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Samstag, April 20, 2024

Bauern möchten faire Preise und von ihren Produkten leben können

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Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich im Gespräch mit Vertretern des Bauernverbands Regen

Bei einem Empfang im Landkreis Freyung-Grafenau hatte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich vom großen Unmut erfahren, der aktuell bei den Bauernverbänden in der Region herrscht. Deshalb wollte er von den Vertretern des BBV in Regen, Kreisobmann Roland Graf, Kreisgeschäftsführer Franz Kerscher und Kreisbäuerin Barbara Fraundorfer Näheres darüber erfahren.

Hintergrund sind weitere geplante Mittelkürzungen, die die gesamte Landwirtschaft im Bayerischen Wald noch weiter benachteiligen werde, obwohl dem BBV im Vorfeld eigentlich Unterstützungen zugesagt wurden. Konkret geht es darum, dass 2018 im Zuge der Neuverteilung der bayerischen Ausgleichszulage (AGZ) Mittel für die Landwirtschaft in beiden Landkreisen um insgesamt rund 4 Millionen Euro gekürzt worden sind, obwohl die bergbäuerlichen Erschwernisse keinesfalls weniger wurden. Nun werden erneut Kürzungen bei den „Gemeinsamen Agrarpolitischen Planungen“ (GAP) auf EU-Ebene geplant. Diese Einschnitte in ähnlicher Größenordnung würden weitere Betriebe im gesamten Bayerischen Wald an den Rand des Ruins bringen.

Grundlage der Berechnung stammt aus 1935

Grundlage all der Verordnungen seien die „Ertragsbemessungszahlen“, die im Jahr 1935 festgelegt wurden und die weder die kleinstrukturierten Betriebe, noch die verkürzte Vegetationszeit oder die für ein Mittelgebirge typischen Hanglagen berücksichtigen. Eigentlich lautete die Zusage deshalb, dass diese Benachteiligungen über das KULAP (bayerisches Kulturlandschaftsprogramm) ausgeglichen würden. „Doch die Fördervoraussetzungen können von den zum großen Teil familiengeführten Betrieben niemals erfüllt werden können“, kritisiert Kreisobmann Roland Graf deutlich.

„Auch wenn die Erzeugerpreise derzeit hoch sind, so sind aber auch die Produktionskosten für uns enorm gestiegen“, erklärte Kreisbäuerin Barbara Fraundorfer. Neben höheren Energiekosten, führte der Obmann auch höhere Baukosten oder zunehmend erforderliche Gutachten an: „Als ich gelernt habe, kostete der Platz für eine Kuh im Stall 4000 Mark, heute sind es 18000 Euro“, unterstrich der Obmann. „Wenn ich der Kuh dann auch noch Auslauf geben will, spricht das Tierwohl dafür, der Emissionsschutz dagegen“.

Ein „immer Größer“ kann nicht die Lösung sein

Doch vor allem fehle den Bauern die Sicherheit. „Kaum hat man investiert, ändern sich die Vorschriften“, betonte der Kreisgeschäftsführer Franz Kerscher. Und ein „immer Größer“ könne nicht die Lösung sein. „Wenn man seinen Viehbestand verdoppeln muss, um wirtschaftlich arbeiten zu können, dann hört man lieber gleich auf“.

Dies will Olaf Heinrich unbedingt verhindern. „Die Landwirtschaft ist von enormer Bedeutung für unsere Region. Nicht nur als Landschaftspfleger, die unsere einzigartige Kulturlandschaft erhalten, sondern vor allem als Produzenten hochwertiger Lebensmittel“. Der Bezirk stellt aktuell seine eigenen Kantinen um, in denen bis 2030 mindestens 30 Prozent regionale Lebensmittel verarbeitet werden sollen. „In einigen Einrichtungen haben wir das schon geschafft. Und das Ergebnis ist: Es kostet etwas mehr, aber es ist machbar. Doch was helfen solche Initiativen, wenn es die regionalen Produzenten nicht mehr gibt?“

Die Bauern hätten ohnehin die Schwierigkeit, sich an viele Verordnungen halten zu müssen, ohne aber einen Einfluss auf den Preis ihrer Produkte zu haben. Und eben diese Verordnungen würden sich häufig ändern und seien auch stets dem Zeitgeist unterworfen.

Die Öffentlichkeit sensibilisieren und die Absatzmärkte stabilisieren

Aus Heinrichs Sicht seien zwei Fragen zu klären: „Wie können wir den Blick der Öffentlichkeit auf die positiven Leistungen der Bauern lenken? Denn die schweigende Mehrheit steht hinter eurer Arbeit“, ist er sich sicher. „Gleichzeitig müssen wir aber auch die Absatzmärkte für bäuerlich erzeugte Lebensmittel stabilisieren. Hier können öffentliche Küchen und Kantinen einen wichtigen Beitrag leisten, aber es braucht auch die Verbraucher insgesamt, die den Wert der Lebensmittel erkennen sollten“.

Dies hörten die BBV-Vertreter gern, fehlt es ihnen doch an genau dieser gesellschaftlichen Wertschätzung im Allgemeinen und der politischen Anerkennung im Besonderen „für die Erzeugung von gesunden Nahrungsmitteln nach höchsten Umweltstandards im Inland, die durch immer neue Auflagen nahezu unmöglich gemacht werde“. So steht es auch in einem Schreiben, das sie kürzlich an den bayerischen Ministerpräsidenten gerichtet hatten, um einen gerechten Ausgleich und einen fairen Preis für die Schwierigkeiten der Landwirtschaft in der Bergregion des Bayerischen Waldes zu erreichen.

Hinzukomme, dass „ein Landwirt das, was er verdient, auch wieder vor Ort“ investiert. „Diese regionalen Kreisläufe müssen wir wieder stärken, wenn wir die Herausforderungen der Zukunft meistern wollen“, so Heinrich. Das gelinge aber nur mit einer funktionierenden Landwirtschaft, die von ihrer Produktion leben kann. „Das wäre uns sowieso das liebste, der Bauer will nicht unbedingt staatliche Hilfe, wenn es auch anders ginge“, so Graf. Der Weg dahin scheint aber noch ein langer zu sein. (ml)

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