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Sonntag, Mai 5, 2024

Lockdown und kein Ende: „Wir steuern auf eine Pleitewelle zu“

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IHK: Aktuelle Beschlüsse lassen Plan und Strategie vermissen

Die Ergebnisse der Bund-Länder-Beratungen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise lassen die regionale Wirtschaft ebenso ratlos wie verzweifelt zurück: „Sich von einer Lockdown-Verlängerung zur nächsten zu hangeln, reicht als Antwort auf die Krise nicht mehr aus. Die Politik widmet sich intensiv den Schulen oder den Frisören. Sie verweigert aber, sich mit der Wirtschaft in ihrer ganzen Breite zu beschäftigen. Die vielen betroffenen Betriebe – und es werden jeden Tag mehr – vermissen Wertschätzung und Anerkennung ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Sie verlangen eine Perspektive und eine nachhaltige Strategie. Die vorliegenden Beschlüsse bieten nichts davon. Wir steuern nun sehenden Auges auf eine Pleitewelle in Branchen wie Handel, Gastronomie und Beherbergung, Freizeit-, Messe- oder Kulturwirtschaft zu. Die stillen Geschäftsaufgaben im Verborgenen haben ohnehin längst begonnen“, warnt Thomas Leebmann, Präsident der IHK Niederbayern. Der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage zufolge kämpft bereits jedes vierte Unternehmen in Niederbayern mit Liquiditätsengpässen. Diese Einschätzung der Betriebe, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner, habe sich durch die aktuelle Entscheidung noch deutlich weiter verschlechtert: „Die erneute Lockdown-Verlängerung ist für diese Betriebe ein Nackenschlag, der für große Teile der Wirtschaft unserer Region existenzgefährdend wird. Die Kollateralschäden greifen um sich, noch gesunde Branchen und Unternehmen werden in die Krise hineingezogen.“ Dass erste Öffnungsschritte ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 angekündigt wurden, lässt Schreiner dabei nicht als Lösungsansatz gelten. „Bis vor Kurzem galt ein Wert von 50 als die magische Grenze. Noch im Herbst 2020 löste ein Überschreiten der 100er-Schwelle beispielsweise keine Schließungen in der Gastronomie aus, sondern lediglich eine vorgezogene Sperrstunde. Jetzt soll bei 35 überhaupt erst das Nachdenken über die nächsten Schritte beginnen. Dass die Grenzwerte je nach Bedarf immer wieder neu definiert und bei sinkenden Infektionszahlen einfach nach unten gedrückt werden, belegt die Planlosigkeit der Politik. Ein Unternehmen kann so nicht arbeiten, denn Einkauf, Personalplanung, Logistik, Marketing und vieles mehr müssen langfristig festgelegt werden“, kritisiert Schreiner.

Dass in dieser Situation die angekündigten Hilfsprogramme oft zu spät kommen und zudem im Volumen nicht ausreichen, ist aus Sicht des IHK-Hauptgeschäftsführers eine weitere enorme Belastung für die krisengeschüttelte Wirtschaft. Er verdeutlicht das am Beispiel der niederbayerischen Handelsbetriebe, die seit Mitte Dezember vergangenen Jahres im Lockdown verharren: „Mit der Überbrückungshilfe III erhalten die meisten Handelsbetriebe erstmals überhaupt eine Chance auf finanzielle Unterstützung. Die Überbrückungshilfe kann jetzt seit wenigen Tagen immerhin beantragt werden. Aber auch wenn die Zahlungen dann endlich auf den Konten der Handelsbetriebe ankommen, decken sie doch nur einen Teil der Fixkosten ab. Die Händler haben also keine Einnahmen, aber weiter laufenden Kosten – wovon sollen sie leben?“, frägt Schreiner. Er verweist zudem auf Rückmeldungen aus niederbayerischen Betriebe unterschiedlicher Branchen, die ihm vorliegen: „Diese Unternehmer wollen arbeiten, sie wollen ihr Lebenswerk erhalten, ihren Mitarbeiter eine Perspektive bieten. Sie haben es satt, ständig vertröstet zu werden und am Tropf der Hilfen zu hängen.“

IHK-Präsident Leebmann beharrt daher auf den Forderungen der Wirtschaft in der Krise: „Das Geld aus den Hilfsprogrammen muss schneller auf den Konten der Betriebe ankommen, dazu muss es sofortige und hohe Abschlagszahlungen geben. Mit weiteren Schritten im Steuerrecht muss die Liquidität der Betriebe gestützt werden, als erste Maßnahme ist hier eine Ausweitung des Verlustrücktrags auf zwei bis drei Jahre in der Vergangenheit wichtig. Alles entscheidend ist aber letztlich, der Wirtschaft endlich eine nachvollziehbare und tragfähige Öffnungsstrategie zu geben. Denn die Zeit für die Betriebe läuft ab.“

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