Prof. Dr. Klaus Zierer zu Gast beim Passauer BNE-Team
Bodenmais / Passau. „Krieg, Corona, Klimawandel – die Welt ist aus den Fugen.“ So leitete Prof. Dr. Klaus Zierer, renommierter Erziehungswissenschaftler der Universität Augsburg seinen Vortrag bei der Klausurtagung des Passauer BNE-Teams ein. Der engste Kreis um die Leitung der Initiative „BNE macht Schule – Netzwerk Zukunft Passau“ kam drei Tage zusammen, um die Weichen für die nächsten Monate zu stellen. „Nach unzähligen Videokonferenzen und Sitzungen war das auch bitter nötig. Es war unter Pandemiebedingungen eine große Herausforderung, aus den 70 Personen des Netzwerks ein echtes Team zu bilden“, so Organisator Valentin Fuchs. Umso wertvoller war der direkte Austausch innerhalb der 14-köpfigen Gruppe auf der GutsAlm Harlachberg bei Bodenmais.
Einen ganzen Vormittag nahm sich Professor Zierer Zeit, um mit den Passauern zu diskutieren, sich auszutauschen und Impulse für das Projekt zur Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu geben. „Wodurch zeichnet sich die Lebenswelt heute aus?“, fragte er in Anlehnung an den Bildungstheoretiker Wolfgang Klafki, der den Begriff der Schlüsselprobleme geprägt hat. Ein zeitgemäßer Bildungsbegriff müsse sich immer auch mit den aktuellen Problemen wie der Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine beschäftigen. In unserer dynamischen und komplexen Welt muss sich der Fokus von Faktenwissen hin zu Orientierungswissen verschieben, so Zierer.
Kinder fit für die Zukunft machen
„Es geht darum, unsere Kinder fit für die Zukunft zu machen. Dazu muss sich Schule und Unterricht ganz grundlegend ändern. Weniger in Fächern denken, sondern mehr die Themen unserer Zeit aus verschiedenen Fächerperspektiven in den Blick nehmen“, fordert Michaela Würdinger-Gaidas, Fachberaterin für BNE. „Ich bin teilweise schockiert, wenn mir meine Kinder berichten, wie unterkomplex manche Themen im Unterricht behandelt werden“, stimmt Klaus Zierer zu. „Es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme.“
Digitalisierung kein Selbstzweck
Im Bildungsbereich werden derzeit gewaltige finanzielle Mittel für Digitalisierung ausgegeben. Dazu Werner Grabl, der Fachliche Leiter des Schulamts Passau: „Wir freuen uns, wenn unsere BNE-Arbeit im Kultusministerium als Leuchtturm in Bayern bezeichnet wird, andererseits bekommen wir aber noch nicht die Lehrerstunden zur Verfügung gestellt, die für die entsprechende Netzwerkarbeit bzw. für den Fortbildungsbereich notwendig wären – ganz im Gegensatz zur Digitalisierungsoffensive. Wir brauchen neben dem Digitalpakt längst einen Pakt für Nachhaltigkeit.“ Professor Zierer bekräftigt diese Kritik, indem er eine andere Schwerpunktsetzung fordert. Mit der Digitalisierung allein sei noch keine Verbesserung erreicht. Digitale Medien müssen bewusst und passgenau eingesetzt werden. „Wir brauchen keine digitale Schule, sondern eine humane Schule im Zeitalter der Digitalisierung. Nur wenn die Digitalisierung auf kluge Art und Weise eingesetzt wird, kann ein Fortschritt gelingen.“
Im Anschluss an den Vortrag ergab sich noch ein reger Austausch über das Passauer Modell einer Bildung für nachhaltigen Entwicklung, also einer Bildung, die eine nachhaltige Zukunft ins Zentrum rückt. Dabei steht für die Initiatoren des Passauer Projektes „BNE macht Schule“ fest , dass das BNE-Konzept in allen Phasen der Lehrerbildung einzubringen ist. Deshalb sind die Universität Passau, die Seminare in der II. Phase der Lehrerbildung und die Unterstützungssysteme für die konkrete Arbeit an den Schulen vor Ort im Rahmen der Schulentwicklung die wichtigsten Adressaten einer BNE, die gemäß dem Motto „Global denken – lokal handeln“, die jetzt notwendigen Transformationsprozesse vor Ort in Gang zu setzen und mit Kompetenzen wie Zukunft-Gestalten, vernetztes Denken, Reflexion, Handlungsorientierung und Partizipation schulartübergreifend zu verwirklichen.
Weitere Informationen zu „BNE macht Schule – Netzwerk Zukunft Passau“: https://bne-passau.de/
