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Samstag, April 27, 2024

Als die Kirchenmusik „gerettet“ wurde

Lesestoff

Konzerte von Liedertafel Obernzell und vivo brass mit Musik aus der Zeit des Konzils von Trient

(von Tobias Schmidt)

Obernzell/Passau. „Tridentinum“ steht auf dem Plakat zum aktuellen Konzert des Konzerts der Liedertafel Obernzell zu lesen. Gemeint ist das Konzil von Trient, jene von 1545 bis 1563 dauernde Versammlung zur Standortfindung der durch die protestantische Reformation herausgeforderten Kurie.

Was ist in diesen aufgewühlten Zeiten der europaweiten Religionsfehden nicht alles geschehen: Das Ablasswesen wurde reformiert, die lateinische Bibel und das Brevier ediert, Orden und Amtspflichten der Bischöfe neu sortiert. Priesterseminare und den Tabernakel gibt es seit dieser Zeit. Und es kursiert die bis heute nicht belegte Legende, dass auch die seinerzeit relativ neue, satztechnisch komplexe Mehrstimmigkeit der Kirchenmusik zur Disposition stand. Denn: Kunstvolle Polyphonie oder schlichte Monodie, was ist dem Verständnis des biblischen Textes oder des Ordinariums dienlicher? Die Fragestellung mag „protestantisch“ klingen, und sie forderte Tonsetzer der Zeit heraus. Im Ergebnis schufen in jener Zeit die Apologeten der Polyphonie kanonische Werke, zumeist Messvertonungen. Man denke an den im letzten Jahrzehnt als Komponisten wiederentdeckten Alessandro Striggio (den Librettisten von Claudio Monteverdis „Orfeo“, mit dem ja quasi jede moderne Operngeschichte beginnt) oder an die „Missa Papae Marcelli“ von Giovanni Pierluigi da Palestrina. Also jene dem Papst mit dem zweitkürzesten Pontifikat, Marcellus II (22 Tage im Jahr 1555) gewidmete Messe, welche bis zu deren Einstellung 1978 die Papstkrönung begleitete. Musik aus der Zeit des „Tridentinums“, etwa von Palestrina, dem Spanier Tomás Luis de Victoria, des flämischen Komponisten Jacobus De Kerle, Orlando Di Lasso und dessen Schüler am Münchner Hof Giovanni Gabrieli (und einen späteren Lehrer von Heinrich Schütz, womit der Ökumene auch wieder Genüge getan wäre) haben die Blechbläsergruppe vivo brass unter Werner Seitz und der Konzertchor der Liedertafel mit Christoph Rose, der auch die Gesamtleitung hat, in weit mehr als 25 Proben gemeinsam einstudiert.

Liedertafel Obernzell beim Chorwochenende in Kloster Schweiklberg (Foto: Ratzka)

Bei zwei gemeinsamen Konzerten am Samstag, 23. März, um 19.30 Uhr in der Kirche Obernzell, und am Sonntag, 24. März, um 17 Uhr in der Kirche St. Anton in Passau bringen sie diese zu Gehör. Karten zu 10,-/ ermäßigt 6,- Euro sind an der Abendkasse erhältlich. Nota bene: Das Konzertprogramm wird am 26. April auch in der romanischen Kirche San Lorenzo in Trient, also unweit der Kathedrale San Vigilio, dem Ort des Konzils, aufgeführt werden.  

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