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Freitag, April 26, 2024

Der Bedarf steigt und steigt

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Herausfordernde Zeiten für Ambulanz für psychische Gesundheit Grafenau – Bedarf an einer Tagesklinik wäre da

Grafenau. Die Folgen der Corona-Krisen, aber auch die Angst vor Krieg und der zunehmenden Verteuerung von Energie, Strom und Lebensmitteln spielen eine große Rolle: Die Zahl der Erwachsenen, die das therapeutische Angebot der Ambulanz für psychische Gesundheit in Grafenau benötigen, steigt immer mehr. Und auch der Bedarf einer Tagesklinik im Landkreis Freyung-Grafenau wäre da. Dies unterstrichen Dr. Cathy Czako, Leitende Ärztin der Abteilung Psychiatrische Dienste und Ärztlicher Leiter Prof. Dr. Peter Eichhammer bei einem Informationsgespräch mit Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. Eine besondere Herausforderung wäre es dabei allerdings, diese Tagesklinik personell ausstatten zu können.

Einmal im Monat hat sich bisher immer eine Patientin im Supermarkt ein kleines Blümchen gekauft und es in ihrer Wohnung aufgestellt. Die Pflanze stand für Lebensfreude und brachte sie jeden Tag zum Lächeln. Nun ist das Geld so knapp, dass diese Frau sich diesen winzigen Luxus, kaum mehr als ein Hoffnungsschimmer im Alltag, nicht mehr leisten kann. Das Blümchen fehlt ihr mehr, als jemand, der so einen Pflanzentopf einfach in den Einkaufswagen legt, ohne aufs Budget achten zu müssen, sich je vorstellen könnte.

Diese Geschichte erzählte Prof. Dr. Eichhammer dem Bezirkstagspräsidenten bei seinem Besuch in Grafenau und machte damit deutlich, dass derzeit die Patienten, die das Angebot der Ambulanz wahrnehmen müssen, nicht nur an den Folgen der Isolation durch Corona leiden. Sondern dass auch finanzielle Sorgen und die Angst vor der Zukunft zunehmen und die Menschen leicht in psychiatrische Krisen stürzen. „Die Belastungsfaktoren steigen. Wir müssen gerade den sozial Schwächeren viel mehr helfen. Soziale Teilhabe ist etwas ganz Wesentliches“, so der Ärztliche Leiter. Er gab Dr. Heinrich einen Wunsch mit auf den Weg: „Dass Modelle geschaffen werden, bei denen man im Alter weiterarbeiten kann, wenn man möchte – mit weniger Beanspruchung als vor dem Ruhestand.“

Dr. Czako betont die Wichtigkeit von sozialer Teilhabe, gerade für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die eine Erwerbsminderung haben. „Das gibt Struktur und sichert wichtige soziale Kontakte, und das ist für unsere Patienten gerade jetzt sehr wichtig.“ Die Situation derzeit in der Psychiatrie sei eine Herausforderung: „Wir haben gute Ärzte vor Ort, aber wir könnten mehr Patienten versorgen, wenn wir die personellen Kapazitäten hätten“, unterstrich die Ärztliche Leiterin. Laut Prof. Dr. Eichhammer übernimmt der Psychiater in seiner Sprechstunde auch immer mehr Hausarztfunktion: Er hört zu und kennt den privaten Hintergrund. Das muss auch so sein: „Medikamente wirken nicht selten besser, wenn sich der Patient vorher in einem guten Gespräch aufgehoben fühlte und sich der Arzt Zeit für ihn nehmen konnte.“

Der Bezirkstagspräsident war auch gekommen, um auszuloten, ob der Bedarf einer Tagesklinik in Grafenau gegeben wäre. Sowohl Dr. Czako als auch Prof. Dr. Eichhammer waren sich einig, dass dies absolut der Fall ist. „Wir haben erhebliche Schwierigkeiten, auch schwerkranke Patienten in Mainkofen unterzubringen“, schilderte Prof. Dr. Eichhammer seine Erfahrungen. „Viele Patienten könnte man vor Ort abfangen. Davon würde auch das Bezirksklinikum Mainkofen profitieren, weil dann weniger Patienten dort aufgenommen werden müssten.“ Die personelle Besetzung ist aber eine große Herausforderung.

Dr. Heinrich dankte für die offenen Worte und sagte, es sei weiterhin ein wichtiges Ziel, dezentrale Angebote in der Psychiatrie zu schaffen: „Der ganze Bezirkstag zieht hier an einem Strang und steht dahinter“, sagte er. „Und ich sehe, vor Ort würde es absolut Sinn machen. Die Frage der personellen Ausstattung müssen wir dabei lösen.“

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