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Freitag, Mai 3, 2024

Ankommen als Versprechen

Lesestoff

Die Soiz-Galerie zeigt Anna Katharina Zeitlers Fotoserie „If you can dream it, you can do it“

(von Tobias Schmidt)

Es gibt Botschaften, die sich wie ein Versprechen anhören. Sätze wie: „If you can dream it, you can do it“, zu Deutsch etwa: „Wenn Du Dir etwas erträumen kannst, dann mach’s einfach!“. Was in etwa besagt: Müh’ Dich redlich! Und magst Du zwischendurch auch durch schlimme Zeiten gehen, irgendwann ist auch Dir das Glück des Lebens hold. Man mag das als „Motivationstrainer-Sauce“ abtun. Nur um sich irgendwann dann doch einmal an der ganzen Schlichtheit dieser Verheißung festzuhalten. Aber was wäre, wenn man den erwähnten Traum einmal wörtlich nähme. Diesen Nicht-ganz-real-Zustand, dieses Nachbrennen unseres Tagwerks im Unterbewussten. Bei dem erträumten Etwas muss es sich dann ja vielleicht gar nicht mehr um die große Lebensvision, den Karriereplan oder sonst etwas handeln. Es sind dann vielleicht die kleinen Vorhaben und Geschehnisse, die das Alltägliche über das Gewohnte hinaus heben. All das, was einen durchs Leben gehen, und nicht darin verharren lässt. Und mit einem Mal klingt auch das „Müh’ Dich redlich!“ nicht mehr so verbissen und vermessen.

Anna Katharina Zeitler “Pretty, please“ aus der Serie “If you can dream it, you can do it“, 2017 (Quelle: Zeitler)

Es gibt Bilder, denen ein Versprechen innewohnt. Ein leuchtend blaues Kleid am Treppengeländer. Vielleicht für einen festlichen Abend zurechtgelegt? Eine junge Frau mit puppenhaften Gesichtszügen und lustigem T-Shirt. Lacht hier gleich sie oder ihr Gegenüber als erstes auf? Wird die Schwimmerin am Pool sogleich ins Wasser hinein- und unseren Blicken entgleiten? Was liegt da hinter Schößlingen, Dickicht, Blumenwiesen oder auch Vorhängen? Und wovon wird wohl das Mädchen auf der Schaukel träumen, wenn sich das blaue Zwielicht des Bildhintergrunds nachher über ihren Schlaf senkt? Merkwürdig, fortwährend meint man, hier sei „ein Moment vor einem Ereignis“ eingefangen. Just dann, als sich Mensch, Natur, ein Zimmer, ein Möbel, ein Straßenzug oder sonst etwas anschicken, etwas geschehen zu lassen. Was nach teilhabender Beobachtung klingt, und wieder einmal gerade nicht so wie das aktionistische „Dann mach’s einfach!“ der eingangs erwähnten Lebensoptimierer. Denn hier sind Aufbrüche anderer Art zu sehen. Hier ist noch alles gedacht und geträumt. Und ist dabei doch im Werden begriffen.

Anna Katharina Zeitler “Into the woods“ aus der Serie “If you can dream it, you can do it“, 2017 (Quelle: Zeitler)

Es gibt die Unrast des Unterwegsseins, in der das Ankommen zum Versprechen gerät. Mag sein, dass dies dereinst ein Kennzeichen unserer Epoche genannt werden wird. Aus dem Unterwegssein schöpft auch die Berliner Fotografin und Museumspädagogin Anna Katharina Zeitler ihre assoziativen Einzelbilder der Serie „If you can dream it, you can do it“. Nach dem Studium an der Staatlichen Fachakademie für Fotodesign in München, arbeitete Zeitler seit 2003 international an freien Projekten. Seit 2007 wurden ihre Fotografien mehrfach international ausgezeichnet, unter anderem bei den Head on Portrait Awards, Moscow International Photography Awards und American Photography Awards. Seit dieser Zeit nahm sie weltweit an Ausstellungen teil. Bis Jahresanfang 2019 wurde „If you can dream it, you can do it“ z.B. im Münchner Stadtmuseum gezeigt. In dieser Serie lassen Autos oder Straßenschilder zwar geographische Rückschlüsse zu, Tages- oder Jahreszeiten sind ablesbar, auch tragen die Aufnahmen Bildtitel. Doch darin liegt weniger der Sinn dieser dokumentarischen Serie. Vielmehr sind dies doch als Erinnerungsbilder eingefangene „Traummomente“, in denen das Unterwegssein als beständiges Erleben von Veränderung begreifbar wird. Es ist mithin eine Bildmeditation darüber, wie wir rückblickend bei uns selbst ankommen. Erinnerung als menschlicher Daseinshort – na, wenn das kein Versprechen ist.

Anna Katharina Zeitler “Little drop of poison“ aus der Serie “If you can dream it, you can do it“, 2017 (Quelle: Zeitler)

Die Ausstellung „If you can dream it, you can do it“ mit Arbeiten von Anna Katharina Zeitler eröffnet am Freitag, 14. Juni, 19 Uhr in der Soiz Galerie, Schustergasse 19. Die Fotografin wird in diesem Rahmen über ihre Arbeit berichten; auch das im Kehrer Verlag erschienene Begleitbuch wird aufliegen. Die Ausstellung ist noch bis einschließlich 26. Juli jeweils Mittwoch bis Freitag 15–19 Uhr und Samstag 11–15 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung unter Tel. 0851 21051990, bei freiem Eintritt zu besichtigen. Nähere Informationen auch unter: www.soiz.de und www.katharinazeitler.com.

Anna Katharina Zeitler “Road movie“ aus der Serie “If you can dream it, you can do it“, 2017 (Quelle: Zeitler)
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