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Freitag, Mai 10, 2024

Geschreckschnablt

Lesestoff

Zwiespältiger Eindruck der Doppelausstellung Muckenschnabl/Hrůza in der St.-Anna-Kapelle

(von Tobias Schmidt)

Sechsundsechzig Ölbilder, Aquarelle, Holzschnitte und Radierungen des Malers, Kirchenmusikers und Kunsterziehers Herbert Muckenschnabl aus Schönanger zieren gegenwärtig die Wände der St.-Anna-Kapelle.
Angekündigt hatte der Kunstverein Passau eine Doppelausstellung gemeinsam mit dem tschechischen Keramiker Václav Hrůza (Prag/Soběslav). Dieser präsentiert engobierte Objekte aus Steingut und Schamotte, also Werkstoffe die der Architektur- und Industriekeramik ein wenig näher stehen als der Bildenden Kunst.
Neun Exponate Hrůzas sind ausgesellt: Pyramiden-, Würfel- und Halbwürfelkompositionen, dazwischen Vasen mit Spiraldekor, Stelen aus Tetraederelementen, ein jedes Teil in sich abgeschlossen, und in der Komposition dennoch ins Unendliche weiterdenkbar, eine zum Verweilen einaldende Sitzgruppe gänzlich aus „Schamotte-Plüsch“. Womöglich ein humorvoller Kommentar auf „Möblierung“ im öffentlichen Raum“ oder gar den „Tisch des Schweigens“ Constantin Brâncușis, des großen Vordenkers skulpturaler Architektur (der Hrůza ja auch „zuarbeitet“).
Ja, wenn man nur dazu käme, solche Gedanken zu vertiefen. Die Exponate stehen meist unzureichend ausgeleuchtet, wie verschreckt an die Wände des Kreuzgangs gedrückt. Des Künstlers Nachname „Hrůza“ bedeutet auf Deutsch „Schreck“ – wer oder was schreckt hier also wen? Womöglich ja der künstlerische Dialogpartner, womöglich ja das noch aus dem letzten Winkel dringende „Muckengeschnabl“?
Nichts hat Raum für sich, entwickelt keine eigene Stimme, und mithin leider auch keine Zwiesprache. Ob der heuer 70-jährige Kulturpreisträger des Bayerischen Wald-Vereins Herbert Muckenschnabl „zuviel“ wollte?

Es gibt sie noch, seine Farbflächen umschließen schwarze Linien, die mit wenigen Strichen einsame Gestalten beim hauswirtschaftlichen Tagwerk in einer abendlichen Spätsommerlandschaft am Lusen oder Dreisessel in die Welt zu setzen versteht. Doch blickt Muckenschnabl auf seinen neuen Bildern weniger in die Weite, sondern durch Zimmertüren in Innenräume. Zwei Frauen im Gespräch nach dem Instrumentalunterricht, eine ins Buch versunkene Leserin, ein Blick von oben in den rotgetünchten Flez – „Genrebilder“ mitsamt Muckenschnabls „rühen Landschaftsgemälden“ als humorvollem Selbstzitat. Ja, wenn man all dies nur nicht in solchem Übermaß und just an jenen Plätzen fände, wo Václav Hrůzas Keramikobjekte besser zur Geltung kämen.
Ein Besucher spöttelte, dies sei wohl eine „Verkaufsschau von Bayerwaldansichten mit Vasenbeigabe“. Ein Eindruck, der auf die Präsentation abstellt.

Der Präsentation einer Doppelausstellung, die leider nicht wirklich eine ist. Die Ausstellung ist noch bis 19.11.2017 jeweils Di-So 13-18 Uhr bei freiem Eintritt in der St.-Anna-Kapelle, Heiliggeistgasse 4 zu besichtigen.

(Bildquelle: Schmidt)

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