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Montag, April 29, 2024

Schmachtende Schäfer im Schilf

Lesestoff

Debütkonzert von „Lied & Reed“ mit altem und neuem Repertoire für Sopran, Klavier und Klarinette

(von Tobias Schmidt)

Fürstenzell. Die Sopranistin Emily Fultz, der Pianist Peter Walchshäusl und Peter Tilch an der Klarinette debütieren als neues Passauer Trio „Lied & Reed“. „Reed“, Englisch für „Schilfrohr“, hier speziell „Rohrblatt“, steht für die um eine Klarinette ergänzte Solostimme mit Klavierbegleitung. Eine zweite, nonverbale „Gesangsstimme“ also? Ist das noch Liederabend oder schon Kammermusik?

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – die Klarinette war gerade in der Orchestermusik etabliert, und ihre Bauform wurde in Wien noch einmal verändert – entstanden einige Kompositionen für eben diese Triobesetzung. Allesamt am frühromantischen Lied orientiert, aber nicht allzu oft im Konzert zu hören: Ludwig Uhlands berühmtes Gedicht „Das Mühlrad“, vertont von Conradin Kreutzer, Kapellmeister am Wiener Kärntnertortheater und selbst Klarinettist, wäre da zu nennen. Von Kreutzers Nachfolger am Theater Franz Lachner gibt es „Seit ich ihn gesehen“, eine Miniatur über die Entdeckung der Liebe nach Adalbert von Chamisso. Ob Lachners berühmter Freund Franz Schubert wohl kein rechtes Vertrauen in die Klarinette hatte? Warum sonst schlug er für die kurz vor seinem Tod komponierte Ballade „Der Hirt auf dem Felsen“ ein Violoncello alternativ zur Klarinette vor? Dabei imitiert diese darin ganz wunderbar eine Hirtenflöte oder Schalmei. Im „Hirtenlied“ indes, einem schrecklich blumigen Weltfluchtidyll Ludwig Rellstabs, vertont von Giacomo Meyerbeer, wird die Schalmei nur besungen. Louis Spohr als ein dritter Starkomponist dieser Zeit und seine „Sechs Deutschen Lieder“ seien noch erwähnt. Und auch der einzige hier genannte Tonsetzer, in dessen Lebenslauf Wien – die Musikhauptstadt jener Epoche – nicht auftaucht: der in Donaueschingen wirkende Prager Johann Baptist Wenzel Kalliwoda. Er vertonte Joseph Theodor von Grünwalds Gedicht „Der Sennin Heimweh“, in dem hinter Naturidyll und Liebessehnsucht stets auch das politisch zersplitterte Land aufscheint, und wo „Heimatmelodien“ etwas sind, derer man eigentlich fliehen will. „Denn tief in’s Herz geschrieben hat mir der Sehnsucht Hand: Nur dorten, wo wir lieben, ist unser Vaterland.“

Trio Lied & Reed (Foto: Lied & Reed)

Das Repertoire von „Lied & Reed“ ist aber nicht nur textlich und musikhistorisch interessant. Auch mit Eigenkompositionen weiß das Trio beim Konzertdebüt am 17. November in der Fürstenzeller Portenkirche zu überraschen. Veranstaltungsbeginn ist um 17 Uhr; Karten sind für EUR 20,-/ermäßigt EUR 15,- an der Abendkasse erhältlich.  

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