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Freitag, April 26, 2024

„Spiegel der Glasregion Bayern-Böhmen“

Lesestoff

Eine besondere Glasausstellung beginnt am 10. August 2022

(von Marita Haller)

Zwiesel. Am Mittwoch, 10. August 2022 lädt die Stadt Zwiesel um 18 Uhr alle Interessierten herzlich zur musikalisch umrahmten Eröffnung einer besonderen Glasausstellung mit dem Titel „Spiegel der Glasregion Bayern-Böhmen“ ins Kulturzentrum Waldmuseum ein.

2022 ist ein besonderes Jahr: Die Vereinten Nationen haben das Internationale Jahr des Glases ausgerufen. Vor 150 Jahren gründete zudem der Zwieseler Anton Müller die Glashütte Annathal, die heute in der Zwiesel Kristallglas AG weiterlebt. Gleichzeitig feiert der Gläserne Winkel e.V. sein 25jähriges Jubiläum, genau wie die Glasstraße.

Die Zukunft der Glasstadt und der Region ist unbestritten das Glas. Vor 600 Jahren wurde in Zwiesel erstmals Glas hergestellt. Glasindustrie, Glashandwerk und Glaskunst prägten und prägen unsere Gegend, der Spannungsbogen liegt zwischen Tradition und Innovation. Zukunftsweisend ist auch die Tatsache, dass die Stadt Zwiesel mit den beiden Kuratorinnen Selina Härtl und Ramona Pauli dem Glasnachwuchs die Chance gegeben hat, sich zu beweisen. Vor wenigen Tagen erst erhielten sie ihr Abschlusszeugnis von der Glasfachschule Zwiesel und haben mit der Organisation der Glasausstellung gleich eine große Aufgabe angepackt. Sie sind jedoch hoch motiviert und zuversichtlich, dass sie diese Herausforderung zum Wohle der Glasregion sehr gut meistern werden. Ihr Motto ist: „Glas lebt und bringt Licht in unser Leben“.

Ziel der Sonderschau ist es, die Wertigkeit, die Vielfalt und die Möglichkeiten des Werkstoffes Glas in der Region zu verdeutlichen und zwar aufbauend auf dem Konzept „Glasregion Bayern-Böhmen“, welches die Glasfachschule 2020 vorstellte. Damals hieß es unter anderem: „Wir hoffen, eine große gemeinsame Präsentation der Akteure der Europaregion im weitläufigen Gebiet der Glasstraße auf bayerischer und böhmischer Seite auf den Weg zu bringen.“ Mit der jetzigen Sonderschau kommt man diesem, für die Region sehr wichtigen Ziel ein großes Stück näher.

Im Großen Ausstellungssaal wird eine Auswahl renommierter Betriebe und Akteure aus Bayern und Böhmen ihre Produkte präsentieren: Erstmals im Zwieseler Winkel zu sehen sind luxuriöse Glasobjekte der Glasmanufaktur Moser aus Karlsbad/Karlovy Vary und Produkte der böhmischen Glashütte Sklárna Liběnka. Einen repräsentativen Querschnitt aus ihrer reichen Produktpalette zeigen die Manufakturen Eisch und Theresienthal, die Firmen Zwiesel Glas, Von Poschinger Glass Projects, Joska und Weinfurtner. Daneben präsentiert Irlbacher Blickpunkt Glas aus Schönsee HighTech-Produkte, während durch die Glasfachschule Zwiesel das Segment der Aus- und Weiterbildung abgebildet wird. Der Gläserne Winkel e.V. steht in seinem Jubiläumsjahr stellvertretend für Glasgestaltung und Kunsthandwerk der Region und gibt auch seinem engagierten Glasnachwuchs die Möglichkeit, sich vorzustellen.

Eine Besonderheit wartet auch im Kleinen Saal auf die Besucher. Hier ist der künstlerische Gegenpol zum betrieblichen Ausstellungscharakter im Großen Saal, denn es werden Preisträger des Coburger Glaspreises und des Dannerpreises der vergangenen Jahre gezeigt. Hauptakteure sind die Künstler Erwin Eisch, Franz Xaver Höller und Bernhard Schagemann – daneben sind Werke von Lada Semecká und René Roubíček zu sehen. Während der Coburger Glaspreis der wichtigste Wettbewerb für zeitgenössische Kunst aus Glas in Europa ist, würdigt der Danner-Preis hochkarätigstes Kunsthandwerk. Beide Preise werden nur alle paar Jahre vergeben und stellen für die Glaswelt immer ein besonderes Ereignis dar. Arbeiten der Preisträger nun in einer Ausstellung zu vereinen, wird diesem besonderen Jahr des Glases gerecht.

Die Eröffnung der Ausstellung „Spiegel der Glasregion Bayern-Böhmen“ findet, wie bereits erwähnt, am Mittwoch, den 10. August 2022 um 18 Uhr statt. Für die Glasstadt sprechen die 2. Bürgermeisterin Elisabeth Pfeffer und Kulturreferentin Dr. Elisabeth Zettner Grußworte.

Die Glasausstellung „Spiegel der Glasregion Bayern-Böhmen“ kann vom 10. August 2022 bis 14. Oktober 2022 zu den üblichen Öffnungszeiten im Kulturzentrum Waldmuseum besichtigt werden. www.waldmuseum.zwiesel.de.


Es bildet sich gerade eine neue, kreative Glasgeneration, deren Weg sich lohnt mitzugehen

(Interview)

Ihr kommt beide aus dem Großraum München und habt Euch als Beruf die Arbeit mit Glas ausgesucht. Was war der Anstoß dafür?

Selina: wir waren zeitlich versetzt beide auf der Fachoberschule (FOS) für Gestaltung in München und haben dort auch unser Abitur gemacht. Dabei war im ersten Jahr ein halbjähriges Praktikum vorgesehen, welches wir bei der bayerischen Hofglasmalerei Gustav van Treeck in München absolvierten. Dieses Praktikum hat mir einen sehr guten Einblick in die Arbeit mit Glas und die Vielfalt des Materials gegeben und meine Begeisterung für den Werkstoff geweckt. Deshalb habe ich mich für eine betriebliche Ausbildung zur Glasveredelerin mit Schwerpunkt Glasmalerei und Kunstverglasung bei Gustav van Treeck entschieden.

Ramona: Auch ich habe mich in den Werkstätten von Gustav van Treeck von der Arbeit mit Glas begeistern lassen, deshalb habe ich dort auch meine Ausbildung begonnen. So lernten Selina und ich uns kennen. Das Arbeitsfeld war sehr abwechslungsreich. Ich erfuhr zum Beispiel viel über Glasmalerei, Floatglasmalerei und Schmelztechnik, lernte, welche Arbeiten bei Glas- und Mosaikrestaurierungen sowie Rekonstruktionen anfallen. Das breite Feld Kunst in der Architektur zu schaffen und zu erhalten begeistert und inspiriert mich ebenfalls.

Selina: In den Werkstätten von Gustav van Treeck fielen wir beide durch sehr gute Leistungen auf. Somit hatten wir zum Beispiel auch die Chance, bei der malerischen Umsetzung für die Fenster der Abtei Tholey (Saarland) nach dem Entwurf von Gerhard Richter maßgeblich mitzuwirken. Als Ramona und ich uns kennenlernten und feststellten, dass wir gemeinsam sehr viel Spaß an der Arbeit haben und uns gut verstehen, entschlossen wir uns, den Weg in Richtung Glas gemeinsam weiterzugehen.

Ramona: Zur betrieblichen Ausbildung gehörte natürlich auch der Blockunterricht. Dazu wurden wir über die Handwerkskammer (HWK) München bei der Berufsschule Zwiesel angemeldet. So sind wir das erste Mal nach Zwiesel und zur Glasfachschule gekommen. Wegen unserer guten Leistungen konnten wir die Berufsausbildung auf 2 ½ Jahre abkürzen und sofort unsere Weiterbildung zu staatlich geprüften Produktdesignerinnen Glas an der Glasfachschule als Quereinsteiger beginnen. Die Zeit verlief wie im Flug. Vor wenigen Tagen haben wir unsere Abschlusszeugnisse erhalten.

Ihr habt im Kulturzentrum Waldmuseum in Zwiesel die große Internationale Glasausstellung 2022 organisiert und aufgebaut. Wie kamt Ihr zu diesem Job?

Selina: Iris Haschek, die stellvertretende Schulleiterin der Glasfachschule, hat uns nach der Prüfung gefragt, ob wir das machen möchten. Da wir vor wenigen Monaten schon bei der Projektarbeit „Ein gläsernes Stadtzentrum für die Glasstadt Zwiesel“ im „Sta(n)d(t)punkt“ beteiligt waren, sahen wir diese neue bayerisch-böhmische Glasausstellung mit namhaften Herstellern als neue spannende Herausforderung.

Was wird den Besuchern bei dieser Glasausstellung geboten?

Selina: Sie zeigt vor allem, dass der Bayerische Wald und der Böhmerwald eine einzige große Glasregion ist, mit einer vielfältigen und spannenden Glaslandschaft. Dafür stellt das Kulturzentrum Waldmuseum sein oberstes Stockwerk mit zwei sehr schönen Räumen zur Verfügung. Neben den Präsentationsflächen der namhaften Betriebe finden auch individuelle Künstler ihren Platz. Im kleineren Saal werden Kunstobjekte einheimischer Glaskoryphäen präsentiert.

Ramona: Der kleinere Saal ist sozusagen der künstlerische Gegenpol zum betrieblichen Ausstellungscharakter im großen Saal. Auch Franz Xaver Höller beteiligt sich maßgeblich an der Ausstellung. Außerdem ist es uns gelungen, dass wir eine tolle Auswahl an Objekten von dem verstorbenen Künstler Erwin Eisch zeigen können.

Und wie sind Eure Ambitionen für die Zukunft?

Ramona: Ich will auf jeden Fall im Glas bleiben und handwerklich und künstlerisch arbeiten. Das Material Glas fasziniert mich. Ich möchte auch in der Region bleiben, weil es mir hier sehr gut gefällt – der Wald, die Natürlichkeit der Menschen und vieles mehr. Ich habe mich hier sehr gut eingelebt. Ich möchte auf alle Fälle im Design bleiben, denn Manufakturarbeit und Einzelanfertigung auf Anfrage sind eine sehr interessante Angelegenheit. Die in Zwiesel geplante Gründerwerkstatt wäre für mich also einfach ideal. Da könnte ich mich weiterentwickeln, mich ausprobieren und hätte dabei eine sichergestellte Unterstützung.

Selina Härtl (links) und Ramona Pauli (Foto: Marita Haller)

Selina: Auch ich konnte mir an der Glasfachschule viele weitere Fähigkeiten und Techniken in der Glasveredelung aneignen. Besonders reizt mich der ganzheitliche Prozess, vom Entwurf, bis hin zum fertigen Produkt. Gerade auch das Design hat mich sehr begeistert, weshalb ich auch in Zukunft weiterhin gestaltend tätig sein will. Ich könnte mir ebenfalls gut vorstellen, ein Mitglied der Gründerwerkstatt Zwiesel zu sein. Das Wichtigste für mich ist, dass mir meine Arbeit Spaß macht und ich die Möglichkeit habe, mich weiterzuentwickeln.

Würdet Ihr jungen Leuten raten, ebenfalls beruflich in Richtung Glas zu gehen?

Ramona: Es ist gerade eine spannende Zeit: ich kenne einige junge Leute, welche die Faszination an dem Werkstoff Glas teilen. Ich konnte einige an der Glasfachschule Zwiesel kennenlernen. Man bekommt an der Schule viele interessante Impulse, sei es technisch oder kunsthandwerklich. Das ist eine ideale Grundlage für die Bildung einer neuen, kreativen Glasgeneration, deren Weg sich lohnt mitzugehen. Glas ist ein Material, das in vielen Bereichen das Leben aufwertet – Licht in sein Leben bringt – vor allem, wenn man selbst an dem Werkstoff arbeitet.

Selina: Da bin ich der gleichen Meinung. Wer sich für die Materie Glas begeistern lässt und sich reinhängt, findet seinen Weg, sei es in einer Firma oder als Künstler. Keiner sollte sich von den düsteren Berichten über einen möglichen Gasmangel usw. abschrecken lassen. Solange man engagiert und mutig ist, findet man seinen richtigen Platz.  

(Das Interview führte Marita Haller)

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