Das 38. INNtöne-Jazzfestival ist gespickt mit spannenden Musikacts
Diersbach/OÖ. Vom 21.-23. Juli findet heuer das 38. INNtöne Jazzfestival statt. Zum insgesamt vierten Mal mit Sommerbühne zwischen Hügeln und Maisfeldern anstatt wie sonst zu Pfingsten in der Konzertsaal-Scheune von Paul Zauners Buchmannhof im oberösterreichischen Diersbach.
Wetterunbill, entfernte Traktorengeräusche, das gehört sowohl in der Indoor- als auch in der Open Air-Variante dieses so renommierten und doch auch so grundsympathisch gebliebenen Musikfestivals einfach dazu. Kein von Radiostationen in ganz Europa gesendeter Konzertmitschnitt, der ohne eine Beschreibung der ländlichen Idylle des oberösterreichischen Sauwalds auskäme. Manche Stars rieben sich bereits verwundert die Augen, bei welchen „Landeiern“ sie denn da gelandet seien. Nur um nach dem Auftritt zu bemerken, wie aufmerksam das hiesige Publikum sei.
Hervorragender Ruf
Hiesig? Stimmt übrigens auch längst nicht mehr. Ein Blick auf die Nummernschilder der am Feldrain parkenden Autos zeigt: Das Publikum reist zum Teil von sehr weit her aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an. Es hat sich herum gesprochen, wie gut kuratiert dieses Festival ist, wie gut hier Trendsetter, Newcomer und auch Musikalische Nischen-Ausleuchter miteinander ohne jegliche Hipster-Attitüde harmonieren. Ob das am Festivalimpresario und Biolandwirt Paul Zauner liegt? Der natürliche Jahreslauf bestimmt das Geschehen, was heuer noch nicht reift, das klappt mit genügend Beharrlichkeit und durchaus viel Improvisationstalent sicherlich im nächsten Jahr. So hat Zauner viele Jazzgrößen auf seinen Buchmannhof geholt, und viele kommen mittlerweile gern wieder.
Das INNtöne verspricht spannende Musikacts
So etwa die amerikanische Percussionistin Marylin Mazur, die nach vielen Jahren diesmal mit den mystischen Grooves und Chants Ihres skandinavischen Frauenensembles Shamania zurückkehrt. Übrigens gleich nach dem Eröffnungskonzert am Freitag mit „Austrian Syndicate“ einer österreichischen Allstar-Formation um den Pianisten David Helbock, die Österreichs einflussreichstem Jazzexport und Fusion-Miterfinder Joe Zawinul Tribut zollen.
Beinahe Bigband-Stärke wird das zweite derartige, von Clemens Salesny und Gregor Aufmesser geleitete Konzert österreichischer Musiker haben. Es erinnert an den letztjährigen einhundertsten Geburtstag des amerikanischen Bassisten Charles Mingus. Doch selbstverständlich funktionieren auch kleiner dimensionierte Auftritte: man darf sich auf reichlich atmosphärische Sounds des schlagzeug- und basslosen Trios der norwegischen Saxophonistin Mette Henriette freuen. Mutig, diesen ruhig dahin fließenden, mit den Weihen des Münchner Edellabels ECM versehenen Sound, gleich nach dem französischen Trio Nout am Samstagabend zu platzieren. Diese drei, mit Harfe, Flöte, Drumkit und einem Effekte-Überraschungskoffer ausgerüsteten Damen lassen nämlich nichts anbrennen. Solemne Klangerwartung wird hier auf maximale Rohheit gebürstet.
Wer wissen will, wie durch klassische Musik inspirierte Klavierimprovisationen anno 2023 auf großer Bühne funktionieren, der darf sich heuer auf das sonntagnachmittägliche Solorecital von Johanna Summer freuen. Ihre beiden bislang erschienenen Alben machen Lust, mehr von dieser jungen deutschen Jazzhoffnung zu hören. Und weil’s der unberechenbaren Frauen heuer einfach noch nicht genug ist, sei unbedingt noch Sarah McFarlane erwähnt. Diese britische Künstlerin hat ihren Souljazz nun in lateinamerikanische Klänge wie Calypso und Reggae verpackt. Eine Stimme für die große Bühne, darunter ein brodelndes Rhythmengemisch, dem Clubattitüde nicht fremd ist.
Innovative britische Szene in Diersbach
Es fällt irgendwie schon auf, dass die INNtöne still und heimlich die große Samstagabendhuldigung des Great American Songbook gegen moderne, tanzbare Klänge getauscht haben. Vieles davon kommt aus der seit einigen Jahren unheimlich innovativen britischen Szene, an der Festivalmacher Paul Zauner einen Narren gefressen zu haben scheint. Heuer repräsentieren diesen Trend das Septett Tom Challengers’s Brass Mask und der Saxophonist Xhosa Cole, ein Zögling des Birminghamer Innovators Soweto Kinchs (der natürlich auch schon in Diersbach zu Gast war) und der Klassiker des Genres zeitgenössisch zu interpretieren weiß.
Erwähnt seien heuer unbedingt noch zwei tolle Acts aus Afrika: Trompeter Hermon Mehari aus Eritrea und Gitarrist Vieux Farka Touré aus Mali zum Festivalabschluss. Er setzt das Erbe von Vater Ali Farka Touré einer Kombination von traditioneller und westlicher improvisierter Musik gekonnt fort. Jazz taugt halt auch zur traditionsbewussten Neuerung – was man bei den INNtönen nachhören kann.
After Hours-Konzerte
Neben den Acts auf der Open Air-Bühne gibt es auch wieder After Hours-Konzerte im treffend „St. Pigs Club“ umbenannten Saustall, ein Konzertprogramm und Workshops für und mit Kindern, Puppentheater, eine Kunstausstellung. Weitere Wohlfühlfaktoren: Camping und Zelten für Ticketinhaber auf dem Festivalgelände, der Bus Shuttle Service von Passau, Neuburg am Inn oder Schärding für Festivalgäste sowie natürlich ausgesuchte biologische regionale Küche. Details sind online auf www.inntoene.com abrufbar. st