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Donnerstag, April 25, 2024

Mit gleichen Chancen durch die Weiterbildung

Lesestoff

Sandra Altmannsberger wirkt etwas geschafft, aber auch erleichtert. Gerade hat sie den ersten Teil der schriftlichen Abschlussprüfung zum IHK-Abschluss „Geprüfte Fachkauffrau Einkauf und Logistik“ hinter sich gebracht. Dafür stand ihr ein eigener Raum in der IHK-Geschäftsstelle in Passau zur Verfügung, und sie hatte mehr Zeit für die Prüfung, als ihre Lehrgangskollegen. Der Grund dafür: Altmannsberger ist von Geburt an schwerhörig. Die IHK hatte ihr daher besondere Prüfungsbedingungen ermöglicht.

Altmannsberger arbeitet seit 2005 im BMW Werk Dingolfing, hatte hier eine Ausbildung als Fahrzeugpolsterin durchlaufen und ist mittlerweile als Logistikerin tätig. In ihrem Arbeitsalltag macht sich die Schwerhörigkeit bemerkbar, aber die 29-Jährige kommt damit gut zurecht. „Meine Kollegen akzeptieren das voll“, sagt sie. Dank zweier Hörgeräte kann sie einem Einzelgespräch jederzeit folgen – und wenn sie trotzdem etwas nicht versteht, fragt sie einfach nach. „Schwierig wird es für mich in großen Räumen oder wenn viele Leute durcheinander reden“, berichtet Altmannsberger. Daher war sie sich zunächst unsicher, ob sie die Weiterbildung zur Fachkauffrau auf sich nehmen sollte. Aber eine Freundin hatte ihr Mut gemacht und auch ihr Meister im BMW Werk hat sie in ihrer Entscheidung unterstützt.

Altmannsberger ging motiviert in die Weiterbildung, besuchte am Samstag und unter Woche nach Schichtende den Unterricht, legte ihre Urlaubstage zusammen, um für den Abschluss lernen zu können. Doch klar war: Ein gehörloser Mensch hat andere Voraussetzung im Textverständnis. „Normalhörende verstehen das oft gar nicht“, meint Altmannsberger. „Es ist etwas anderes, ob ich etwas höre oder es auch kapiere.“ Um ihr in der Abschlussprüfung Chancengleichheit gegenüber den Kurskollegen zu ermöglichen, schaltete die IHK daher das Institut für Textoptimierung in Halle an der Saale ein. Dort wurden die schriftlichen Fragen in eine für Gehörlose verständliche Sprache umformuliert – das fachliche Niveau blieb hingegen gleich. Die Kosten dafür hat die IHK übernommen. „Es ist uns wichtig, dass Menschen mit einer Behinderung alle Möglichkeiten einer Karriere mit Weiterbildung offen stehen. Eine Prüfung für eine schwerhörige Teilnehmerin war aber auch für uns eine Premiere“, erklärt Günter Braun, Bereichsleiter Weiterbildung bei der IHK Niederbayern. „Es war wesentlich leichter für mich“, meint Altmannsberger mit Blick auf ihre Prüfung. Trotzdem geht für sie mit der Abschlussprüfung eine anstrengende Zeit zu Ende. „Meinem Freund habe ich gesagt: Nach der letzten Prüfung gehen wir schön essen!“

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