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Trauer nach Suizid: „Alle Gefühle sind verstärkt“

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KDFB bietet offenen Gesprächskreis für Betroffene an

Passau, 19. September 2019 – Wenn ein geliebter Mensch stirbt, gerät das Leben der Trauernden immer ins Wanken. Hat sich dieser Mensch dazu entschieden, freiwillig zu gehen, wird das Leben der Hinterbliebenen aber so extrem und grundlegend verändert, dass viele auf Unterstützungsangebote angewiesen sind, um mit dem Schmerz des Verlustes und vielen weiteren, teils auch widersprüchlichen Gefühlen, umgehen zu können. Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) in der Diözese Passau bietet ab Oktober für Trauernde nach Suizid einen offenen Gesprächskreis an.

Warum? Um diese zermürbende Frage kreisen die Gedanken. Doch es ist eine Frage, auf die die Hinterbliebenen meist keine Antwort mehr finden. „Warum hat die Person es getan? Warum wurde kein Abschiedsbrief hinterlassen? Warum habe ich zuvor nichts bemerkt? Warum hat der geliebte Mensch nicht mit mir über die Probleme gesprochen? Bin ich es nicht wert, geliebt zu werden? – damit beschäftigen sich die Trauenden immer und immer wieder“, weiß Ulrike König, langjährige KDFB-Trauerbegleiterin. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Birgit Czippek wird sie den neuen Gesprächskreis leiten. Beide möchten damit Eltern, Kindern, Partnern oder Freunden, die oft fassungslos, ratlos und sehr alleine zurückbleiben, eine Stütze bieten. „Trauer nach einem Suizid ist eine erschwerte Art der Trauer. Alle Gefühle sind verstärkt und es kommt viel dazu. Schuld- und Schamgefühle, eigenes Versagen, Zukunftsängste, auch Wut und Ärger auf den Suizidenten, ein Einbruch des Selbstwerts, gesellschaftliche Stigmatisierung“, so Czippek. Doch all diese Reaktionen und Empfindungen seien wertvoll. „Es ist wichtig, alles anzunehmen. Wir meinen zum Beispiel oft, Wut ist negativ. Aber Wut ist ein menschliches Gefühl, das wir in angemessenem Rahmen zulassen sollten. Solche Gefühle dürfen nicht verdrängt werden“, so Czippek weiter. Die Trauer nach außen bringen, sie nicht verinnerlichen – das wird ein zentraler Punkt im Gesprächskreis sein. „Unser Ziel ist immer, den Trauenden zu zeigen, dass das allgemeine Gefühlschaos und jedes Gefühl, das gerade jetzt hochkommt, erlaubt und eine gewisse Zeit lang ganz normal sind. Wenn Trauer nicht den Weg nach außen findet, kann sie körperlich und psychisch krank machen“, sagt König. Gemeinsam mit anderen Menschen, die den eigenen Schmerz teilen, kann das leichter gelingen. Im geschützten Rahmen können Betroffene all ihre Gefühle in dem Wissen, verstanden und nicht verurteilt zu werden, rauslassen. Jede und jeder wird wertungsfrei angenommen. Natürlich braucht es trotzdem viel Mut und Kraft, um zu einer zunächst fremden Gruppe zu gehen und sich zu öffnen. Doch die Trauerbegleiterinnen hoffen darauf, dass viele Menschen das Angebot annehmen, da in der Gruppe gemeinsam auch neue Sichtweisen auf das Leben, das sich ja grundlegend verändert und nie mehr so sein wird wie früher, gefunden werden können. „Gerade bei Trauenden nach einem Suizid gibt es eine scharfe Trennung zwischen dem ‚davor‘ und dem ‚danach‘. Das ganze bisherige Leben wird in Frage gestellt. Zum Beispiel: War mein Partner in der Ehe oder mein Kind in seinem Heranwachsen überhaupt jeweils glücklich?“, beschreibt Czippek. Auch die traumatischen Erfahrungen – oft finden ja gerade die Angehörigen ihren geliebten Menschen, der freiwillig gegangen ist, und werden dann zunächst mit polizeilichen Ermittlungen konfrontiert – können gemeinsam besser verarbeitet werden.

Der offene Gesprächskreis für Trauernde nach einem Suizid wird ab dem 2. Oktober 2019 jeden ersten Mittwoch im Monat (ausgenommen August) von 15 bis 16.30 Uhr im Pfarrsaal unter der Pfarrkirche St. Konrad Passau-Hacklberg angeboten. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen gibt es direkt bei den beiden Trauerbegleiterinnen Ulrike König (Telefon 08501 914422 oder E-Mail koenig-ulrike@gmx.de) und Birgit Czippek (Telefon 0851 9520302 oder E-Mail Birgit.Czippek@t-online.de).

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