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Sonntag, Mai 5, 2024

Hecken und Nymphen

Lesestoff

Ein elektrisches Hochamt gefällig? Jeff Beer in der St-Anna Kapelle

(von Tobias Schmidt)

Passau. In diesem Frühjahr wurde der Musiker, Schriftsteller und Bildende Künstler Jeff Beer siebzig Jahre alt. Der Kunstverein Passau zeigt aktuell in der Sankt-Anna-Kapelle einen Querschnitt aus dreißig Jahren bildnerischen Schaffens des Künstlers, der in Gumpen nahe Tirschenreuth in der Oberpfalz ein Begegnungs- und Atelierhaus unterhält. Zu sehen sind einige in den 1990er Jahren entstandene Eisenskulpturen, die zwischenmenschliche Partnerschaft thematisieren und den Bogen von der Abstraktion zum Ornamentalen schlagen.

Das ist ebenfalls gut auf den Farbholzschnitten aus jener Zeit zu erkennen, und begegnet den Betrachtenden in neuer Figuration in den turmgleich aufgeschichteten „Nymphen“-Skulturen und den „Mysterien der Liebe“ aus den 2020er Jahren wieder. Einen beträchtlichen Teil dieser Ausstellung bilden in den 2010er Jahren entstandene Fotografien: Aufnahmen der sich beständig ändernden Wasseroberfläche von Flüssen, oder von je nach Jahreszeit unterschiedlich texturiertem Heckendickicht. Die Serie „Within-Im Innersten“ kehrt im Wege der Doppelbelichtung eine Innenwelt der jeweils Porträtierten nach außen.

Jeff Beer: „Blatt“ aus der Serie Within, Im Innersten, Fotografie (Foto: Schmidt)

Eine faszinierende Ergänzung zu diesen Fotografien ist die 2015 entstandene Aquarell-Serie „Enzyklopädie“: Eine Scheune, Zaumzeug, ein Sofa, eine schlafende Katze, es sind meist ländlich anmutende Interieurs, die hier großformatig dargestellt sind. Den gewählten Perspektiven wohnt meist ein Warten auf eine nächste Szene, eine um die Ecke biegende Person inne – wie man es vom Blick durch den Sucher einer Foto- oder Videokamera kennt. Ganz anders wiederum Beers etwa zur gleichen Zeit entstandene surrealen Collagen, die sich bisweilen auch mit historischen Bildwerken auseinandersetzen.

Jeff Beer: „Die Nacht der Gaben“, Collage 2015 (Foto: Kunstverein Passau e.V.)

Jeff Beer ist studierter Musiker und Komponist, also eigentlich einer, der verrinnende Zeit mit Klängen auflädt. Dafür wurde er bereits mit dem Bayerischen Staatspreis für Musik geehrt, das hat er als Hochschuldozent Studierenden vermittelt. Zur Raum gestaltenden Bildenden Kunst fand er als Autodidakt. Welche Wege Jeff Beer zwischen diesen Kunstgattungen beschreitet, wo er warum und mit welchen Mitteln welche intermedialen Brücken schlägt, davon berichtet – von sechs kleinen Buntstiftgrafiken einmal abgesehen – diese stilistisch wie bildthematisch etwas arg vielfältige und insgesamt zu volle Ausstellung leider nichts. Eine Vita des Künstlers gesteht einem das Kurat zu, doch statt eines Ausstellungstitels, statt erklärender oder die Betrachter inspirierende Einlassungen, gerät man beständig an eine bereits andernorts in der Kapelle bewunderte Nymphe hinter einer ebensolchen Hecke.

Jeff Beer: „Tanzende Nymphen, Eisenskulptur (Foto: Schmidt)

Merke: Eidetisches Geländespiel wird auch durch eherne Elfen nicht erquicklich. Die Ausstellung ist noch bis einschließlich 4. September, jeweils Dienstag bis Sonntag, 13-17.30 Uhr bei freiem Eintritt zu besichtigen.

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