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Samstag, Mai 18, 2024

Erlesene Stadt

Lesestoff

Nachlese auf Kollektiv-Lesen. Bei der 1. Passauer Literaturnacht

(von Tobias Schmidt)

Die Passauer Kunstnacht wird heuer 20, die dritte Nacht der Musik geht Anfang Juni über die Bühnen der Stadt, ja, und am vergangenen Freitag kam nun also auch die regionale Wortkultur zu Ihrem Recht einer stadtspaziergangtauglichen Soirée!

Bei der ersten Passauer Literaturnacht am 17. Mai gab es an elf verschiedenen Stationen Buchmenschen und Buchorte in bisweilen neuer Perspektive zu entdecken. Hintersinnig volksnah war die Lesung der Passauer Dreiflüsseschreiber im Kulturmodell, nebenan im Café Museum Kollektivgrantln mit den Thomas Bernhard-Freunden, und gleich gegenüber in Aula der Gisela-Schulen veranstalteten die Freunde der Nibelungenstadt einen Lesemarathon zum ja vermutlich im spätmittelalterlichen Hochstift Passau verfassten Nibelungenlied (momentan auch gut als Proöm zum dieser Tage in der Dreiländerhalle gegebenen Wagner’schen Rheingold brauchbar).

Im unlängst wieder eröffneten Lesesaal der Staatlichen Bibliothek las Barbara Dorsch Verse von Ottfried Fischer, die er kommentierte. Vor vollem Haus wurden beide gesanglich von Stefan Metzger unterstützt. Gut besucht waren auch der Poetry Slam im Jugendzentrum Zeughaus, die literarischen Stadtspaziergänge des Passauer Literaturkreises und die Biografielesung der Passauer Soroptimistinnen mit der afghanischen Künstlerin und Dr. Mahbuba Maqsoodi und ihrer Co-Autorin Hanna Diederichs in der Heilig-Geist-Kirche.

Die Autoren des Passauer Pegasus lasen im Theaterkeller des Gymnasiums Leopoldinum eigene Texte. Hier Karl Krieg (r.), onomatopoetisch am Saxophon begleitet von Bertl Wenzl (Foto: Schmidt)

Schwer nachgefragt waren auch die stündlich in kleinem Kreis angebotenen Einblicke in die schriftstellerische Werkzeugkiste von Dagmar Isabell Schmidbauer, Autorin von fünf Passau-Krimis, in der Wunderkammer der Staatlichen Bibliothek. Gleich ums Eck im Gymnasium Leopoldinum boten der Passauer Pegasus und die Athanor Akademie für Darstellende Kunst jeweils szenische Lesungen. Die Buchhandlung Pustet bot eine Übernachtungsaktion an: stöbern und schmökern bis zum nächsten Morgen auf oder unter selbst mitgebrachter Decke – ohne, dass Mama wie früher anmahnt, endlich das Licht zu löschen. Wunderschön auch der Beitrag des Antiquariats Heiner Henke am Domplatz. Auf zwischen Bücherregalen gespannten Leinen waren Seiten aus den bibliophilen Heften der nun 38 Jahre bestehenden Edition Toni Pongratz aus Hauzenberg aufgereiht. Von Versen der Literaturnobelpreisträger Jaroslav Seifert und Heinrich Böll mitsamt Hinweisen des letzteren auf Rechtschreibfehler, editorische Anmerkungen von einer etwas genervten Sarah Kirsch, bis hin zu Janosch, der Pongratz berichtet, wie sehr ihm die von dem nahe Passau lebenden Reiner Kunze besorgten Übersetzungen des mährischen Dichters Jan Skácel (übrigens definitiv eine Lektüre wert-Anm. d. Redaktion!) gefallen. Oder über die theologische Weisheit von Katzen…  …wunderbare, bewundernde und schmunzeln machende Zeilen an einen Krankenpfleger, der „im Nebenjob“ Literatur verlegt.

Literarische Miszellen solo und im Duo gelesen und gesungen von Barbara Dorsch und Ottfried Fischer bekam das Publikum in der Staatlichen Bibliothek zu Gehör (Foto: Schmidt)

Ja, es macht Freude, sich Stadt und Region zu erlesen. Übrigens auch abseits von Literaturnächten. Drum: Schnappen Sie sich ein Buch!   

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