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Montag, April 29, 2024

„Entscheidungen der Politik für viele Händler immer weniger nachvollziehbar“

Lesestoff

IHK-Fachausschuss Handel sammelt Stimmen und Erfahrungen in der Pandemie

„Von einem ‚Lockdown light‘ zu sprechen, weil die Geschäfte geöffnet bleiben, wird der Realität in unseren Betrieben nicht gerecht. Der Handel ist von den Corona-Einschränkungen direkt und hart getroffen, es gibt nur sehr vereinzelt Gewinner. Die Entscheidungen der Politik sind für viele Händler immer weniger nachvollziehbar.“ Mit diesen deutlichen Worten hat Petra Steinberger die Stimmung bei der vergangenen Sitzung des IHK-Fachausschusses Handel zusammengefasst. In ihrer Funktion als Ausschussvorsitzende leitete sie die Sitzung per Videokonferenz von ihrem eigenen Unternehmen in Plattling aus. Als ein Beispiel für realitätsfern anmutende Vorschriften nannte Steinberger die Regel, wonach in kleineren Geschäften unter 800 Quadratmetern Verkaufsfläche maximal ein Kunde pro zehn Quadratmeter erlaubt sei, bei Geschäften über dieser Fläche dann nur noch ein Kunde pro 20 Quadratmeter. Die Grenze erscheint willkürlich, die Umsetzung im Betrieb ist extrem aufwändig und beispielsweise im Lebensmittelhandel sind damit Stoßzeiten wie etwa vor den Weihnachtstagen nicht mehr zu regeln – das zeigten die Einschätzungen der Ausschussmitglieder.

Im IHK-Handelsausschuss kommen Händler aus unterschiedlichen Segmenten und Größen zusammen, entsprechend breit war die Summe ihrer Erfahrungen mit Pandemie und Lockdown. Nahezu alle Ausschussmitglieder meldeten aber Umsatzverluste, zum Teil von 40 Prozent und mehr. Die indirekten Effekte des Lockdowns machen sich immer stärker bemerkbar – einerseits die sinkende Kauflaune der Verbraucher, andererseits negative Auswirkungen durch den Ausfall von Hotellerie und Gastronomie, dem Wegbrechen aller Veranstaltungen und der sinkenden Attraktivität von Innenstädten und Ortskernen. Es gibt Beispiele von Händlern, die ihr Ladengeschäft vor Ort mangels Perspektive vorübergehend schließen beziehungsweise Öffnungszeiten einschränken, ihr Sortiment umstellen oder nur noch auf den eigenen Online-Handel setzen. Steinberger versuchte, diesen Verlagerungen auch etwas Positives abzugewinnen: „Corona bewegt dazu, Abläufe und Prozesse zu überdenken und umzustrukturieren.“ Die entstehenden Verluste könnten durch solche Maßnahmen aber selten gänzlich aufgefangen werden.

Dass in dieser Situation die staatlichen Hilfsprogramme für die Unternehmen des Handels nur schwer nutzbar sind, bestätigten weitere Rückmeldungen. IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner griff das auf. „Den Überblick über die verschiedenen Hilfen zu behalten, ist extrem schwierig“, meinte Schreiner, und empfahl den Händlern, für Hilfe und Beratung den Kontakt zur IHK zu suchen. Die aktuellen Programme der „Novemberhilfe“ oder der „Überbrückungshilfe II“ bringen demnach dem Handel wenig bis nichts. Interessanter sei die kommende „Überbrückungshilfe III“, da hier die Zugangsvoraussetzungen für die Betriebe verbessert wurden und somit auch betroffene Handelsunternehmen zum Zuge kommen können. Das Problem: Anträge zu diesem Programm können erst im neuen Jahr gestellt werden, entsprechend lange werde es bis zu einer möglichen Auszahlung dauern, beklagte Schreiner.

„Das Ziel für den Handel wäre eine gewisse Normalität, damit die Kunden in die Geschäfte zurückkehren. Die Händler wie auch die Gastronomie haben alles getan und viel investiert, um in ihren Unternehmen Gesundheits- und Hygieneschutz auf höchstem Niveau zu ermöglichen. Es bleibt zu hoffen, dass diese oft teuren Maßnahmen nicht umsonst waren und der Handel jetzt nicht auch noch geschlossen wird“, sagte Steinberger abschließend.

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