„Born to Fake“ –Medien-Schwejkiade von Josef Maria Krasanovsky an der Athanor Akademie
Medien werden gern einmal die Vierte Gewalt im Staat genannt. Diejenige, die in steter Suche nach der Wahrheit die Mächtigen beobachtet; diejenige, die unbequeme Fragen stellt, um Spuren zu folgen und den Dingen auf den Grund zu gehen.
Beeinflussung durch Medien
Doch was passiert eigentlich, wenn Medienvertreter in eitler Selbstermächtigung selbst zum Spurenleger werden? Wenn sie das Weltgeschehen mit erfundenen Nachrichten nicht mehr nur kritisch distanziert beobachten, sondern beeinflussen wollen? Und was passiert, wenn das auffliegt? Es bleibt meist nicht bei Verdammnis und Häme. Die richtig großen Fake News Skandale bieten durchaus auch Stoff für die Kinoleinwand und Theaterbühnen. Man denke an Helmut Dietls Komödie „Schtonk!“ über den Fälscher Konrad Kujau, der in den 1980ern der Illustrierten Stern gefälschte Hitler-Tagebücher unterjubelte. Jüngeren Datums ist der Film „Tausend Zeilen“ von Michael „Bully“ Herbig über die gefälschten Reportagen des ehemaligen SPIEGEL-Redakteurs Claas Relotius.
Und dann ist da noch der Fernsehjournalist Michael Born (1958-2019). Der hatte seine Verurteilung 1996 vor dem Landgericht Koblenz nie ganz verwunden, und strickte am Ende seines Lebens an einem Theaterstück über seine Fälschungen und jene, die der Einschaltquoten wegen nach immer mehr und immer drastischeren Bildern von ihm verlangten. Über zweihundert Dokumentationen soll er vollständig oder in einzelnen Szenen gefaket und weltweit an Fernsehanstalten verkauft haben. Kinderarbeit für einen Möbelgiganten, Bomben an der türkischen Küste, Geisterbeschwörungen Begleitung angeblicher Drogenschmuggler, ein Klu-Klux-Klan Treffen in seiner Heimat der Eifel – alles als Rollenspiele im Freundes- und Bekanntenkreis inszeniert und an den Hauptabnehmer „SternTV“ verkauft. 16 Mal nachweislich, daher wurde Born wegen Betrugs, Vortäuschung von Straftaten, Verstößen gegen das Waffengesetz und Tierquälerei zu vier Jahren Haft verurteilt. Knapp zwei davon saß er ab; die Sender kamen mit einer richterlichen Rüge davon.
Leben und Werk des Fälschers Michael Born
Doch irgendwie war Michael Born wohl auch ein „Schwejk“, einer der den Fernsehsendern den Spiegel der eigenen Leichtgläubigkeit und der Verliebtheit in „krasse Bilder“ vorhielt. Und dieser Zwiespalt taugt nun einmal zum Drama. Auf Basis des Privatarchivs von Michael Born und den Erinnerungen von dessen engen Freund Roland Berger (in dessen Grazer Haus Born das letzte halbe Jahr seins Lebens verbrachte und Material für ein Theaterstück edierte) schrieb der Dramatiker Josef Maria Krasanovsky das Stück „Born to Fake“, das sich temporeich durch das Leben und Werk des Fälschers assoziiert und dabei auch auf Originalvideos zurückgreift. Der heute als freischaffender Regisseur und Autor in Wien lebende Krasanovsky ist Absolvent, Dozent und Mitglied des Trägervereins der Passauer Athanor Akademie.
Kürzlich erhielt er den Autorenpreis der Theaterallianz Bregenz, einem Zusammenschluss freier Theaterhäuser Österreichs für „Mondmilch trinken immer und jetzt/Dein Solarplexus ist mir egal“ (Uraufführung bei den Bregenzer Festspielen 2024). Sein Stück „Born to Fake“ feierte 2022 im Rahmen des „Kulturjahr Graz“ Premiere. Krasanovsky führt aktuell Regie bei dessen Passauer Aufführung durch Schauspielstudierende des 4. Jahrgangs der Athanor Akademie für Darstellende Kunst. Weitere Aufführungstermine sind von 07. bis 09. Dezember jeweils um 20 Uhr im Theatersaal der Akademie, Schulbergstraße 30. Kartenreservierung ist möglich unter Tel. 0851/20987117 oder per Email an: veranstaltung@athanor.de. (st)