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Dienstag, April 23, 2024

Vom Leiden an Gott singen

Lesestoff

Der Komponist Peter Androsch leidet am Christentum. Gerade deshalb hat er eine Passion geschrieben. Jedoch ohne Text aus dem Neuen Testament. Am Palmsonntag erklingt sie in der Passauer Heiliggeistkirche

(von Tobias Schmidt)

Passau. Der Komponist Peter Androsch ist vor allem Opernfreunden bekannt. Der Mittfünfziger lebt in Linz, kuratierte dort die musikalischen Aktivitäten rund um die Europäische Kulturhauptstadt 2009, schöpft Bilder aus Partituren (so genannte „Phonographien“), oder er gestaltet Konzertprogramme, aber auch Spaziergänge oder Klangräume aufgrund von Erkenntnissen zur auralen Wahrnehmung. Ist unser Ohr doch ein stets offener Kanal mit Direktverbindung ins Unterbewusstsein.
Aber Peter Androsch leidet auch am Übel der gegenwärtigen Welt. Skeptisch ist er, dass die Menschheit Flüchtlingselend, Ausbeutung oder Umweltkatastrophen noch in den Griff zu kriegen vermag. Als einer, der sich eingehend mit dem Philosophen, Sozialtheoretiker und Ökonomen Karl Marx befasste – zu dessen 200. Geburtstag nächstes Jahr Androsch eine Oper komponierte – ist Peter Androsch auch pessimistisch, was die Religion anbelangt. Je mehr Menschen etwa im Mittelmeer ertrinken, desto mehr schiebt sich auch bei ihm die Theodizeefrage in den Vordergrund: wie kann Gott Leiden zulassen? Ins Lateinische übertragen bedeutet Leiden „Passion“. Für Musiker kein Fremdwort, und so reifte Androschs Idee, in einer musikalischen Passion den einschlägig bekannten Text der Evangelien zu reflektieren. Ein Mensch wird hier an die Stelle des konkreten Märtyrers Jesus gerückt. Einer der fragt, warum und wozu all das Leid in der gegenwärtigen Welt ist, ob es Sinn zu stiften vermag, wo ein Ende, ja wo hier Vollendung sein kann, wenn uns nur noch Unrecht und Tod umgeben. Und: Wo kommt Gott in alledem vor? Nennen wir Peter Androschs „Passion“ einmal agnostisch, denn er leidet an Gott und Gottesglaube, nicht nur am Leiden selbst. Androsch will Gott verneinen und räsoniert doch in einem fort darüber.

Nach der Uraufführung vor einer Woche im Linzer Brucknerhaus, erlebt Peter Androschs „Passion“ ihre erste Aufführung in der Bundesrepublik am 9. April 2017 um 17 Uhr in der Passauer Heilig-Geist-Kirche. Es singen und musizieren das Vokalensemble der Abteilung Gesang und Musiktheater und das Instrumentalensemble der Anton-Bruckner-Privatuniversität für Musik, Schauspiel und Tanz Linz. Die Solisten sind Christa Ratzenböck (Mezzosopran), Robert Holzer (Bass), Katerina Beranova (Sopran). Die in Kooperation mit dem Konzertverein Passau veranstaltete Aufführung dirigiert Thomas Kerbl. Karten zu 15,- Euro/ermäßigt 10,- Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühr sind an allen bekannten Vorverkaufsstellen oder an der Abendkasse erhältlich.

(Bild: Komponist Peter Androsch – Bildnachweis: Brucknerhaus Linz)

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