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Samstag, April 27, 2024

„Aktuelle Pläne sind völlige Fehlentwicklung“

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Olaf Heinrich und Karlheinz Roth verteidigen Wasserkraft in der Region

Spiegelau. 140 Wasserkraftwerke gibt es derzeit im Landkreis Freyung-Grafenau. Allein in der Kreisstadt Freyung wird trotz großer Industriebetriebe 80 Prozent des Strombedarfs über Waserkraft gedeckt. Eigentlich müsste der Landkreis ein Vorzeigebeispiel in Sachen Energiewende sein. Stattdessen würden die allermeisten der 140 Anlagen mittelfristig nicht mehr existieren, wenn der aktuelle Entwurf des neuen EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) so bleibt, wie im „Osterpaket“ von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgestellt.

Als „faules Ei“ im Osterpaket bezeichnet es deshalb Karlheinz Roth, Bürgermeister von Spiegelau, diesen Vorschlag. Er hat in seiner Gemeinde zwei Wasserkraftwerke, die 30 Prozent der Haushalte mit Strom versorgen. Betrieben werden die Anlagen von Klaus Schuster, der Aufsichtsratsvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke eG ist. Der Grund, warum die Anlagen zu verschwinden drohen, läge an der Einspeisevergütung, die Kleinanlagen bis 500 kW künftig nicht mehr bekommen sollen. Berücksichtige man die hohen Investitionen bei Maschinen in dieser Branche – die lägen oft im sechsstelligen Bereich – bräuchte man kein BWL-Studium, um sich die Folgen auszurechnen.

„Die Politik tendiert immer mehr dazu, die eine Lösung zu entwickeln, die für alle gelten soll. Das funktioniert aber nicht. Vor allem nicht. Vor allem nicht bei dieser riesigen Herausforderung der Energiewende, die nur mit einem Mosaik verschiedener dezentraler Maßnahmen und regionaler Lösungen gelingen kann“, kritisiert Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, der deshalb die aktuellen Pläne als „völlige Fehlentwicklung“ bezeichnet. Die Diskussion Fischerei versus Wasserkraft sei „vielfach ideologiegetrieben“. Das Problem der Wasserkraft wäre die fehlende Lobby. „Wir sind halt rund 4.200 in Bayern und wir können nicht mehr werden. Unsere Möglichkeiten in Sachen Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit sind begrenzt, während die großen Umweltverbände ganz andere Mittel und Personal dafür haben“, bedauert Klaus Schuster, aus dessen Sicht sich die Politik leider nur auf diese einseitige Betrachtung der großen Verbände stützt.

Am Beispiel der Großen Ohe sehe man, dass Wasserkraft keine negativen Auswirkungen auf das Gewässer habe. Er zeigt eine aktuelle Untersuchung des Landesamts für Umwelt (LfU), Bayerns zentraler Fachbehörde für Fragen zu Umweltschutz, Geologie und Wasserwirtschaft, die die ökologische Qualität der Großen Ohe mit der Bestnote „sehr gut“ bewertet. Um Neubauten gehe es ohnehin nicht, diese würden sowieso nicht mehr genehmigt. „Es geht lediglich um den Altbestand und dessen Ertüchtigung, was nicht mehr erfolgen wird, wenn der Anlagenbetreiber nur mehr 30 Prozent oder ab 2023 sogar noch weniger der jetzigen Einnahmen hat“, erklärt der Betreiber. Sein Werk „Luisenfels“ gibt es seit 1861 und versorgte die damalige benachbarte Papierfarbrik mit Strom. Schuster hat sämtliche Auflagen erfüllt, die Restwassermenge bleibt 365 Tage gleich, bei Überwasser sogar mehr und damit genug für die Fische, das Kraftwerk unbehelligt zu passieren. „Wenn weniger Wasser kommt, fährt die Turbine automatisch zurück“, erklärt er, während die Anzeige 260 kW anzeigt – „so viel wird genau jetzt produziert“. Im Sommer seien es dann oft nur 50 oder 60 – je nach Niederschlagsmenge. Zum Vergleich: Mit einer Kilowattstunde kann man rund zehn Stunden fernsehen oder zwei Tage lang einen Kühlschrank betreiben.

Jeder, dem er die Situation erkläre, schüttele den Kopf angesichts der aktuellen Pläne der Bundesregierung. „Keiner kann das verstehen – gerade jetzt in diesen schwierigen Zeiten.“ Schuster versucht deshalb, eine Bewegung in Gang zu setzen, damit das Thema eine breite Öffentlichkeit bekommt. „Früher haben sich die Anlagenbetreiber immer stillgehalten, weil man uns aus Neid vorgeworfen hat, wir würden ja im Schlaf Geld verdienen. Doch nun ist es an der Zeit, dass wir laut werden.“ Heinrich und Roth sehen das genau so und wollen ihren Teil dazu beitragen, die politischen Befürworter auf den Plan zu rufen. „Wenn wir das jetzt zulassen, wird sich die Situation bei uns in Sachen Energieversorgung merklich verschlechtern. Und das völlig ohne Grund – das wäre ein riesen Fehler.“

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