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Montag, April 29, 2024

Bäcker und Metzger fehlen – auch in den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau

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MdL Eibl: „Wie kriegen wir das gebacken?

Praktisch in allen Branchen herrscht ein Fachkräftemangel. Das Lebensmittelhandwerk, so der Landtagsabgeordnete Manfred Eibl, wäre dabei besonders betroffen. So sieht Eibl am Mangel an Personal beim Bäcker ums Eck und auch dem Metzger vor Ort nicht nur die regionale Nahversorgung gefährdet, sondern sieht auch den drohenden Verlust von Orten des sozialen Miteinanders, die für einen attraktiven Lebensraum auf dem Land von großer Bedeutung wären.

Laut der Kreishandwerkerschaft in Passau gab es in der Stadt Passau, in den Landkreisen Passau und Freyung-Grafenau im letzten Ausbildungsjahr insgesamt nur fünf Bäcker. Diese Zahl sei alarmierend und zeige die drohende Zukunft für dieses Traditionshandwerk.

Bäcker- und Metzgerhandwerk von Fachkräftemangel bedroht

Das kleine und regionale Lebensmittelhandwerk drohe auszusterben, meint MdL Eibl. Aber nicht etwa, weil es an der Nachfrage an Semmeln und Co. mangeln würde – im Gegenteil; der bewusste Umgang mit Lebensmitteln und die Nachfrage nach regionalem Bio-Fleisch und frischem Brot steige. Schlichtweg fehle es an Nachfolgern in den Betrieben oder an neuen dringend benötigten Angestellten. So fehlten im Handwerk rund 250.000 Mitarbeitende, viele davon in der Lebensmittelbranche. So hätte dies auch Folgen für den Verbraucher: „Derzeit halten noch viele eingesessene Bäcker und Metzger im Heimatort die Fahne der Nahversorgung hoch. Wenn Mitarbeitende in den Ruhestand gehen oder kündigen, wird es sehr schwer, eine Nachfolge zu finden. Wenn man beispielsweise die kommenden Renteneintritte den derzeitigen Bäckern und Metzgern gegenüberstellt, ergibt sich eine Lücke, die Sorgen bereitet. Da helfen dann auch digitale Dienstleistungen und schnelles Internet nicht, um die Lebensqualität vor Ort aufrechtzuerhalten“, so Eibl. Aber die Bäckereien und Metzgereien erfüllten mit ihren regionalen Waren nicht nur die Rolle des Nahversorgers. Mit ihnen würden auch zentrale Orte der Kommunikation fehlen, die neben vielen anderen Räumen das soziale Miteinander in ländlichen Regionen tragen.

Die jungen Menschen wollten weder das Bäcker- noch das Metzgerhandwerk erlernen. Aber woran könnte das liegen? Die Gründe dafür wären vielfältig: Zum einen wären es die Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und das Image dieser Berufe, die im Vergleich zu anderen Branchen nicht mithalten könnten. Zum anderen führe der Fachkräftemangel in allen Branchen zu einem verstärkten Wettbewerb im Kampf um Mitarbeitende, was die Situation verschärfe. Laut MdL Eibl prognostizieren aktuelle Studien in Bayern im Jahr 2025 rund 350.000 Fachkräfte, die fehlen könnten. In Deutschland sollen es sogar 2,9 Millionen Fachkräfte sein.

Könnten bessere Rahmenbedingungen helfen? Wie geht das Handwerk damit um? MdL Eibl wollte sich bei denen informieren, die es wissen müssen: bei den regionalen Metzgern und Bäckern vor Ort.

Regionale Betriebe meistern die Situation derzeit aktiv selbst

Einer dieser Betriebe ist die Landbäckerei Hermann in Stadl bei Waldkirchen. Stefanie Hermann hat den 1986 gegründeten Betrieb von ihrem Vater übernommen und führt ihn nun stolz mit ihrem Mann weiter. Man hat hier das große Glück, dass ein fester Stamm aus treuen Mitarbeitenden zusammensteht. Als Familienunternehmen helfen hier alle zusammen, und die Mitarbeitendensuche stelle derzeit keine Bedrohnung für den Familienbetrieb dar. Aber man wisse natürlich um das Problem und weiß, dass auch treueste Mitarbeitende irgendwann in den Ruhestand gehen. Dass dann die Suche nach Ersatz nicht einfach wird, ist der Bäckermeisterin durchaus bewusst. „Man kann sein Geld sicher leichter verdienen, als mit Brötchen backen – das ist keine neue Erkenntnis. Aber Brot und Brötchen in der Backstube herzustellen, ist nicht nur ein Job, es ist ein kreativer Beruf mit Tradition, der auch eine Berufung sein kann. Für mich ist es eine Berufung, und ich kenne die vielen bereichernden Seiten meines Berufs. Ich finde es sehr schade zu sehen, dass dieses ehrbare Handwerk kein Ansehen und keinen Zulauf mehr genießt“, so die Bäckermeisterin.

Auch ihr Mann spüre, dass sich das Image des Bäckerhandwerks gewandelt hat: „Das frühe Aufstehen ist sicher kein Pluspunkt, aber das war es auch früher nicht. Der Beruf wird jetzt einfach immer weniger wertgeschätzt, weshalb in der Region kaum noch Jugendliche gibt, die den Beruf erlernen wollen. Heute studiert man lieber oder wählt den Job mit der vermeintlich besseren Work-Life-Balance“, meint Hermann.

Im Gespräch mit der Metzgerei Wirrer aus Teisnach zeige sich bereits, wie lange sich das Problem schon abzeichne und wie es das Geschäft beeinflussen würde. Bereits seit 1959 wird die Traditionsmetzgerei als Familienbetrieb geführt. Mit dem Sohn, der bereits seit sechs Jahren der letzte Azubi war, steht nun die vierte Generation in den Startlöchern. Seitdem sucht man händeringend nach Auszubildenden, Metzgern aber auch nach Verkäuferinnen. Die erfolglose Suche war nicht zuletzt der Grund, weshalb die gut laufende Filiale in Deggendorf nach 18 Jahren schließen musste. Gründe für das Fehlen an Personal sieht Herr Wirrer in der Wertschätzung des Handwerks: „Das Handwerk an sich hat leider an Wert verloren. Man möchte anstelle einer Ausbildung lieber studieren. Die Arbeit in der Industrie ist sicher auch für viele reizvoll, wo der Verdienst höher und die Zuschläge für Nacht und Schichtarbeit attraktiver sind.“ Ein Potential sieht der gelernte Metzger auch an Fachkräften, die derzeit in anderen Berufen tätig sind. „Mit der Kurzarbeit versucht man, die Industrie zu unterstützen, Mitarbeitende zu halten. Darunter befinden sich auch viele gelernte Metzgerinnen und Metzger, die sofort wieder einen Arbeitsplatz in einer Metzgerei finden würden“, erklärt Wirrer. Man hätte bereits nahezu alle Möglichkeiten aktiv genutzt. Auch Ungelernte, Langzeitarbeitslose und Mitarbeitende aus dem Ausland habe man zu erreichen versucht – leider vergeblich. Lediglich in der von Manfred Eibl vorgeschlagenen aktiven Vermarktung des Berufs an Schulen und auf Messen in Zusammenarbeit mit der Innung, sähe man noch ungenutztes Potential.

Rahmenbedingungen müssen bei Engpässen unterstützen und Maßnahmen das Ansehen des Handwerks steigern

Einige Bäckerein und Metzgerein könnten als Familienbetriebe ihre Nachwuchsprobleme mit der Nachfolge der eigenen Kinder lösen. Viele aber auch nicht. Laut Eibl wäre es höchste Zeit, mit offensiven, kreativen und neuen Wegen Traditionsbetriebe zu bewahren. Denn die Betriebe selbst täten bereits ihr Möglichstes. Doch alleine würden sie dem Berufsstand nicht zu neuem Glanz verhelfen können. MdL Manfred Eibl weist darauf hin, dass das derzeit beliebte BIO-Fleisch aus der Region nicht ohne Metzger gäben würde, und auch das frische Brot und Semmeln backten sich nicht von selbst. So gelte es auch, Vorurteile aus dem Weg zu räumen und die Jugend neu an das Handwerk heranzuführen.

Der Landtagsabgeordnete schätzt das Engagement, mit dem das Handwerk versucht, das Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen. Doch die rückläufigen Zahlen und die vermehrten Geschäftsaufgaben müssten ein Weckruf für die Politik sein. „Wir müssen dringend notwendige Maßnahmen so schnell wie möglich umsetzen, um den Entwicklungen ums Lebensmittelhandwerk entgegenzuwirken. Es ist angezeigt, die Attraktivität von diesen Berufen zu steigern und die gesellschaftliche Wertschätzung von Handwerksberufen zu fördern. Hier kann der Verbraucher viel bewirken, wenn er die Handarbeit des Bäckers wertschätzt und nicht bei den günstigen Backwaren der Discounter zugreift.“

Von Seiten der Politik gelte es, unbürokratisch das Potential von Zuwanderung aus dem Ausland zu nutzen. Das Beispiel der Metzgerei Wirrer zeige, dass der Wille da ist, aktiv alle potentiellen Mitarbeitergruppen zu integrieren, wenn man die Chance dazu bekommt.

Die Zahlen der Handwerskammer sprächen eine eindeutige Sprache:

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