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Ungewollt schwangere Frauen müssen sich über den Schwangerschaftsabbruch informieren können

Lesestoff

pro familia zum Prozess gegen Kristina Hänel am 24. November 2017

Der Ärztin Kristina Hänel wird vorgeworfen, gegen den §219a StGB zu verstoßen: Angeblich betreibe sie „Werbung“ für den Schwangerschaftsabbruch. Kristina Hänel führt Schwangerschaftsabbrüche durch. Aus diesem Grund hält sie auf ihrer Webseite Informationen zu einem straflosen Schwangerschaftsabbruch vor.

Dazu erklärt der pro familia Bundesverband:

Die reine Information darüber, wie, wo und durch wen straflose Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, darf nicht als Werbung angesehen werden. Der Strafrechtler Prof. Dr. Cornelius Nestler kam bereits 2005 in seiner Stellungnahme für pro familia zu dem Schluss, ein Gesetz, das derartige Informationen unter Strafe stelle, könne nicht verfassungsgemäß sein. Das Bundesverfassungsgericht hat 2006 erklärt: „Wenn die Rechtsordnung Wege zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte eröffnet, muss es dem Arzt auch ohne negative Folgen für ihn möglich sein, darauf hinzuweisen, dass Patientinnen seine Dienste in Anspruch nehmen können.“*

Der §219a StGB wird zunehmend von AbtreibungsgegnerInnen dazu benutzt, Ärzte anzuzeigen und einzuschüchtern. In der Folge nehmen viele Ärzte und Praxen aus Angst vor Strafverfolgung sachliche Informationen von ihren Webseiten herunter.

Nach §21 Schwangerschaftskonfliktgesetz haben Frauen jedoch das Recht auf eine „freie Wahl unter den Ärzten, Ärztinnen und Einrichtungen, die sich zur Vornahme des Eingriffs bereit erklären“.

Der §219a StGB und seine juristische Auslegung führen leider dazu, dass es Frauen schwer gemacht wird, ihr Recht auf Informationen wahrzunehmen. Sie können sich nicht niedrigschwellig darüber informieren, wo sie einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen können. Der §219a StGB behindert zudem das Recht auf Wahlfreiheit der Methode für den Eingriff, denn es wird nicht veröffentlicht, welche Gesundheitseinrichtungen welche Schwangerschaftsabbruchmethoden anbieten.

Aus Sicht von pro familia ist es dringend notwendig, umfassende, unabhängige Informationen zum Schwangerschaftsabbruch, über die regionale Versorgung und über die verwendeten Methoden zur Verfügung zu stellen. In Frankreich beispielsweise informiert eine vom Gesundheitsministerium betriebene Homepage ausführlich zum Schwangerschaftsabbruch (www.ivg.social-sante.gouv.fr). In der Schweiz, in der analog zu Deutschland der Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig, aber straflos ist, sind die Kantone per Gesetz verpflichtet, lokale Praxen und Spitäler zu benennen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

pro familia fordert vom Gesetzgeber, zeitnah das Defizit bei der Information zum Schwangerschaftsabbruch zu beheben. „Ärzte, die einen straflosen und sicheren Schwangerschaftsabbruch durchführen, dürfen nicht kriminalisiert werden. Frauen und Männer müssen Ärzte frei wählen und sich medizinisch und sachlich richtig zum Schwangerschaftsabbruch informieren können“, betont Davina Höblich, Vorsitzende des pro familia Bundesverbands.

(*BVerfG, 1BvR 1060/02 vom 24.5.2006)

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