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Donnerstag, April 18, 2024

Unverpackt genießen für eine bessere Welt

Lesestoff

Hellen Hable lässt alle Hüllen fallen – im sprichwörtlichen Sinne: Die fünffache Mutter eröffnete auf dem Land in Niederbayern den ersten „Unverpackt-Laden“ der Region. Aus dem Experiment wurde innerhalb von nur zwei Jahren eine Erfolgsgeschichte

Vilsbiburg (obx) – Es ist der überwältigende Wunsch der allermeisten Bundesbürger: Neun von zehn Verbrauchern wollen mehr Erzeugnisse ohne Verpackung aus Plastik. Zu diesem Ergebnis kam bereits 2019 eine Umfrage des Instituts für Handelsforschung in Köln. Eine Niederbayerin nahm das Thema jetzt selbst in die Hand: Hellen Hable eröffnete in Vilsbiburg (Kreis Landshut) vor zwei Jahren einen eigenen Unverpackt-Laden mit dem Namen „Walnuss“ – das erste Geschäft dieser Art in der Region. Es war ein Experiment, heute ist es eine Erfolgsgeschichte: „Ich lerne täglich unglaublich liebenswerte Menschen kennen, höre einzigartige Geschichten über den Weg in ein müllreduziertes Leben, spüre die Begeisterung und das Engagement der Bauern, die für uns produzieren“, sagt die Unternehmerin.

Es war ein Buch, das für die Unverpackt-Verfechterin zum Schlüssel für ihren heutigen Erfolg wurde: „Nach der Geburt meines fünften Kindes fiel mir das Buch ‚Besser leben ohne Plastik‘ in die Hände – und irgendwie hat es gefunkt“, erinnert sie sich. Zunächst stellte sie nur den eigenen Haushalt auf plastikfreie Alternativen um. „Dann merkte ich, dass ich entschieden mehr bewirken wollte.“

Kurzerhand gründete sie im Bekanntenkreis eine Einkaufsgemeinschaft für unverpackte Bio-Lebensmittel. „Die wuchs so rasant, dass bald mein ganzes Wohnzimmer als Warenlager diente und praktisch den ganzen Tag lang Leute klingelten, weil sie 200 Gramm rote Linsen in ihre selbst mitgebrachten Gefäße abgefüllt haben wollten“, erzählt die fünffache Mutter. 
So glücklich sie das Interesse auch machte, so belastend wurde das zunehmend für meine Familie: Denn es gab keine geschützten Familienzeiten mehr. Der Familienrat tagte. „Da wir finden, dass gerade Menschen auf dem Land die Möglichkeit haben sollten, ganz einfach unverpackt einzukaufen, beschlossen wir, uns mal ganz unverbindlich zu erkundigen, wie man die Einkaufsgemeinschaft aus unserem Wohnzimmer ausquartieren könnte“, sagt Hellen Hable heute. Schnell war klar: Am sinnvollsten wäre ein eigenständiger Laden. „Obwohl ich mit fünf Kindern zu Hause genug zu tun gehabt hätte, brannte und brenne ich dafür, meinen Kindern zu zeigen, dass absolut jeder etwas zur Rettung der Welt beitragen kann.“ 2019 war es soweit: Die „Walnuss“ wurde eröffnet. 

Hellen Hable eröffnete in Vilsbiburg (Kreis Landshut) vor zwei Jahren einen eigenen Unverpackt-Laden mit dem Namen „Walnuss“ – das erste Geschäft dieser Art in der Region. Foto: obx-news/Hellen Hable

Das Sortiment reicht heute von Waschpulver, Wasch- und Spülmittel über Kaffee, Nüsse, Müsli, Hülsenfrüchte bis hin zu Trockenobst. Hinzu kommt eine große Auswahl an Nudeln, Reis, verschiedenen Mehlen, Eiern und eine Selektion an Gewürzen. Joghurt, Käse und Milchprodukte sind ebenfalls erhältlich. Alles, was die Kunden mitbringen müssen: Mehrwegbehälter, Gläser oder Stoffbeutel und, wie die Inhaberin hinzufügt, „ein bisschen Zeit für den Einkauf“.

(Heimat)Liebe geht durch den Magen, sagt ein Sprichwort. Über ihr Geschäft hat Hellen Hable, die aus dem Westerwald stammt und vor acht Jahren ihrem Mann in dessen niederbayerische Heimat folgte, ihr Zuhause in Niederbayern gefunden: „Der Laden hat eine Brücke geschlagen und mich ankommen lassen“, sagt sie. Das liegt vor allem auch an den Menschen, die sie durch ihren Beruf kennenlernt – wie die Bauern aus dem Umland. Deren Produkte gehören heute selbstverständlich zum Angebot. 

„Besonders auf dem Land liegen zwischen Feld und Teller wunderbarerweise nur wenige Kilometer – das möchte ich sichtbar machen.“ Aus Gewohnheit kauften Menschen oft Lebensmittel, die mehr Flugmeilen gesammelt haben als ihre gesamte Familie je haben wird, macht sie deutlich. Hellen Hable bietet schmackhafte, bisher kaum bekannte heimische Alternativen an – wie den Kochdinkel. Der schmeckt ähnlich wie Vollkornreis, kommt aber nicht aus Pakistan oder Italien, sondern aus Kumhausen und Bodenkirchen bei Landshut und wird von Menschen mit unglaublich viel Herzblut und Leidenschaft angebaut – und geht in der „Walnuss“ selbstverständlich „hüllenlos“ über die Ladentheke.

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