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Samstag, Mai 4, 2024

Niederbayerns Wirtschaft gegen russisches Energie-Embargo

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Die niederbayerische Industrie- und Handelskammer fürchtet einen großflächigen Produktionsstopp, falls Deutschland die Energielieferungen aus Russland kappt.

Passau (obx). Die russische Invasion in der Ukraine hat dramatische Folgen auch für die Wirtschaft in Niederbayern: „Beim Thema Energie schlägt der Krieg in der Ukraine voll auf die niederbayerische Wirtschaft durch, auf Unternehmen aller Branchen und Größen“, sagt Thomas Leebmann, Präsident der Industrie- und Handelskammer Niederbayern, die rund 81.000 Mitgliedsbetrieben eine Stimme gibt. „Ein Energie-Embargo gegen Russland lehnt die Wirtschaft daher klar ab“, sagt Leebmann. Ein Ausfall der russischen Kohle-, Öl- und vor allem Gaslieferungen könne nicht kompensiert werden. „Die deutschen Reserven reichen nicht einmal annähernd aus und kurzfristige Alternativen sind nicht in Sicht“, so der Präsident. Werde etwa Erdgas rationiert, würden große Teile der niederbayerischen Industrie stillstehen, warnt er.

Das produzierende Gewerbe stellt nach den aktuellsten verfügbaren Zahlen etwa jeden dritten Arbeitsplatz in Niederbayern und erwirtschaftet mehr als 40 Prozent der Bruttowertschöpfung. Gerade die Industrie kämpft nach Leebmanns Worten schon heute mit extremen Preissteigerungen: Die Gaspreise beispielsweise seien schon im vergangenen Jahr sehr hoch gewesen, erreichten jetzt aber nie dagewesene Höchststände. „Die Politik muss sich vehement für die Versorgungssicherheit unserer Betriebe einsetzen. Der ehrgeizige Ausstieg aus Kernenergie und Kohleverstromung gehört jetzt auf den Prüfstand, der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der damit verbundene Netzausbau sollten beschleunigt werden“, fordert der niederbayerische Kammerchef. Auf mittlere und lange Sicht müsse Deutschland die Abhängigkeit vom Ausland bei der Energieversorgung zurückfahren, von Erdgas bis Strom. 

Es sind nicht nur die Energiekosten, bei denen die niederbayerische Wirtschaft die Folgen des Krieges und der Sanktionen spürt: „Internationale Lieferketten reißen ab, der Rohstoffmangel nimmt zu, Preise steigen massiv, die Produktion muss in einzelnen Bereichen bereits gedrosselt oder sogar ganz eingestellt werden“, so Leebmann. So fallen seinen Worten zufolge einerseits etwa Zulieferungen aus dem Kriegsgebiet der Ukraine aus. Ein Beispiel dafür sind aktuell fehlende Kabelbäume und Bordnetze im Automobilbereich. Mit Blick auf Russland andererseits seien unter anderem weitere Preissteigerungen und ein verschärfter Mangel an Rohstoffen zu erwarten, sagt Leebmann: „Die Bandbreite ist groß und der Bezug zum Wirtschaftsraum Niederbayern sehr direkt.“ Russland sei beispielsweise ein bedeutender Exporteur für Nickel, ein wichtiger Rohstoff in der Stahlveredelung oder auch für Akkus in der E-Mobilität. Palladium werde für Industrie- und Autokatalysatoren gebraucht. Aluminium stecke in vielen Produkten und Komponenten, von Fahrzeugen über Gebäuden bis zu Verpackungen. Bei diesen und weiteren Rohstoffen sei Russland als Produzent weltweit mit führend, so der IHK-Präsident. 

Dennoch gebe in den Mitgliedsunternehmen, so Leebmann, „großes Verständnis für die verhängten Sanktionen“, die letztlich auch die international eng verflochtenen niederbayerischen Betriebe treffen würden. Umso wichtiger sei daher das Einstehen der Wirtschaft für eine politische Lösung und für ein Ende des Kriegs. „Zuallererst steht aber die große Sorge um die Menschen in dem umkämpften Land sowie um die vielen Tausenden, die sich auf der Flucht befinden“, sagt der IHK-Präsident. Er dankt den zahlreichen Unternehmen, „die sich für die notleidenden Menschen einsetzen, sei es durch konkrete Hilfe vor Ort, durch Geld- und Sachspenden oder etwa bei der Aufnahme von Flüchtlingen.“ Die IHK Niederbayern listet unter dem Motto „Wirtschaft hilft“ auf ihrer Website Möglichkeiten auf, konkret zu unterstützen: www.ihk-niederbayern.de/ukraine

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