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Dienstag, April 30, 2024

Ausbildung in Corona-Zeiten: Rückgänge und positive Nachrichten

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IHK betont Ein- und Aufstiegchancen für Jugendliche in der beruflichen Bildung

Niederbayern / Freyung. Die Corona-Krise hat in der niederbayerischen Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Situation der beruflichen Ausbildung in der Region. Zum Ausbildungsstart am 1. September beginnen etwas weniger junge Menschen ihre Ausbildung in den Betrieben aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus. Im IHK-Bezirk Niederbayern sind es genau 3.706 Azubis in 2.421 Ausbildungsbetrieben, das entspricht einem Minus von 2,2 Prozent bei den neu eingetragenen Ausbildungsverhältnissen gegenüber dem Vorjahr. Damit fiel der Rückgang allerdings deutlich geringer aus als 2020, als ein Minus von fast zwölf Prozent zu verzeichnen war.

Laut Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern, ist die Pandemie nur ein Grund für diese Entwicklung: „Der Lockdown und viele andere Corona-Einschränkungen haben die Ausbildung nicht einfacher gemacht. Gemeinsam mit ihren Azubis haben die Ausbildungsbetriebe die Situation aber sehr gut gemeistert und die Qualität der Ausbildung hochgehalten. Wirklich negativ ausgewirkt hat sich Corona allerdings auf den Berufswahlprozess – also auf alles, was der Ausbildung vorangeht. Berufsorientierung und Bewerbersuche liefen unter erschwerten Bedingungen, zum Beispiel waren Praktika nur sehr eingeschränkt möglich, Ausbildungsmessen fielen aus und es gab weniger persönliche Bewerbungsgespräche.“ Wichtige Gründe für den Rückgang in der Ausbildung sind Schreiner zufolge aber weiterhin die demografische Entwicklung mit weniger Schulabgängern sowie der Drang zum Hochschulstudium. Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen sei hingegen nach wie vor sehr hoch, versichert er. „Die Betriebe brauchen die praktisch ausgebildeten Fachkräfte aus der beruflichen Bildung heute mehr als je zuvor. Der Fachkräftemangel ist überlagert durch Corona nur kurz in den Hintergrund getreten. Mittlerweile sehen die Unternehmen darin wieder eines der größten Entwicklungsrisiken.“

In einzelnen, speziellen Branchen, schlägt sich die Pandemie dennoch klar in den Ausbildungszahlen nieder, räumt Schreiner ein. So muss etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe bei den neu eingetragenen Ausbildungsverhältnissen ein Minus von fast neun Prozent gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. „Diese Entwicklung war aufgrund des Lockdowns und der damit verbundenen Unsicherheit und Perspektivlosigkeit vorhersehbar. Das einzig Positive dabei ist, dass die dramatischen Zahlen von 2020 nicht mehr erreicht wurden und das Minus in dieser Branche geringer ausfällt, als man eigentlich erwarten könnte“, sagt Schreiner. Vom ebenfalls stark von den Corona-Einschränkungen betroffenen Handelsbereich kommen hingegen gute Zahlen, hier steht bei den Neueintragungen ein Plus von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Zum Handel zählen nicht nur die Ausbildungsverhältnisse in durchgängig offenen Branchen wie etwa dem Lebensmittelhandel, sondern unter anderem auch Großhandel oder etwa der gesamte Bereich des E-Commerce. Zuwächse hier haben Rückgänge in anderen Bereichen ausgleichen können.“ Ebenfalls ins Plus gewendet hat sich beispielsweise die Situation bei den Bankkaufleuten, wohingegen im Bereich der Versicherungen weniger Auszubildende neu angefangen haben. In den gewerblich-technischen Berufen gibt es ein Minus von jeweils sieben Prozent in der Metall- und Elektrobranche, dennoch entfällt auf diese Branchen mit insgesamt 1.254 neuen Azubis der größte Anteil der Auszubildenden im technischen Bereich. Insgesamt betont Schreiner die unverändert große Bedeutung der beruflichen Bildung für die Wirtschaft in der Region: „Im Rückblick auf das Jahr 2020 waren im IHK-Bezirk in Summe 11.513 junge Menschen in Ausbildung. Heuer werden es aus den genannten Gründen wahrscheinlich etwas weniger, dennoch stellen die IHK-Ausbildungsbetriebe weiterhin deutlich mehr Azubis als beispielsweise das niederbayerische Handwerk, der öffentliche Dienst oder die freien Berufe.“

Obwohl der 1. September als traditioneller Start der Ausbildung gesehen wird, sind die niederbayerischen Unternehmen weiter auf der Suche nach neuen Azubis – diese Botschaft ist Schreiner besonders wichtig: „Mit einer Ausbildung kann man auch unterm Jahr starten. Für die Betriebe ist der Azubimangel eine Herausforderung, für die jungen Leute hingegen eine komfortable Situation. Bewerbungen sind daher jederzeit möglich und bei den Betrieben sicherlich gern gesehen.“ Der IHK-Hauptgeschäftsführer verweist auf die aktuell 538 freien Lehrstellenangebote, die allein in der IHK-Lehrstellenbörse für das laufende Jahr zu finden sind. Für 2022 sind bereits 658 Angebote im IHK-Bezirk veröffentlicht. Er ermuntert gleichzeitig dazu, nicht nur die bekannten Berufe in den Blick zu nehmen, sondern die ganze Bandbreite der beruflichen Bildung: „Die drei beliebtesten Berufe sind heuer Industriekaufmann/-frau, Kaufmann/-frau für Büromanagement und Industriemechaniker/-in, diese drei Berufe allein stellen fast ein Fünftel aller Neueintragungen. Die niederbayerischen Ausbildungsbetriebe bieten aber noch viele andere, spannende und teils hochspezialisierte Ausbildungsberufe an, sodass sich für jedes Interesse und jedes Talent der passende Beruf finden lässt. Verbunden mit den hervorragenden Aufstiegs- und Karrierechancen auf der Schiene der beruflichen Bildung ist das ein sehr attraktives Angebot für die jungen Leute.“

Stimmen aus niederbayerischen Unternehmen

Die Vielfalt der Ausbildungsberufe – und die damit verbundenen Herausforderungen für einen Ausbildungsbetrieb – betont Lisa Uhrmann, Personalreferentin bei der Firma Aptar in Freyung: „Wir konnten für den Ausbildungsstart 2021 alle acht Ausbildungsstellen frühzeitig besetzen und die Auswirkungen durch Covid-19 haben wir im Bewerberprozess glücklicherweise kaum bemerkt. Die Bewerberzahlen sind insgesamt schon seit ein paar Jahren rückläufiger und der ‚Kampf‘ um gute Auszubildende ist weiterhin eine Herausforderung für uns alle. Was wir bemerken, ist, dass es traditionell beliebte Ausbildungsberufe gibt wie zum Beispiel den Werkzeugmechaniker oder Industriekaufleute und gleichzeitig Berufe, die nach wie vor eher unbekannt sind. Vor allem für den Ausbildungsberuf als Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik ist es unser großes Ziel, Schüler zu begeistern. Die Hauptaufgaben dieses Berufsfeldes sind das Einrichten und Überprüfen von Spritzgießmaschinen sowie Fehler und Störungen im Fertigungsprozess beheben. Für unseren Industriebetrieb ist dies ein wichtiger und zukunftsfähiger Beruf, da er mit der fortschreitenden Digitalisierung der Fertigungsprozesse immer bedeutender wird. Grundsätzlich blicken wir positiv in die Zukunft und hoffen, dass die Attraktivität einer beruflichen Ausbildung in der Gesellschaft und vor allem bei den Schülern und Eltern wieder steigt. Es liegt auch an uns Unternehmen, den Schülern die vielen Vorteile einer Ausbildung zu vermitteln, praktische Einblicke zu gewähren und den Spaß an einer Ausbildung hervorzuheben.“

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