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Freitag, Mai 3, 2024

Wider die falsche Selbstsicherheit

Lesestoff

Vortragsabend über Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik

(von Tobias Schmidt)

Am vergangenen Donnerstag präsentierten Bundesinnenminister Horst Seehofer und Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, den aktuellen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018. Das Amt geht von bundesweit 24.100 Rechtsextremisten aus, knapp mehr als die Hälfte davon wurde als „gewaltorientiert“ bewertet, bei insgesamt steigender Zahl der Gewaltstraftaten und Propagandadelikten. Bei einem sich immer weiter verbreiternden Feindbild der Rechtsextremisten: Asylsuchende und Flüchtlinge, Muslime, Aktivisten, ganz normale Bürger, die sich für Geflüchtete einsetzen und Politiker.

Angesichts des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und eines geständigen Tatverdächtigen mit Verbindungen ins rechtsextreme Milieu (bei freilich noch nicht erwiesener Kausalität in diesem Strafprozess) hat der Begriff  „Rechtsterrorismus“ derzeit allerorten anzutreffende Konjunktur. Eine erschreckende Kontinuität von Anschlägen mit nachweisbarem strukturiertem rechtsextremistischem Hintergrund tut sich auf. Sie durchzieht die Bundesrepublik etwa seit den frühen 1970er Jahren bis zu den Morden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) – ca. 2800 Taten von Brandanschlägen über Entführungen bis zu Mord- und Mordversuch lassen sich diesen Milieus zurechnen.

Ebenso kontinuierlich war aber auch das Wegschauen von Behörden und einer sich in Selbstsicherheit wiegenden Gesellschaft. Es braucht daher heute Gewissheit, womöglich auch schmerzhafte. „Rechte Netzwerke in Zeiten der Radikalisierung“ heißt ein vom Netzwerk Aufstehen gegen Rassismus Passau, dem Rosa Luxemburg Club Passau und dem Kurt Eisner Verein Bayern ausgerichteter Vortragsabend am 10. Juli. Referieren werden Martina Renner, MdB und stellvertretende Parteivorsitzende der Partei DIE LINKE im Bundestag, und Robert Andreasch, freier Journalist, und unter anderem für die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) tätig.

Martina Renner, MdB (Quelle: martinarennder.de)

Es wird um Netzwerkstrukturen wie „Combat 18“ gehen. Diese sind europaweit ausgelegt, und auch der mutmaßliche Mörder Walter Lübckes pflegte wohl Verbindungen zu ihnen. „Hannibals Schattenarmee“ reicht sogar bis in die Bundeswehr und Sicherheitsbehörden hinein. Wie sind solche Netzwerke aufgestellt, welche historischen Vorläufer gibt es, wie agieren sie? Und wie wird dies Treiben bekannt und wo die Veröffentlichung aktiv behindert?

Nimmt man die jüngere Bayerische Landesgeschichte unter dem Aspekt politischer Gewalt in den Blick, kommt man am bis heute nicht aufgeklärten Attentat auf das Münchner Oktoberfest am 26. September 1980 mit 13 Toten und über 200 verletzten Personen nicht vorbei. Doch auch im Freistaat reichen die historischen Kontinuitäten rechten Terrors weiter. All dies soll an dem Abend thematisiert werden. Der gesellschaftliche Rahmen ist dabei gewiss nicht leicht zu beurteilen, da sich alles, was in den letzten Jahrzehnten „gesellschaftliche Mitte“ genannt wurde oder sich selbst dafür hielt, gerade stark verschiebt beziehungsweise – nach Ansicht der Referenten – radikalisiert.

Der Vortragsabend „Rechte Netzwerke in Zeiten der Radikalisierung“ findet am Mittwoch, 10. Juli 2019, um 19 Uhr im Café Unterhaus, Höllgasse 12 in Passau statt. Eintritt frei; die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen.

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