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Montag, April 29, 2024

Die Gemeinde muss sich wieder mehr verschulden

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Bürgermeister Vogl informierte bei der Bürgerversammlung – Zahlreiche Anliegen der Bürger – 53 Besucher

Grainet. Mit 53 Zuhörern wurden bei der diesjährigen Bürgerversammlung im Gasthaus Paster deutlich mehr Besucher, darunter eine große Anzahl von Gemeinderäten, als in den Vorjahren gezählt. Und auch die Zahl der Anfragen und Anliegen lag höher als gewohnt.

In einem dreiviertelstündigen Referat stellte Bürgermeister Kaspar Vogl die aktuelle gemeindliche Situation dar – die im Bezug auf den Haushalt eine besondere sei: „Das vorhandene Geld deckt sich nicht mit dem, was man eigentlich bräuchte.“ Mehrere Faktoren spielten zusammen: Einerseits seien einige größere Investitionen erforderlich gewesen, auf der anderen Seite seien Einnahmen nicht in der Höhe geflossen wie in den Vorjahren.

Als Beispiele nannte Vogl auf der Ausgabenseite den Umbau des Graineter Hofes zum Bürger- und Gemeindezentrum, diverse Straßenbaumaßnahmen und Ersatzbeschaffungen bei den Feuerwehren.

Bei den Einnahmen sank wegen der guten Steuerkraft die staatliche Schlüsselzuweisung von 1 662 000 Euro in 2016 auf heuer 850 000 Euro. Gleichzeitig erhöhte sich die Kreisumlage von 840 000 Euro auf über eine Million. Zusätzlich brechen die Gewerbesteuereinnahmen drastisch ein: Von 600 000 Euro im letzten Jahr auf geschätzte 325 000 Euro.

Die Gemeinde kam deshalb nicht mehr umhin, einen Kredit in Höhe von 890 000 Euro aufzunehmen – wobei derzeit der Zinsmarkt immer noch sehr günstig sei, wie der Bürgermeister anmerkte. Die Verschuldung stieg deshalb von 1,2 auf 1,8 Millionen Euro. Der bisherige strenge Sparkurs habe sich aber auf alle Fälle gelohnt: Betrug die zu leistende Zinsbelastung schon einmal 170 000 Euro, so liege sie derzeit noch bei 30 000 Euro.

– Die Bevölkerungsentwicklung in der Gemeinde: Die Einwohnerzahl pendelt um 2430. Heuer gab es bisher 24 Geburten und neunzehn Sterbefälle. Ständig stelle sich, so Kaspar Vogl, die Frage: Was kann die Gemeinde tun, damit sich die Bevölkerung stabilisiert? Hier gelte es, entsprechende Rahmenbedingungen vor allem auch für Familien zu schaffen, damit sie hier bleiben können. Dazu gehöre das Optimieren der Infrastruktur mit gut ausgestattetem Kindergarten und Schulwesen.

Anfragen und Anträge aus der Zuhörerschaft kamen unter anderem von Max Fesl (Foto: Duschl)

– Schule: Die Grundschule Grainet mit vier Klassen gehört zum Schulverband Hinterschmiding-Grainet. Derzeit werden Räume des alten Rathauses, das unmittelbar an das Schulgebäude angrenzt, zur künftigen Nutzung durch die Schule umgebaut: Unter anderem für die Nachmittagsbetreuung der Schüler und für die gemeindliche Bücherei.

– Breitbandversorgung: „Beim Ausbau mit Glasfaser für schnelles Internet sind wir auf einem sehr guten Weg“, betonte Vogl. So seien die ersten drei Stufen des Ausbaus schon abgewickelt, und immer noch stehe aus staatlicher Förderung Geld zur Verfügung, dessen Verwendungsmöglichkeit für weitere Ausbauten man derzeit prüfe.

– Straßen– und Winterdienst: Rückmeldungen, auch von auswärtigen Personen, über den Winterdienst in der Gemeinde seien ausgesprochen positiv, so der Bürgermeister. Mit dem Ankauf eines leistungsstarken Unimogs für 190 000 Euro habe man im Bauhof kräftig investiert.

– Feuerwehrwesen: Auch hier wurden enorme Finanzmittel aufgewendet: Die Graineter Wehr erhielt ein neues HLF 20 für 330 000 Euro und ein Mehrzweckfahrzeug für 85 000 Euro. Für die Feuerwehr Rehberg ist bereits ein neues TSF beantragt. In Rehberg wurde außerdem ein Grundstück beim Schützenheim erworben, wo ein Spielplatz für die Dorfjugend entstehen soll. Zudem kann der Platz für Feste genutzt werden.

– Interkommunale Einrichtungen: In der „ARGE Dreisessel“ werden im Bereich Tourismus Werbung und Investitionen von mehreren Gemeinden gebündelt. Synergie-Effekte hofft man sich auch bei der ILE „Wolfsteiner Waldheimat“ zu erzielen.

– Straßenwesen: Vor wenigen Wochen wurde die Kreisstraße von Rehberg nach Fürholz grundlegend saniert. Auf Gemeindestraßen ging es um einige „Flickarbeiten“, unter anderem in Unterseilberg und Kronwinkel. Für das Gewerbegebiet „Am Bauhof II“ wurde eine Zufahrt gebaut, die aber erst noch fertig geteert werden muss.
Bürgermeister Vogl wollte zum Ende seiner Ausführungen auch um Verständnis dafür werben, dass nicht immer alle Wünsche der Bürger so erfüllt werden können wie gewünscht, wenn dem die Rechtsaufsicht oder Gesetzmäßigkeiten entgegenstünden: „Es ist leider nicht immer so einfach, wie es aus einem bestimmten Blickwinkel gesehen aussieht.“

Ein herzlicher Dank des Gemeindeoberhauptes galt allen Personen und Organisationen in der Gemeinde, die ehrenamtlich wertvolle Dienste leisten.

Nach einer Pause hatten die Bürger Gelegenheit, ihre Wünsche und Anliegen vorzubringen.

Deborah Liebl kritisierte namens mehrerer Firmen im neuen Gewerbegebiet „Am Bauhof II“ die zu geringe Straßenbereite von 4,5 Metern, die zu kleine Wendeplatte und die nicht zufriedenstellende Kommunikation zwischen Anliegern und Gemeinde.

Bürgermeister Vogl versuchte den Vorwurf der zu schmalen Zufahrt zum einen mit dem Hinweis auf andere Gemeindeverbindungsstraßen mit gleicher Breite zu entkräften. Zum anderen gelte es aber auch, mit Blick auf Naturschutz zu starke Versiegelung des Bodens zu vermeiden. Zur Wendeplatte merkte Vogl an, dass ja für größere Lastzüge die Möglichkeit bestehe, über das Bauhofgelände aus- bzw. einzufahren.

Karl Lenz sprach in einer ersten Wortmeldung die Leerstände in der Gemeinde an. Kaspar Vogl antwortete mit der Darstellung eines Dilemmas, in dem sich die Gemeinde befinde. Bauwillige wollten eben nicht vorhandene Baulücken füllen oder alte Gebäude sanieren, sondern neue Häuser in Baugebieten oder am Ortsrand bauen.

Anfragen und Anträge aus der Zuhörerschaft kamen unter anderem von Richard Weiß (Foto: Duschl)

Außerdem stößt Karl Lenz unangenehm auf, dass das Oberflächenwasser in den Abwasserkanal eingeleitet wird, der dann bei starkem Regen die Wassermengen nicht mehr aufnehmen kann. Bürgermeister Vogl verteidigte das vorhandene Mischsystem und gab zu bedenken, dass man nicht für jede Witterung vorsorgen könne.

Zum dritten äußerte Karl Lenz den Wunsch, dass die Bürgermeister die Arbeit der privaten dörflichen Wassergenossenschaften besser würdigen sollten. Außerdem gehe ihm der Aufschrei der Bürgermeister ab, wenn es um die „amtlich verordnete“ Schließung von Quellen und um überzogene Vorschriften gehe. Kaspar Vogl entgegnete, die Gemeinde unterstütze und akzeptiere die Genossenschaften sehr wohl. Und das Wasserrechtsverfahren für die Gemeinde laufe bereits seit fünf Jahren.

Der frühere Bürgermeister Max Fesl bemängelte die Zersiedelung im Graineter Kessel durch eine bandartige Bebauung – immer weiter von der Ortsmitte weg. Deshalb sollte, so Fesl, in Vorderfreundorf ein neues Baugebiet ausgewiesen werden, in dem Bauwerber ortsnah bauen können. Die schöne Landschaft sollte aber nicht weiter vermurkst werden. Bürgermeister Vogl verwies auf noch vorhandene Bauplätze in Vorderfreundorf und in Oberseilberg.

Gemeinderat Richard Weiß richtete an Bürgermeister Vogl ein Wort des Dankes: „Du hast uns bewiesen, dass man mit dir zusammenarbeiten kann.“ Der Ausbau der Kanalisationen sei, im Gegensatz zu mancher anderen Gemeinde, längst abgeschlossen, und mit „Erlwies“ gebe es ein neues attraktives Baugebiet.

Richard Weiß erkundigte sich auch nach der Möglichkeit, noch vorhandene Funklöcher für Handys zu schließen. Bürgermeister Vogl nannte als mögliche Standorte für die beiden noch fehlenden Masten die „Hochstraße“ südlich von Fürholz und die Ortsmitte von Vorderfreundorf.

Im Namen von Klaudia Stadler trug Weiß zudem den Vorschlag vor, einen Flohmarkt zu gründen, mit dessen Einnahmen soziale Einrichtungen innerhalb und außerhalb der Gemeinde unterstützt werden könnten. Bürgermeister Vogl zeigte sich nicht abgeneigt, verwies aber auch auf die gemeindliche Bürgerstiftung, die in diesem Jahr 1300 Euro an bedürftige Personen ausschütte.

Fritz Ilg wollte wissen, wie es mit dem angedachten Seniorenheim für Grainet ausschaut. Dazu weiß der Bürgermeister, dass der Interessent immer noch bereitsteht, die Grundstücksfrage aber noch immer offen ist.

(Titelbild: Bürgermeister Kaspar Vogl informierte bei der Bürgerversammlung im Gasthaus Paster über Aktuelles aus der Gemeindepolitik – Foto: Duschl)

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