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Donnerstag, April 18, 2024

Gesetzliche Krankenversicherung: Gestiegene Kassenbeiträge

Lesestoff

Mitte Oktober des letzten Jahres wurde bekannt, dass der Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung für das Jahr 2016 steigen wird; voraussichtlich um 0,2 Punkte auf 15,7 Prozent. Die Mehrkosten treffen alleine die Arbeitnehmer.

Nun wissen wir es noch genauer. Zum Jahreswechsel haben zwei von drei Krankenkassen ihre Beiträge erhöht. Die Spanne reicht nun von 14,6 bis 16,3 Prozent des Bruttoeinkommens.  Dieser Anstieg wird über den sogenannten Zusatzbeitrag erbracht, den die Arbeitnehmer allein schultern müssen. Den allgemeinen Beitrag von 14,6 Prozent teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zu Hälfte.

11 Milliarden Euro an Krankengeld

In diesem Zusammenhang stellt sich wieder einmal verstärkt die Frage, wie man die Krankenkassen in Zukunft finanziell entlasten könnte. Wir beschweren uns über steigende Beiträge, während die Krankenkassen selbst aufgrund immer höherer Kosten ächzen. Allein im Jahre 2014 mussten die Krankenkassen in Deutschland beispielsweise um die 11 Milliarden Euro an Krankengeld zahlen, das sich auf 1,8 Millionen Fälle verteilt hat. Tendenz natürlich steigend. Nicht zuletzt deshalb hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe im Jahr 2014 ein Gutachten in Auftrag gegeben, das sich mit Lösungsansätzen für dieses Problem beschäftigen soll. Dabei ist Gröhe offen für alles, für kreative Lösungsansätze.

Einer dieser Vorschläge wäre es, die Teilzeit-Krankschreibung einzuführen. Dabei handelt es sich quasi um einen Kompromiss aus krank und gesund. Denn je nachdem, ob die jeweilige Krankheit es zulässt, sollen Patienten während dieser Zeit teilweise arbeiten gehen, zu 25 oder 50 Prozent. Diese Idee stößt bei Verbänden und Ärzten auf wenig bis gar kein Verständnis. Sie sehen nicht ein, wie sich die Teil-AU in der Praxis überhaupt umsetzen lassen soll. Argumentiert wird damit, dass eine solche Umsetzung für Ärzte eine enorme, zusätzliche Last bedeuten würde, weil Arzt und Patient über den Prozentsatz des Restleistungsvermögens diskutieren müssten. Es sei schwer, sich vorzustellen, wie das bei einer Grippewelle ablaufen solle. Dazu komme die Unsicherheit, ob der Medizinische Dienst die Einschätzungen übernehme oder zu anderen Einschätzungen komme.

Mehr Chancen als Gefahren

Natürlich, bei einer Grippe mag das durchaus der Fall sein. Bei einer Grippe würde aber auch keiner auf die Idee kommen, den Patienten an die Arbeit zu verdonnern. Das versteht sich doch von selbst. Und nebst einer Grippe gibt es noch zahlreiche andere Diagnosen, die für eine Teilzeit-Krankschreibung überhaupt nicht geeignet sind. Genau diese Einschätzung und Prognose würde doch vollständig in der Obhut des behandelnden Arztes – zusammen mit dem Patienten – verbleiben. Doch wie verhält es sich, um nur ein simples Beispiel zu nennen, bei einem Bruch des linken Armes oder Handgelenks, wenn Patient Rechtshänder ist und seine Arbeitsstelle im Büro ist? Und selbst wenn es sich um einen Handwerker oder Fabrikarbeiter handeln würde; gäbe es da – natürlich in Absprache mit dem Arbeitgeber – nicht noch andere Möglichkeiten, den Patienten für die Dauer seines Leidens irgendwo anders im Betrieb einzusetzen?

Um Missbrauch bei Teilzeit-Krankschreibungen vorzubeugen, wäre natürlich eine gewissenhafte Prüfung des Gesundheitszustandes des Patienten wichtig und unabdingbar. Ebenso dürfte unbestritten sein, dass in manchen Jobs es einfach nichts nützt, wenn jemand nur 25 Prozent seiner Stelle ausfüllen kann. Andererseits ist die Integrierung von Patienten in das alltägliche Leben eine gesundheitsfördernde Maßnahme. Die Arbeit, das Arbeitsumfeld kann durchaus von der Krankheit ablenken; der Kontakt mit den Mitmenschen wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus und der Patient kommt schlussendlich auch an die frische Luft – so absurd das auch klingen mag. Bei Depressionen z.B. kann menschlicher Kontakt auf der Arbeit Wunder bewirken. Wäre da noch der Arbeitgeber zu nennen, der es durchaus dankt, wenn seine Angestellten nicht dauerhaft ausfallen.

Unbestritten; mit der Teilzeit-Krankschreibung wäre eine theoretische Möglichkeit gegeben, eine erhebliche Entlastung der Krankenkassen herbeiführen zu können. Auf diese Weise würden Beitragserhöhungen sicherlich ebenfalls entfallen oder nicht ganz so hoch ausfallen, wie es momentan der Fall ist.

Psychische Probleme als Hauptursache

Denn jedes Jahr steigt die Dauer der Arbeitsunfähigkeit um gut drei Prozent und jedes Jahr steigt die Zahl der betroffenen Versicherten um zwei Prozent. Jedes Jahr sind also mehr Menschen krank – und die Krankheit dauert jedes Jahr länger. Und um nochmals auf die ‚Grippefälle’ zurückzukommen: Laut einem Bericht der DAK hat sich seit 1997 die Zahl der Fehltage wegen Seelenleiden verdreifacht. DAK-versicherte Beschäftigte blieben 2014 an mehr als 6,3 Millionen Tage zu Hause. Jeder 20. Arbeitnehmer war im 2014 wegen psychischer Probleme krankgeschrieben.

Das alles sollte uns doch noch mehr zu denken geben, wenn es um eine Entlastung der Krankenkassen geht.

Wie sieht es nun Gesundheitsminister Gröhe mit der Teilzeit-Krankschreibung? Mit dieser Möglichkeit ist er zwar nicht ganz zufrieden, hält die bisher gesammelten Ideen allerdings für einen guten Ansatz, um weitere Diskussionen führen zu können.

Übrigens; skandinavische Länder machen es uns in diesem Punkt schon lange vor. Und es funktioniert. Ja, selbst die Eidgenossen kennen die Teilzeit-Krankschreibung schon seit vielen Jahren.

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