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Samstag, Mai 11, 2024

Phantastische und skurrile Erzählbilder

Lesestoff

Grafische Arbeiten von Stephan Klenner-Otto und Fred Böhme in der Alfred Kubin Galerie

(von Tobias Schmidt)

Wernstein. Ein zwischen den Ästen einer Weide schwimmender Fisch? Ein mit Uhren angefüllter Stadtplatz? Wobei alle eine unterschiedliche Zeit anzeigen. Und diese Walküre vor schwarzer Sonne schaut irgendwie aus, als hätte sie etwas mächtig in Rage gebracht, so wie sie gen Himmel schimpft. Vielleicht ja das zentaurenartige Luftschiff mit dem Menschenkopf am Bug?

Doch, Moment einmal, ist das nicht das Porträt des Schriftstellers Jean Paul (1763-1825)? Und mithin wohl eine Anspielung auf Pauls der sinnentleerten deutschen Kleinstaatenwelt entfliehender Luftschiffer Giannozzo. Nahe Bayreuth, der einstigen Heimat des Sprachschöpfers und Satirikers Jean Paul lebt auch der Grafiker Stephan Klenner-Otto, der Urheber der hier umschriebenen Bilder. Er ist besonders für seine Arbeiten mit Bezug zur Literatur der Weimarer Klassik und der Romantik bekannt. Johann Wolfgang von Goethe, Richard Wagner oder E.T.A. Hoffmann sind hier zu nennen, aber ganz besonders Jean Paul hat es ihm angetan. „Illustrationen“ sind dies jedoch nicht immer, bei Stephan Klenner-Otto handelt es sich häufig um Werkparaphrasen. Mit versteckten Bezügen zu literarischen Schriften durchsetzte Phantasmen, welche geschickt die altmeisterliche Anmutung der Radierung nutzen. Oft kleinformatig, aber groß in der Wirkung.

Stephan Klenner-Otto “Völlig flugunfähiger Pegasus für Freizeit Literaten“, Farbradierung (Quelle: Klenner-Otto)

Die eingangs erwähnte Uhrenszenerie stammt hingegen von einer Tuschezeichnung Fred Böhmes. Und der Grafiker hat noch mehr skurrile Kompositionen in petto. Fred Böhme ist pädagogischer Mitarbeiter des Panorama-Museums im thüringischen Bad Frankenhausen. Es beherbergt ein Monumentalgemälde zum Deutschen Bauernkrieg des Malers Werner Tübke, einst neben Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer und natürlich Arno Rink ein Doyen der „Leipziger Schule“, und eng verbunden mit der dortigen Hochschule für Grafik und Buchkunst. Dies waren die akademischen Lehrer Fred Böhmes und figurative Malerei, karge, beinahe düstere Landschaften, existenzialistische Weltbefragung die sich zaghaft vor dem Erbe des Surrealismus verneigte waren die Kennzeichen der von ihnen geprägten Malschule. Seit den 1990er Jahren erfährt sie eine weltweit wahrgenommene Fortsetzung. Mit dem Erfolg von Künstlern wie Michael Triebel oder Neo Rauch, kam irgendwann die Bezeichnung „Neue Leipziger Schule“ in die Welt, über die sich jedoch selbst die beteiligten Kunstakteure vom Maler, über die Galeristen bis zu den Annalenschreibern alle uneins sind.

Stephan Klenner-Otto “Walküre“, Farbradierung, 2002 (Quelle: Klenner-Otto)

Fakt ist indes: in der Wernsteiner Alfred-Kubin-Galerie bilden die phantastischen und skurrilen Erzählbilder Stephan Klenner-Ottos und Fred Böhmes ein hervorragendes, dem Namensgeber des Ausstellungshauses zu Ehre gereichendes Gespann. Zeitgleich präsentiert die Galerie Ölbilder von Elisabeth Hartwig und Aquarelle sowie Radierungen von Hermann Forstner neben Lithografien und Originalen von Alfred Kubin.

Geöffnet ist die Ausstellung in der Wernsteiner Innstraße22 jeweils mittwochs 17-19 Uhr, sonntags 14-17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Näheres dazu unter: www.kubin-galerie.at 

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