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Freitag, März 29, 2024

WeiberRatsch: Korona

Lesestoff

(von Doris Blöchl)

Wissen Sie, liebe Leserinnen, das ganze Ausmaß der Corona-Isolation wurde mir tatsächlich dann bewusst, als ich in meinem Küchenkalender – zugegebenermaßen eine steinzeitliche Terminierungsmethode – sämtliche Sporttermine meiner Kinder, sämtliche beruflichen und privaten Termine meinerseits und die meines Mannes durchgestrichen habe. Dick und fett mit Kuli. Was vorher fein säuberlich mit Textmarkern unterschiedlicher Farben dokumentiert war, um nur ja nichts zu vergessen – alles weg. Und dann folgte die Ernüchterung: exakt diese Termine sind es im Normalfall, die uns nerven, uns stressen und den Tag durchtakten. Dabei haben wir offenbar auf beständig hohem Niveau gejammert, denn nun tut sich ein Zeitloch auf, das gefüllt werden will. Und das wohlweislich nicht mit Shoppen und gemütlichen Familienausflügen, wie das im Urlaub der Fall ist – man muss diesen Zeitüberschuss daheim verbringen.

Ehrlich gesagt habe ich von vielen berufstätigen Müttern gehört, dass sie das als große Herausforderung empfinden – und ich kann ihnen nur beipflichten. In der Regel hat der Tag Struktur. Diese ist zwar wie oben erwähnt in ihrer Terminfülle oft kaum zu bewältigen, aber man hat gelernt, zu organisieren. Dieser Tagestakt fällt nun mit jedem Corona-Fall ein bisschen mehr weg. Die sonst fehlende Zeit hat man nun in Hülle und Fülle – sofern man nicht derart lebenswichtige Aufgaben übernimmt wie das Pflegepersonal und die Ärzte. Firmen sind zur Zwangspause verdonnert, die Familien in einer ungewohnten Situation in einem täglichen Miteinander statt dem eingeübten und lange praktizierten Nebeneinander, das nur an den Wochenenden durchbrochen wird. Daheim.

Das Wort hatte früher einen gemütlichen Charakter – heute ist es plötzlich gar nicht mehr so heimelig, sondern suggeriert den möglichen Inselkoller gleich mit. Teilweise müssen Menschen gar um ihren Arbeitsplatz fürchten, was die angespannte Situation nicht gerade besser macht. Und wo sich früher ein ausgiebiger Ratsch abhalten ließ – im Supermarkt – herrscht das Abstandsgebot. Wenn wir also nicht wollen, dass die gesamte Kundschaft samt Personal des Einkaufsmarkts das Gespräch mit anhört – auf zwei Meter Entfernung muss man schließlich etwas lauter „ratschen“ – lässt man es lieber ganz bleiben. Dass Klopapier des Deutschen liebstes Konsumgut geworden ist, macht uns einmal mehr zu einer Lachnummer in der Welt. Trotz Corona. Aber schön, dass wir damit den Menschen, die lieber Wein oder Cannabis horten, wieder einmal ein Lächeln auf die Lippen zaubern können.

Wer letztendlich besser dran ist, wird die düster aussehende Zukunft zeigen. Es scheint, die Welt drückt auf RESET. Was am Ende der Krise dabei herauskommt, weiß heute noch keiner, aber es ist nahezu sicher, dass es auch dann Sieger und Verlierer geben wird. So war es in jedem Krieg, so ist es auch jetzt. Einer, der in diesen Wirren positiv aufgefallen ist, ist unser Ministerpräsident. Der Söder Markus, der früher als Handlanger von Horst Seehofer allzu oft belächelt wurde, läuft gerade in dieser schwierigen Zeit zu Höchstform auf und hat früh genug versucht, die Nerven zu bewahren und scheute auch vor einem beherzten Handeln nicht zurück. Und das lange bevor „Mutti Merkel“ sich in irgendeiner Form geäußert hat. Umso mehr Respekt gebührt dem bayerischen Landeschef, der in Anbetracht der derzeitigen Verhältnisse in Italien einfach vorgeprescht ist. Das ist direkt aufgefallen – das sind wir nicht gewohnt von Politikern.

In Berlin dagegen hat sich nicht großartig was geändert. Merkel deklariert zwar den Ernst der Lage, denkt sich aber bestimmt wie immer, dass wir das schon irgendwie schaffen. Also wir – nicht sie selbst natürlich. Denn wenn die Wirtschaft nun gecrasht wird und wir das Ganze überleben – dann darf Otto Normalo bestimmt wieder umso mehr rackern, damit der Laden und das Land läuft. Für die Tourismusbetriebe könnte das bedeuten, dass auch nach der Krise keiner mehr kommt – denn dann werden wir in Arbeit ersticken und nicht Urlaub nehmen können. Ob wir das dann noch so toll finden, nachdem wir uns nun an das süße Nichtstun gewöhnen müssen, wird sich zeigen.

Vielleicht aber horten wir nach dieser erzwungenen Auszeit auch lieber Wein und Cannabis und fühlen uns daheim wieder so wohl, dass wir dem Geldverdienen, Häuslebauen und Sparen künftig nicht mehr so viel Zeit opfern wollen und uns dafür ein wenig einschränken im Lebensstil. Wer soll dann bitte die Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen?

Schau ma mal … bleiben’S auf alle Fälle g’sund und füllen Sie die Zeit endlich wieder einmal mit den wichtigen Dingen des Lebens. Denn so wär’s eigentlich richtig.

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