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Montag, April 29, 2024

ALBERTO GIACOMETTI

Lesestoff

Highlights aus der Sammlung Klewan | Vernissage am Freitag, 29. April 2022 um 19 Uhr im Museum Moderner Kunst Wörlen, Passau | Ausstellung ab 30. April bis 31. Juli 2022

Passau. Das Museum Moderner Kunst Wörlen in Passau zeigt über 100 Werke von Alberto Giacometti aus der Sammlung von Helmut Klewan (*1943). Herr Klewan, der zwischen 1970 und 1999 als Galerist in Wien und München tätig war, besitzt eine hochrangige Sammlung von international bedeutenden Werken der klassischen Moderne und der Nachkriegskunst. Als Eigentümer der größten Alberto-Giacometti-Sammlung in Deutschland leiht er dem MMK Passau jetzt kurzfristig über 100 Werke: neben Skulpturen und Ölgemälden vor allem Zeichnungen und Druckgrafiken, die den Schwerpunkt der Ausstellung bilden.

Alberto Giacometti zählt zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Das Hauptthema seines vom Existenzialismus und von der Phänomenologie geprägten Werkes ist die conditio humana. Die von Dr. Marion Bornscheuer kuratierte Ausstellung gliedert sich analog zum architektonischen Rundgang des Passauer Museums in sechs Themenfelder. Der erste Raum ist Giacomettis privatem Umfeld gewidmet mit Selbstporträts und Porträts der Familie, Ansichten von Graubünden, wo der Künstler aufwuchs und wohin er immer wieder zurückkehrte, und von seinem Atelier in Paris, das ab 1926 seinen Lebensmittelpunkt bildete.

Der zweite Raum thematisiert den Nu debout (Stehenden Akt), der ab 1935 nach Giacomettis surrealistischer Phase eines seiner künstlerischen Hauptmotive bildet. In der Nachkriegszeit entstehen überlange, schlanke Skulpturen, in denen er seine subjektive Seh-Erfahrung von Personen auf Distanz abzubilden versucht. Giacometti begreift Skulptur nicht mehr als körperhafte Nachbildung im realen Raum, sondern als imaginäres Bild im gleichzeitig imaginären wie realen Raum.

Inhaltlich schließt der dritte Raum an mit Straßenszenen aus der Grafik-Serie Paris sans fin (Paris ohne Ende) von 1958-65 und vor allem mit der Skulptur La cage (Der Käfig) von 1950: In letzterer teilen sich ein weiblicher Akt und eine Büste ohne konkreten Bezug zueinander einen doppelbödig gestalteten imaginären Raum, der als „Käfig“ seinerseits mit dem realen Raum kommuniziert. Das Verhältnis zwischen Figur und übermächtigem Raum ist Giacomettis zentrales künstlerisches Thema.

Der vierte Raum mit Porträts von Schriftstellern und Galeristen eröffnet uns Giacomettis gesellschaftlichen Kosmos in Paris. Unter den Porträtierten befindet sich auch James Lord (1922–2009), Giacomettis späterer Biograf, den er im Februar 1952 im Café Les Deux Magots kennenlernt. Während der Modellsitzungen sammelt Lord Material für sein Buch A Giacometti Portrait (Alberto Giacometti – Ein Portrait), das 1965 vom Museum of Modern Art in New York veröffentlicht wird.

Im fünften Raum mit skulpturalen und grafischen Miniaturen geht es abermals um das Verhältnis zwischen Figur und Raum. Der kleine Maßstab der dargestellten Figuren ist auf ein prägendes phänomenologisches Erlebnis zurückzuführen: 1937 beobachtet Giacometti auf dem Boulevard St. Michel, wie sich seine damalige Geliebte Isabel von ihm entfernt und dabei immer kleiner wird, ohne dass sich ihr Bild als visuelle
Erinnerung verliert. Bei den Versuchen, dieses Phänomen künstlerisch wiederzugeben, werden Giacomettis Figuren und Köpfe immer kleiner. Zwischen 1938 und 1944 sind die Figuren höchstens sieben Zentimeter groß, um die Distanz auszudrücken, in der er das Modell gesehen hat. Als weiteres Stilmittel zum Ausdruck von räumlicher Distanz verwendet Giacometti doppelte Sockel, die übereinandergestellt größer sind als die
Figuren selbst.

Der sechste Raum mit Ölgemälden stellt Giacometti als Maler vor. Nach 1947 tritt die figurative Malerei in Giacomettis Werk gleichberechtigt neben die Skulptur. Die fast monochromen Gemälde der Spätzeit entziehen sich jeglicher stilistischer Zuordnung und besitzen eine ungeheure Kraft und Tiefenwirkung.

Dass die Ausstellung ermöglicht wird, verdankt das Museum nicht nur seinen langjährigen Hauptsponsoren – dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Bezirk Niederbayern, der Stadt Passau, der Stiftung der Passauer Neuen Presse, der ZF Kulturstiftung Passau, der Sparkasse Passau, und natürlich dem Verein der Freunde und Förderer des Museums Moderner Kunst – Stiftung Wörlen e.V. –, sondern auch dem generösen bürgerschaftlichen Engagement aus Passau und dem Passauer Landkreis.

Neben privaten Sponsoren sind hier der Rotary Club Passau mit der Rotary-Stiftung Passau, der Rotary Club Passau-Dreiflüssestadt sowie der –vom Museumsstifter Hanns Egon Wörlen einst mitbegründete – Lions Club Passau zu nennen, ebenso wie die Unternehmen Atelier & Friends, Bergander Bau, Dankesreuther & Scheuchl, Datac AG, Maier & Ponigl Versicherungsmakler, Rother Akustik- und Brillenhaus, und, aus der Landeshauptstadt München, die Ergo Beratung und Vertrieb AG

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