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Dienstag, April 30, 2024

Beim Klimawandel den Wald endlich als Teil der Lösung begreifen

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Forstleute und Waldbauern verlangen im Gespräch mit MdB Al-Halak schnelles Handeln – Baustoff Holz noch viel intensiver nutzen!

Grafenau. „Wir müssen beim Waldumbau schneller vorankommen und die Forstbranche braucht mehr Personal, um endlich agieren und nicht immer nur reagieren zu können. Dann können wir vielleicht noch etwas retten!“  Diese Botschaft nahm der Bundestagsabgeordnete Muhanad Al-Halak von einem Ortstermin  in einem Waldstück am Hohen Sachsen mit. Zu wenig Regen in den Jahren 2014 bis 2020 setzte auch hier den Bäumen immer mehr zu. „2018 und 2019 waren Katastrophenjahre. Wir hatten so viel Borkenkäferholz wie nie zuvor. Die Arbeit einer ganzen Generation war kaputt“, berichtete Waldbauer Stefan Braumandl, Mitglied der Waldbesitzervereinigung (WBV) Freyung-Grafenau.

 „Der Wald braucht uns Menschen nicht, aber wir können umgekehrt vom Wald  profitieren, wenn wir ihn endlich als Teil der Lösung begreifen“, ist Wolfgang Kreuzer, überzeugt, der zuständige Abteilungsleiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Regen. „Holz als nachwachsenden Rohstoff bei der Energiewende und als umweltfreundlichen Baustoff viel mehr zu nutzen, auch in den Großstädten und bei mehrstöckigen Gebäuden, ist unumgänglich.“ Xaver Hartinger, Geschäftsführer der WBV Freyung-Grafenau ergänzte: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass bei der energetischen Sanierung von Hausfassaden Styropor verwendet wird: „Das ist Sondermüll, den die nächste Generation dann wieder teuer entsorgen muss!“ Wichtige Impulse für dieses Umdenken sollten vom Bundesbauministerium kommen, wünscht sich auch sein Kollege Michael Grapentin. Die WBV berät die Waldbesitzer im Landkreis Freyung-Grafenau, einem der waldreichsten in ganz Bayern, und hilft ihren Mitgliedern, ihr Holz zu vermarkten – alles auf Anschlag, denn auch hier herrscht Personalnot: „Es schaut noch nicht aus wie im Harz, aber wir müssen unverzüglich handeln!“ 

„Die Grundstücke bei uns im Privatwald sind oft nur zehn Meter breit. Da sind dann auf einer kleinen Fläche gleich mehrere Besitzer betroffen, wenn es zum Beispiel um die Bekämpfung des Borkenkäfers geht“, schilderte Stefan Braumandl ein drängendes Problem. Je höher die Temperaturen stiegen, desto rasanter vermehre sich der Schädling, der so schnell wie möglich aufgespürt werden müsse. „Wie soll ich dem Landwirt vermitteln, dass er die Bäume umschneiden und aus dem Wald bringen muss, wenn die Holzpreise im Keller sind?“, war die Frage von Stefan Braumandl.

Ortstermin mit MdB Al Halak in einem Waldstück am Hohen Sachsen mit den Forstleuten Wolfgang Kreuzer, Xaver Hartinger, Michael Grapentin, Praktikant Jakob Geiger und Waldbesitzer Stefan Braumandl (v.l.) – Foto: Heidi Wolf

Letzten Endes gehe es darum, einen gesunden Mischwald zu schaffen, der mit den gestiegenen Temperaturen besser zurechtkomme als es bei den Fichtenbeständen der Fall sei. Man setze dabei auf natürliche Verjüngung zum Beispiel mit Weißtanne, Buche, Ahorn, Birke, Vogelbeere und Fichte. Wo dies nicht möglich sei, müsse gepflanzt werden. „Das ist Knochenarbeit und erfordert Manpower“, stellte Xaver Hartinger fest. Idealerweise können sich unsere Wälder durch Naturverjüngung erneuern, zumindest wenn die Zahl der Rehe auf ein waldverträgliches Niveau abgesenkt werde. Dafür brauche es engagierte Jäger, die sich den Zielen der Waldbesitzer gegenüber aufgeschlossen zeigten – und den Luchs. „Wenn ich einen Luchs kaufen könnte, würde ich es tun“, sagte Waldbesitzer Stefan Braumandl. Das Fazit der Forstleute: „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!“

 Wissenschaftliche Daten aus Messstation „Taferlruck“

Dass der Klimawandel im Bayerischen Wald angekommen ist, belegen auch die wissenschaftlichen Daten aus der Messstation „Taferlruck“ am Parkplatz  Diensthüttenstraße im Nationalpark Bayerischer Wald. Hier traf sich der Bundestagsabgeordnete Muhanad Al-Halak mit dem Geoökologen Burkhard Beudert, der diese Forschungsstelle an der Großen Ohe betreut. Sie gibt es seit  1976 und ihre  Aufgabe ist das Monitoring des Wasserhaushalts. Bei den Niederschlägen liege man heuer bis jetzt noch im Durchschnitt, verzeichne aber seit 2010 einen deutlichen Rückgang auch im Winter. „Früher sind 500 Zentimeter Neuschnee gefallen. Inzwischen sind es noch 300 Zentimeter. Außerdem steigen die Temperaturen, so dass der  Schnee zum Beispiel auf tausend Meter Höhe um einen Monat früher als vorher wegschmiltz,  Anfang April statt Anfang Mai“, so eine weitere Information des Experten. Von den Niederschlägen im Winter hänge  die Grundwasser-Neubildung.  entscheidend ab.  „Am schlimmsten waren die Trockenjahre 2014 und 2015, als in Philippsreut kein Wasser mehr aus den Leitungen kam und Tankfahrzeuge einige Orte in der Umgebung mit Wasser aus der Talsperre in Frauenau belieferten“, erinnerte Beudert.

Hohe Temperaturen bei zu wenig Wasser  setze den Bäumen zu, die weniger Holz produzierten  und anfälliger für den Borkenkäfer seien: „Es ist wie bei den Menschen auch. Sie werden in Krisenzeiten leichter krank“, sagte Burkhard Beudert. MdB Al-Halak dankte für die Informationen, die er für seine Arbeit im Umweltausschuss des Bundestages gut brauchen kann. „Es ist super, auf Datenreihen zurückgreifen zu können, die über einen langen Zeitraum geführt werden und entsprechend aussagekräftig sind!“

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