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Donnerstag, Mai 2, 2024

Nachhaltigkeit – in Stein gemeißelt

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Ein ostbayerischer Steinmetzbetrieb zeigt, wie ein Handwerksunternehmen Schritt für Schritt den Weg auf vorbildliche Weise zu einer grünen Öko-Bilanz gehen kann

Essenbach (obx). Stein ist nicht gleich Stein: Im Meisterbetrieb Steinmetz Braun in Essenbach (Kreis Landshut) wird Nachhaltigkeit großgeschrieben. Im vergangenen Jahr wurde das Unternehmen von Karl Hans Braun und seinem Sohn Johannes Braun mit einem Zertifikat für die erfolgreiche Gemeinwohl-Bilanzierung ausgezeichnet. Denn die Steinmetz- und Bildhauermeister zeigen in vorbildlicher Weise, wie ein Steinmetzbetrieb auf Ökologie achten kann.

„In erster Linie geht es uns ums Material“, erklärt Gerda Braun, Betriebswirtin des Handwerks bei Steinmetz Braun. Der Betrieb versucht, möglichst viele einheimische Steine zu verwenden, wie Granit aus dem Bayerwald, Kalksteine aus dem Altmühltal oder Natursteine aus der Europäischen Union. „Naturstein hat eine lange Lebensdauer, auch die Entsorgung am Ende der Lebensdauer ist problemlos. Der Stein kehrt in die Natur zurück“, sagt Braun. Bei den Steinen, die aus Asien oder Afrika transportiert werden, sei die Umweltbilanz miserabel. Dazu kommen die schlechteren Arbeitsbedingungen. Auch um Kinderarbeit auszuschließen, reduziert der Betrieb seit Jahren den Bezug von Steinen aus Asien oder Afrika.

„Außerdem verwenden wir gebrauchtes Material, zum Beispiel aus Grabauflösungen“, sagt Braun. Zu diesen komme es, wenn sich niemand mehr um das Grab kümmern könne. Zurzeit gebe es laut Braun sehr viele Auflösungen. Das setze mehr Material frei als das Team wiederverwenden kann. „Viele Grabsteine können umgearbeitet werden, so dass neue Denkmäler entstehen, dabei kann man auch zwei Materialien kombinieren“, so Braun. Andere Grabsteine werden geschreddert und landen zum Beispiel in Kiesgruben, kehren also in die Natur zurück. 

Der ökologische Gedanke zieht sich durch den Betrieb: Im Fuhrpark von Steinmetz Braun fährt ein E-Lieferwagen, auf dem Dach sorgt Photovoltaik für eigenen Strom für Büro, Werkstatt und Maschinen. Selbst eine Regenwasserzisterne wird genutzt und auch das verbrauchte Wasser zurückgewonnen. Auch deshalb erhielt der Betrieb 2021 das Zertifikat für eine erfolgreiche Gemeinwohl-Bilanzierung vom Verein Gemeinwohl-Ökonomie Bayern. Damit zeigen Unternehmen, dass unternehmerischer Erfolg und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sein müssen. 

Das Zertifikat beurteilt die Leistungen in vier Bereichen: Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung – und zwar aus der Sicht von Lieferanten, Eigentümern, Mitarbeitenden, Kunden und dem gesellschaftlichen Umfeld. „Wir wollten für die Jahre 2019 und 2020 eine Gemeinwohl-Ökonomie-Bilanz erstellen, um einmal zu sehen, wo wir stehen und was wir verbessern können“, sagt Gerda Braun. Auch für 2022 ist eine Bilanzierung geplant, damit Verbesserungen sichtbar werden. 

In den vergangenen Jahren kamen etwa 60 Prozent der Steine bei Steinmetz Braun aus Fernost. „Diese Zahl haben wir peu à peu auf 30 Prozent reduziert, weil wir es einfach nicht mehr vertreten konnten“, sagt Gerda Braun. Manchmal wird zum Beispiel bestimmtes Material verlangt, das es nur in Asien gibt. „Dann versuchen wir, entgegenzuwirken, indem wir den Kunden aufklären, unter welchen Bedingungen diese Steine abgebaut und dass sie über weite Wege transportiert werden“, sagt Braun. Deshalb werden alle Grabsteine in Deutschland produziert. „Wir beziehen zum Beispiel keine fertig produzierten Grabsteine aus Indien“, sagt Braun.

Viele Kunden wissen auch nicht, dass es viele Arten von einheimischen Natursteinen gibt. Dabei ist das Team von Steinmetz Braun immer auf der Suche nach neuen Steinen aus Deutschland und Europa, zum Beispiel auf Messen. „Wir wollen uns in diesem Bereich verstärkt engagieren“, erklärt Gerda Braun. Sie glaubt fest daran, dass echtes Handwerk heute noch gegen Billiglöhne bestehen kann. „Man muss nur seine Werte gegenüber den Kunden selbstbewusst vertreten, dass wir faire Löhne zahlen und gute Arbeitsbedingungen bieten“, sagt Braun. Außerdem war im Steinmetzbetrieb von Anfang an klar: „Wir wollen nicht auf Masse gehen, sondern das Geschäft über Qualität aufbauen. Dafür haben wir Kunden, die genau das besonders wertschätzen.“

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