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Sonntag, April 28, 2024

Fachexkursion zu Bio-Betrieben und Gemeinwohl-Gemeinde

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Passauer Oberland-Gemeinden holen sich Anregungen

Kirchanschöring / Fürstenstein. Nach zwei Jahren Pause war es heuer wieder soweit. Die elf Gemeinden der ILE und Öko-Modellregion Passauer Oberland begaben sich auf eine Fachexkursion. Sie führte nach Oberbayern, zunächst in den Münchner Raum, danach in den Ruperti-Winkel zum Waginger See. Neben den kommunalen Vertretern nahmen die beiden Organisatorinnen dieser Fachexkursion ILE-Geschäftsführerin Gabriele Bergmann und Projektmanagerin Barbara Messerer (Öko-Modellregion, ÖMR) sowie die zuständige Vertreterin des Amtes für Ländliche Entwicklung Niederbayern Meike Meßmer teil. Als Mitglied der Lenkungsgruppe der ÖMR war auch Bio-Landwirt Walter Dankesreiter mit von der Partie. Auf sie alle warteten drei informative Tage zu verschiedenen Themen der integrierten ländlichen Entwicklung und der Öko-Modellregionen in Bayern.

Am ersten Tag standen Besichtigungen der Öko-Modellregion auf dem Programm. Der Fokus lag dabei auf der Zusammenarbeit von landwirtschaftlichen und verarbeitenden Bio-Betrieben mit ihrer Kundschaft. Der Weg führte hier zu „Tagwerk“ nach Garching bei München, einer Verbraucher- und Erzeugergenossenschaft, die sich zu Beginn der 1980er Jahre gegründet hatte. In einem Umkreis von 100 km sind heute über 150 Bio-Betriebe angesiedelt, die ihre Produkte unter dem Dach von „Tagwerk“ vermarkten. Die Genossenschaft war und ist davon überzeugt, dass sich ökologisches, soziales und solidarisches Handeln positiv auf die Gesellschaft auswirkt.

Als zweite Anlaufstelle standen für die Exkursionsteilnehmenden aus dem Passauer Oberland die Herrmannsdorfer Landwerkstätten in Glonn, südöstlich von München, auf dem Programm. Unter der Prämisse „vom Acker bis zum Teller“ wird hier das Ziel verfolgt, Anbau, Verarbeitung und Vermarktung zu vereinen. Neben einer Landwirtschaft sind auf dem Gelände der Herrmannsdorfer Landwerkstätten eine Bäckerei, eine Käserei und eine Brauerei angesiedelt. Ebenso ist eine kleine Markthalle für den Verkauf der auf dem Hof erzeugten Produkte vorhanden. Es wird konsequent der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft verfolgt, indem beispielsweise die anfallende Molke in der Käseproduktion für die Fütterung der Schweine genutzt werden kann oder aber auch alle Produkte, die erzeugt werden, auch am Hof zu erwerben sind.

Tag zwei stand ganz im Zeichen der ersten Gemeinwohl-Gemeinde Deutschlands. Kirchanschörings Bürgermeister Hans-Jörg Birner wartete auf die Besucher aus dem Passauer Oberland, um als erstes einen Rundgang durch seine kleine, feine Gemeinde – die erste Deutschlands, die sich als Gemeinwohl-Gemeinde zertifzieren ließ! – zu unternehmen.

Mit gut 3000 Einwohnern liegt Kirchanschöring im Landkreis Traunstein und grenzt an das Ostufer des Waginger Sees. Kirchanschöring ist ein viel beachteter Ort, der sich in Bayern und darüber hinaus einen Namen gemacht hat: Innovative Projekte, wie das Haus der Begegnung mit unterschiedlichen Modellen des Zusammenwohnens im Alter, mit einer integrierten Hausarztpraxis sowie dem Sozialbüro der Gemeinde und einem öffentlich zugänglichen Garten zum Austausch untereinander und einem Gemeinschaftsraum als Treffpunkt der Gemeindebürger, gehören zu Kirchanschörings Investitionen in die Zukunft. Aber auch die Jugend kommt nicht zu kurz. So wurde das ehemalige Bahnhofsgebäude, ein früherer Leerstand, zum Zentrum für Jugendliche und Kulturinteressierte (genannt KuBa – Kultur im Bahnhof) ausgebaut. Ebenso gehört Kirchanschöring zu den Gemeinden, die für das Projekt digitales Dorf ausgewählt wurden, ähnlich wie Spiegelau im Landkreis Freyung-Grafenau.

In Sachen Bürgerbeteiligung geht Kirchanschöring seit rund zwei Jahrzehnten eigene Wege, bezieht die Bürgerschaft in alle wichtigen Entwicklungsprozesse der Gemeinde ein, wie aktuell beim Thema „Zukunftstaugliches Bauen & Wohnen“. Bürgermeister Hans-Jörg Birner ist auch Vorsitzender der ILE Waginger See – Rupertiwinkel, die eine der ersten Öko-Modellregionen Bayerns war. Sehr viel Wert wird dort auf Themen wie Biodiversität in den Gemeinden, kommunale Flächenbewirtschaftung und Gewässerschutz (wegen der Seenähe) gelegt. Im Regionalwerk Chiemgau/Rupertiwinkel haben sich bereits vor vier Jahren 16 Gemeinden aus vier Landkreisen zusammengeschlossen, um die Energiegewinnung in der Region selbst in die Hand zu nehmen. Treibende Kraft ist auch hier Bürgermeister Birner und seine Gemeinde Kirchanschöring, in der sich sowohl der Sitz der ILE-Geschäftsstelle sowie des Regionalwerks befindet.

ILE Vorsitzender Stephan Gawlik, Bürgermeister aus Fürstenstein, konnte seinem Amtskollegen nicht genug danken, dass er sich für die Gruppe aus dem Passauer Oberland den ganzen Tag persönlich für den Rundgang, den Vortrag und die Fragen zur Verfügung stellte. So viel geballte Informationen auf so kurze Zeit beeindruckte alle Exkursionsteilnehmenden.

Die Teilnehmer an der Exkursion beim Gruppenfoto vor dem schönen Kirchanschöringer Rathaus mit Bgm. Hans-Jörg Birner (4.v.re) sowie beim kurzweiligen, interessanten Rundgang durch die Gemeinde Kirchanschöring (Foto: ILE Passauer Oberland)

Am letzten Tag galt der Besuch dann der Öko-Modellregion Waginger See – Rupertiwinkel, Marlene Berger-Stöckl, dortige Projektmanagerin, stellte dem Passauer Oberland die Aktivitäten der Öko-Modellregion vor, die entlang von Wertschöpfungsketten und Bewusstseinsbildung rund um den Ökolandbau angesiedelt sind. Stefanie Lang, Bürgermeisterin der Gemeinde Taching und Vorstandssprecherin der Öko-Modellregion, ging zudem auf das ökologische Pflegekonzept für kommunale Grünflächen ein. Dabei wurde deutlich, dass viel Potential in der Bewirtschaftung kommunaler Grünflächen steckt, wenn beteiligte Personen an einem Strang ziehen. Schritt für Schritt geht in der Region das erstellte Pflegekonzept nun in die Umsetzung, um Artenvielfalt auf kommunalen Flächen zu fördern. Eine Begehung in Waging a. See, geführt vom zuständigen Bauhofmitarbeiter, der die angelegten Flächen nach bestem Wissen pflegt, folgte den theoretischen Ausführungen.

Als gelungener Abschluss der Exkursion besuchte die Reisegruppe in Schnaitsee eine handwerkliche Brauerei, die von sechs befreundeten Privatpersonen aus dem „Dornröschenschlaf“ erweckt wurde. Das denkmalgeschützte Gebäude wird Zug um Zug in den kommenden Jahren saniert. Dann begab man sich mit reichlich Eindrücken und Ideen „im Rucksack“ auf die Heimreise ins Passsauer Oberland.

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