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Sonntag, April 28, 2024

Neue Corona-Regeln: „Wirtschaft braucht ehrliche Perspektive“

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IHK kritisiert mangelnde Weitsicht und Unklarheiten bei Hilfsprogrammen

Die regionale Wirtschaft lässt nicht viel Gutes an den neuen bayerischen Corona-Regeln: „Wirtschaft lässt sich nicht wie ein Lichtschalter an- und ausknipsen. Die Unternehmen brauchen mehr Planungssicherheit und eine ehrliche Perspektive. Ein Luftschnappen über die Weihnachtsfeiertage bringt da wenig. Die Fragezeichen bei den Betrieben werden immer mehr und die Frustrationsgrenze sinkt deutlich, das merken wir jeden Tag in der Beratung der Unternehmen“, sagt Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern. Zudem zeigt Schreiner zufolge eine kürzlich durchgeführte Umfrage der IHK unter den niederbayerischen Betrieben, dass die Krise in vielen Unternehmen mittlerweile stark an die Substanz geht: 58 Prozent rechnen durch den neuerlichen Lockdown mit weiteren Umsatzeinbrüchen.

Dass der Politik immer gänzlich klar ist, welche Wirkung ihre Entscheidungen auf die einzelnen Betriebe haben, zieht der IHK-Hauptgeschäftsführer in Zweifel. Es werde immer betont, dass es im Gegenzug zu einschneidenden Beschränkungen schnelle und unbürokratische Hilfen gebe. Die Realität sehe anders aus, verdeutlicht Schreiner. Von der Ankündigung der Hilfsmittel bis zur Umsetzung und Auszahlung vergehe zu viel Zeit. Der Weg dahin sei unübersichtlich, dazu höchst bürokratisch und kompliziert. Viele Betriebe fallen auch durchs Raster: „Wenn ein regionaler Textildienstleister, ein Lebensmittelgroßhändler oder eine Brauerei mit Betrieben aus Hotellerie und Gastronomie vor Ort zusammenarbeitet, dann trifft sie der Lockdown ganz genauso. Um in den Genuss etwa der Novemberhilfe zu kommen, muss ein solches Unternehmen allerdings nachweisen, dass es regelmäßig mindestens 80 Prozent seines Umsatzes mit direkt vom Lockdown erfassten Betrieben macht – das ist eine zu hohe Hürde und bedeutet jede Menge Bürokratieaufwand“, beklagt Schreiner. Auch die Besonderheiten von Solo-Selbständigen werden in den Programmen nicht ausreichend berücksichtigt. Solche Unternehmensexistenzen seien aber gerade in der besonders betroffenen Kultur- und Freizeitwirtschaft häufig anzutreffen. In weiten Teilen komplett außen vor bleibe bei den Hilfen schließlich der Handel, denn die Geschäfte dürfen ja grundsätzlich öffnen. „Der verlängerte Lockdown und die neuen Verschärfungen, wie etwa die Einschränkungen der Kundenzahl, treffen den Handel jedoch ganz konkret. Der Handel als eine mit Gastronomie und Dienstleistungen eng verwobene Branche wird weiter geschwächt und die Konsumlaune der Verbraucher ist ohnehin auf einem Tiefstand. Innenstädte und Ortskerne verlieren an Attraktivität und das extrem wichtige Weihnachtsgeschäft steht noch mehr in Frage“, warnt Schreiner.

Statt komplizierter Regelungen und aufwändiger Verfahren zur Unterstützung der Betriebe schlägt Schreiner den Weg übers Steuerrecht als Ergänzung zu den bestehenden Programmen vor: „Überbrückungshilfe I bis III, Novemberhilfe, Dezemberhilfe und was sonst noch kommen wird – diese Hilfsprogramme sind gut gemeint und auch notwendig. Unternehmer wie Verwaltung verlieren aber langsam den Überblick, zumal diese Unterstützungsleistungen oft untereinander verrechnet werden. Die Vielzahl an Programmen droht bald schon nicht mehr administrierbar zu sein, als Flaschenhals erweisen sich beispielsweise die nicht ausgegorenen IT-Plattformen. Mit Maßnahmen im Unternehmenssteuerrecht könnten sich die krisengebeutelten Unternehmen hingegen branchenübergreifend, schnell und einfach Liquidität verschaffen.“ Als wichtigste Maßnahme nennt Schreiner die Möglichkeit, Corona-Verluste mit den Gewinnen der guten Vorjahre zu verrechnen und daraus eine Steuererstattung zu erhalten: „Dieses Instrument muss auf mehrere Vorjahre erweitert und im Volumen erhöht werden. Auch Stundungen in der Steuerlast oder geringere Vorauszahlungen helfen den Unternehmen, entsprechende Sonderregelungen sollten daher über das Jahresende hinaus verlängert werden.“ Der Weg übers Steuerrecht sei dabei nicht nur effizient, sondern auch gerecht, findet der IHK-Hauptgeschäftsführer: „Alle Maßnahmen im Steuerrecht beziehen sich auf Geld, das die Unternehmen in guten Zeiten verdient und abgeführt haben.“

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