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Donnerstag, Mai 2, 2024

Wie Mosaiksteine miteinander Zukunftsprobleme bewältigen

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Vom Amthof bis zur Genussregion: Bezirkstagspräsident Heinrich im Gespräch mit Bürgermeister und Geschäftsleiter

Kirchberg im Wald. Die Kommunen stehen vor großen Herausforderungen, die sie nur gemeinsam bewältigen können. Dies war das Fazit eines Gesprächs zwischen Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Bürgermeister Robert Muhr und Geschäftsleiter Helmut Huber in Kirchberg im Wald.

Neben den Investitionen in Wasserleitungen sowie der Sanierung des Hochbehälters, steht der Gemeinde Kirchberg im Wald ein weiteres Großprojekt an: Die Wiederbelebung des historischen Amthof, zu der es im September eine Ideenwerkstatt mit großer Beteiligung der Bevölkerung gab. 500 Ideen sind entstanden, was mit dem zentralen Gebäude in der Ortsmitte geschehen soll. Das Konzept, das daraus erarbeitet wurde, sieht eine kombinierte Nutzung mit Gaststätte samt Biergarten, Vereinsräumen und einem großen Veranstaltungssaal als Anbau im Hinterhof vor.

„Die bautechnische Untersuchung des Landesamts für Denkmalpflege läuft gerade, danach können wir die Machbarkeitsstudie ausschreiben“, informierte der Bürgermeister. Bis zur Fertigstellung ist bereits eine Zwischennutzung der Gasträume für örtliche Vereine oder private Feiern möglich, die Gemeinde kümmert sich dabei federführend um die Organisation und wird bei Bedarf vom örtlichen Trachtenverein unterstützt. Als größte Herausforderung wurde in der Runde die Suche nach einem geeigneten Pächter ausgemacht. „Ohne Übernachtungsmöglichkeiten anbieten zu können, wird es nicht leicht sein, ein Wirtshaus wirtschaftlich zu betreiben“, gab Olaf Heinrich zu bedenken. Positiv hingegen sei es für einen Pächter, wenn den ganzen Tag über das Gebäude wie geplant von den verschiedenen Gruppen der Gemeinde genutzt wird und auch, dass die Bevölkerung noch eine große emotionale Verbindung zum Wirtshaus hat, weil es bis 2010 betrieben wurde. Glück hatte man in Kirchberg zudem, dass man Unterstützung über die Städtebauförderung bekomme. „Wären wir beim Amt für Ländliche Entwicklung, würde sich hier die nächsten Jahre sicher nichts tun“, ist der Geschäftsleiter Helmut Huber überzeugt.

Einen neuen Mittelpunkt im Ort zu schaffen, sei als identitätsstiftender Standortfaktor für die Zukunft ganz wesentlich, meinte Heinrich. „Gerade auch, wenn damit das Kulturangebot gestärkt wird. Noch nie war das Interesse an Angeboten vor Ort so hoch wie jetzt während der Corona-Zeit.“

Bürgermeister und Geschäftsleiter wussten auch zu berichten, dass das Interesse an Wohnungen und Bauplätzen stetig steige. Im Ort selbst sind in jüngster Zeit viele Wohnungen entstanden, die bereits vermietet wurden. „35 Bauparzellen haben wir letztes Jahr verkauft, 20 neue, die gerade entstehen, sind auch schon vergeben“, so Robert Muhr. Dementsprechend müsse die Gemeinde aber auch in weitere Kindergartenplätze investieren. „Wir brauchen zwei neue Gruppenräume.“ In Sachen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 war sich die Runde ebenso einig, dass vor allem die Gewinnung von pädagogischen Fachkräften das Hauptproblem sein werde. „Wir schaffen uns den Bedarf selber“, kritisierte der Bürgermeister, der sich nicht wundert, dass das Anspruchsdenken der Bevölkerung zunehmend steige. „Diese Vollversorgungsmentalität wurde von der Politik erzeugt.“ Die Frage, wer diese Ansprüche in einer alternden Gesellschaft langfristig bezahlen soll, bleibe aber offen. „Zumal ab 2025 doppelt so viele Menschen in den Ruhestand gehen, als auf dem Arbeitsmarkt hinzukommen“, zitierte Heinrich aus einem Empfang des Finanzministeriums und fügte hinzu: „Wir haben heute schon einen Fachkräftemangel, erhöhen aber parallel die Ansprüche – es ist ein Naturgesetz, dass das nicht langfristig gutgehen kann.“

Umso wichtiger ist es aus Sicht des Bezirkstagspräsidenten, durch Innenentwicklung und die Schaffung von Treffpunkten samt Kulturangebot ein attraktives Gesamtangebot zu machen, um im Wettlauf um junge Menschen mithalten zu können. Und gerade bei diesem Gesamtangebot ist es aus Sicht von Bürgermeister Muhr wichtig, auch gemeindeübergreifend zu denken. „Es kann nicht jede Kommune alles vorhalten. Es braucht eine kluge Vernetzung, um uns sinnvoll zu ergänzen und in Summe als Region erfolgreich zu sein.“ Zum Glück gehöre das frühere Kirchturmdenken schon jetzt der Vergangenheit an und er nehme die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Landkreis als sehr kollegial wahr. „Jeder gönnt dem anderen, was er hat. Es herrscht ein großes Interesse am Miteinander.“ Und dank der Außencampi der Hochschule Deggendorf sowie der ein oder anderen Behördenverlagerung werde dieser Trend noch verstärkt.

„Jede Kommune ist wie ein Mosaikstein – man kann zusammenarbeiten und trotzdem die eigenen Stärken herausstellen“, so Heinrich, der dabei vor allem das Engagement der ILE Grüner Dreiberg (Bischofsmais, Kirchberg, Kirchdorf, Rinchnach) in der Genussregion Niederbayern lobte. „Ihr seid da wirklich Vorreiter in Niederbayern, und es freut mich, dass wir mit der Initiative der Genussregion dies auch auf Bezirksebene unterstützen können.“

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