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Der Trauer in Corona-Zeiten Raum geben

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Persönliche Trauergespräche mit den KDFB-Trauerbegleiterinnen sind wieder möglich – Warum Trauer leben und nicht verdrängen jetzt noch wichtiger ist

Passau, 20. Mai 2020 – Trauer, Macht- und Hilflosigkeit. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, strömen unterschiedlichste Emotionen auf die Hinterbliebenen ein. Der Verlust wiegt schwer, die Verarbeitung des Erlebten braucht Zeit. Das ist schon „normalerweise“ so. Doch die Corona-Krise erschwert die Situation vieler trauernden Frauen und Männer um ein Vielfaches. Dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) in der Diözese Passau ist es ein großes Anliegen, gerade jetzt das Angebot der Trauerbegleitung verstärkt in den Fokus zu rücken.

Während der Ausgangsbeschränkungen waren die speziell geschulten Trauerbegleiterinnen Birgit Czippek, Brigitte Hartl, Christl Hoch, Ulrike König, Renate Pongratz sowie Hiltrud Tschirner telefonisch für Hilfesuchende erreichbar, um ihnen ein offenes Ohr und tröstende Worte zu schenken. Mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Trauerfrühstücks, das normalerweise einmal monatlich stattfindet, und der festen Trauergruppe, die kurz nach dem Start wegen der Ausgangsbeschränkungen leider gestoppt werden musste, sind die Trauerbegleiterinnen stetig in schriftlichen und telefonischen Kontakt. „Zum Osterfest wurde von mir beispielsweise mit einem Brief und Texten der Kontakt aufrechterhalten. Die Resonanz war sehr groß, alle freuten sich sehr und mir wurde bestätigt, dass der Zusammenhalt untereinander weiter sehr intensiv besteht“, schildert Hiltrud Tschirner. Den Trauerbegleiterinnen ist wichtig zu zeigen: Niemand muss alleine die Trauer bewältigen! Denn wo keine Umarmungen sein dürfen, wo die klassischen Rituale zum Abschied nehmen wegfallen, wo ein gesamtgesellschaftliches Klima von Angst die eigene Situation noch schwerer zu ertragen macht, können die Einsamkeit und die Orientierungslosigkeit, die nach dem Verlust eines lieben Menschen empfunden werden, zu bestimmenden Gefühlen werden. Ohne Ansprache besteht die Gefahr, „dass die Trauer um die Verstorbenen im Moment teilweise verdrängt wird, da man mit dem Coronavirus eine neue Krise zu bewältigen hat“, sagt Ulrike König. Eine zentrale Botschaft in der Arbeit mit Trauernden ist für sie: „Die Trauer ist keine Krankheit, aber sie kann krank machen, wenn sie nicht gelebt wird, wenn sie verdrängt wird.“ Deshalb sei es wichtig, die verschiedenen Gefühle anzunehmen, den Schmerz herauszuschreien, Tränen zuzulassen. „Trauer ist die natürliche und gesunde Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person. Ohnmacht, Wut, Verzweiflung oder Schuldgefühle gehören zur Trauer, aber manchmal auch Lachen und Fröhlichsein“, führt König aus. Sie weist zudem darauf hin, dass Trauer nicht nur großen Seelenschmerz hervorrufen kann, sondern auch körperliche Symptome: Alles tut weh, man kann nichts essen, nicht schlafen. „Diese Symptome sind eine Zeit lang ganz natürlich und man sollte sie auch nicht gleich mit medizinischen Mitteln bekämpfen.“

Wichtig zu wissen ist weiterhin, dass jeder Trauerprozess individuell und auch in unterschiedlichen Phasen verläuft. „Die einen wollen erst einmal funktionieren, andere ziehen sich lieber zurück und finden dann erst Kraft für den Schritt in die Begleitung. Aus meiner Erfahrung kommen nur ganz wenige Menschen, besonders Trauernde, sofort zum Gespräch, da muss die Not sehr groß sein“, fügt Hiltrud Tschirner hinzu. Doch wenn der Bedarf besteht, wenn die Trauernden soweit sind und Hilfe von außen wünschen, dann sind nun auch wieder persönliche Treffen mit den Trauerbegleiterinnen möglich. Um die größtmögliche Sicherheit für die Trauernden sowie die Trauerbegleiterinnen gewährleisten zu können, werden in der KDFB-Geschäftsstelle in Passau natürlich die gängigen Abstands- und Hygienemaßnahmen umgesetzt. Zudem wurde eine spezielle Trennwand aus Plexiglas aufgestellt, die im 1:1-Gespräch zum Tröpfchen-, Nies- und Hustenschutz dient. So kann zumindest während des Gesprächs der Mundschutz abgesetzt werden, was eine angenehmere Gesprächsatmosphäre fördert. Auch Treffen in der freien Natur für einen Spaziergang sind möglich. Die Trauerbegleiterinnen hoffen sehr, dass viele Betroffene das kostenlose Angebot wahrnehmen. Denn sie befürchten, dass Hinterbliebene langfristig darunter leiden werden, dass im Zuge der Corona-Krise oftmals kein richtiger Abschied möglich war. Durch das Wegfallen von Ritualen wie Trauerfeiern bestehe die Gefahr, dass der Tod des geliebten Menschen gar nicht richtig realisiert werden könne – und dass die Trauer dann erstmal nicht angenommen beziehungsweise zugelassen wird. „Eine würdevolle Beerdigung mit der Familie, den Freunden und Bekannten ist für viele Hinterbliebene sehr wichtig. Hier kann man Gefühle und den Schmerz teilen und erfährt Trost“, so Trauerbegleiterin Ulrike König. Sie hält es für eine gute Möglichkeit, die Trauerfeier zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Das Begreifen, dass der geliebte Mensch wirklich nicht mehr wiederkommt, sei ein wichtiger Schritt in der Trauer. Gerne gehen die KDFB-Trauerbegleiterinnen diesen Weg gemeinsam mit den Trauernden. „Das Ziel der Trauer ist ein langsames Loslassen und sich lösen. Oft brauchen Hinterbliebene einfach nur eine Person, die zuhört. Wir sind da!“, betont König abschließend im Namen ihre Kolleginnen in der Trauerarbeit. Trauernde können sich zu den üblichen Bürozeiten bei der KDFB-Geschäftsstelle in Passau unter Telefon 0851 36361 melden. Hier wird dann der Kontakt zu einer Trauerbegleiterin hergestellt.

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