls probeweise ein Stück Wiese. Die saubere und breiteflächige Ablage des Mähguts sorgte bei vielen, die diese Technik noch nie oder zuletzt vor Jahrzehnten die Vorläufer gesehen haben, für Staunen.

Schmutzer berichtet anschließend begeistert von Extensivwiesen, bei denen es vor und nach der Mahd mit seinem Messerbalken „nur so wurlt vor Grashüpfern“. „Die Tatsache, dass man die Mähwiese durch die breitflächige Ablage später und in der Regel auch deutlich seltener mit dem Kreiselheuer bearbeitet, trägt“, so ergänzte Organisator Tobias Windmaißer vom BUND-Projekt, erheblich zur Verringerung von Insektenverlusten bei“. Dies senke auch den Bewirtschaftungsaufwand und die Kosten enorm, was das aufwändigere Schleifen der Messer und Ersatzmesser durchaus aufwiegen könne.

Für richtige Nasswiesen benötigt man für die Biotopflege Spezialmaschinen, wie die ferngesteuerte Mähraupe der Fa. Wagner die umgebaute Pistenraupe mit Mähwerk der Landespfleger JR Pauli, im Hintergrund (Foto: Marco Müller, Naturpark)

Wichtig war den Veranstaltern des Landschaftspflegeforums auch noch auf zwei Aspekte einer insektenschonenden Mahd hinzuweisen, nämlich die Schnitthöhe und Altgrasstrukturen. Ein höher geführter Schnitt in Nasswiesen, im näheren Umfeld von Amphibien-Lebensräumen und entlang von Stein- und Saumstrukturen mit Eidechsen und Schlangen sei wichtig, so Windmaißer. Kräuter könnten aber bei dauerhalft hoher Schnittführung über die Jahre zu Gunsten der Gräser stark zurückgehen und die Wiesen an Artenreichtum verlieren. Daher sei es wichtig, abseits der genannten Biotope und speziell beim letzten Schnitt des Jahres oder nach den ersten Nachtfrösten, die die Tiere in ihre Winterverstecke zwingen, möglichst tief zu mähen. Wichtig sei dann allerdings besonders das Belassen von Rückzugsinseln.

Denn die Technik kann noch so insektenschonend sein, das Mähen einer Wiese verändert den Lebensraum für Tiere von einen auf dem anderen Moment: das Mikroklima wechselt von feucht auf trocken, Kleintiere sind in einer gemähten Wiese Räubern gegenüber schutzlos und zum Zeitpunkt der Mahd immobile Puppen oder Insekteneier werden mit dem Mähgut abgeführt. Das Brachfallen einer Wiese hätte allerdings nicht nur für die Pflanzenartenvielfalt deutliche Nachteile. Auch die Vielfalt an Insekten und anderen wiesenbewohnenden Tieren würde stark abnehmen. „Diesem Dilemma“, so Marco Müller vom Naturpark, „kann man in der Praxis durch jährlich wechselnde Altgrasstreifen begegnen“. Von den nicht gemähten Refugien aus kann die Rückbesiedelung der restlichen Wiese erfolgen. Auf Wiesen mit solchen Altgrasinseln – selbst wenn diese nur einen Bruchteil der gesamten Wiesenfläche ausmachen – gäbe es zum Beispiel eine bis zu zehnfach erhöhte Anzahl an Heuschrecken. „Das unsaubere Mähen ist für das Auge von manchen von uns Menschen vielleicht manchmal eine Zumutung, für die Tierwelt auf einer Wiese ist es allerdings ein Segen.“ 

Interessiert befragten die Besucher die Maschinenaussteller zu den Eigenschaften moderner Doppelmessermähwerke. (Foto: Marco Müller, Naturpark)

Am Nachmittag richtete sich in Hinterschmiding der Fokus dann auf die Nasswiesenpflege mit Spezialgeräten. Vorgeführt wurden hier eine umgebaute Pistenraupe mit Mähwerk und Ladewagen der Landschaftspfleger JR Pauli, eine ferngesteuerte Mähraupe der Landschaftspflege Wagner und handgeführte Einachstraktoren der Firma Köppl – einem Hersteller mit umfangreichem Anbaugeräte-Sortiment. Das Mähgut konnte daher mittels einer vom Einachser getriebenen Heumaschine geschwadet und für den Abtransport vorbereitet werden.

Besucht wurde der zweite Teil der Veranstaltung auch vom Bürgermeister der Gemeinde Hinterschmiding, Fritz Raab, der sich freute, dass durch das Projekt Quervernetzung Grünes Band und durch den Naturpark noch mehr Biotopflege in seiner Gemeinde durchgeführt wird.

Die Organisatoren schauen jetzt schon nach vorn und freuen sich auf die nächste Veranstaltung des Landschaftspflegeforum am 29. Juni 2022 in Kronwinkel, Grainet zum Thema Maikäfer.

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