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Freitag, März 29, 2024

„Ohne Restaurant, kein Hotel“

Lesestoff

…schlussfolgert ein Teilnehmer der Veranstaltung „Naturschutz vor der eigenen Tür“, in der Diskussionsrunde über Insektenhotels. Die gemeinsame Veranstaltung des Naturparks Bayerischer Wald, der Naturoase Reindobl und des Vereins „Grünes Herz Europas“ war gut besucht.

Leider hilft auch ein Insektenhotel wenig, bestätigt Rangerin Lea Stier vom Naturpark Bayerischer Wald, wenn Insekten aufgrund von exotischen Blühwiesenmischungen, Anpflanzung ausschließlich gefüllter Blüten und abgemähten Wiesen keine Nahrung finden. Hinzu kommt: Die meisten und insbesondere gefährdete solitären Bienen – und Wespenarten sind Bodennister und können somit nichts mit einem Insektenhotel anfangen. Wirkungsvoller sind beispielsweise schütter bewachsene Magerflächen auf Sand.

Bei einem Rundgang durch die seit 2006 von Dr. Norbert Ephan gestaltete Naturoase am Samstag den 06. Juni 2020 sprachen Herr Ephan und Frau Stier daher gemeinsam mit den Teilnehmenden über die Gestaltung eines artenreichen Gartens für Pflanzen und Tiere. Begleitet wurden sie von der Commerzbank Umweltpraktikantin des Naturparks Kira Nadler. Auf dem 3 ha Grundstück war ursprünglich geplant  eine Obstwiese und Parklandschaft zu errichten. Dr. Ephan und seine Frau entschieden sich jedoch, das Grundstück zu einer Naturoase umzugestalten. Dazu gründeten sie die ‚Stiftung Naturoase Reindobl‘ (NABU Stiftung Nationales Naturerbe). In Zeiten von Artensterben und Klimawandel wollen sie auch anderen Mut machen und zum Handeln motivieren. Teilnehmende des Rundgangs konnten daher den Umstellungsprozess erleben: Das Naturschutzprojekt, welches einen Teich, einen Wald, eine große Wiese, ein Gewächshaus und einen kleinen Kulturgarten umfasst, wird stets weiterentwickelt und verbessert.

In der Umgebung des Grundstücks finden sich mehrere Naturschutzgebiete und FFH Schutzgebiete. Dr. Ephan hat das Ziel vor Augen, dass Grundstück zu einem Trittsteinbiotop für gefährdete Arten zu machen. Aufgrund der extensiven Bewirtschaftung in diesem Bereich nahm die Vielfalt bereits deutlich zu. Besonders stolz ist Dr. Ephan auf seltene Schmetterlings- sowie Spinnenarten, wie die Gerandete Jagdspinne oder die Zwergmaus, eine geschützte Art der Roten Liste, die sich in den Biotopen angesiedelt hat.

Aktuell fokussiert sich Dr. Ephan auf die verschiedenen Moosarten, die er begonnen hat mit Hilfe mikroskopischer Untersuchungen zu bestimmen. Da Moospolster Wasser eines Starkregens für lange Zeit speichern können, „bilden sie einen natürlichen Hochwasserschutz“, so Dr. Ephan. Darüber hinaus generieren Moose nach oben wachsende Moore, die im Gegensatz zu reifen Wäldern nicht nur Kohlenstoffspeicher, sondern auch -senken sind. Um Moore zu schützen, kann jeder darauf achten keine Blumenerde mit Torfzusatz zu verwenden.

Dass Blütenpflanzen mit gefüllten Blüten (mit flore pleno (fl pl.) gekennzeichnet) keine Nahrung für Insekten bieten, darüber informiert die Rangerin Stier. Bei der Entwicklung eines naturnahen, insektenfreundlichen Gartens sollten diese möglichst vermieden werden. Falls nicht auf ihre Blütenpracht verzichtet werden möchte, sollte den Insekten ökologisch wertvolle ungefüllte Alternativen angeboten werden. Zudem sollte ein insektenfreundlicher Garten vom Frühling bis in den Herbst hinein blühen. Die Salweide blüht bereit Anfang März und dient Bienen, Käfern und Schmetterlingen als eine der ersten Futterpflanzen. Ihre silbernen Weidenkätzchen können zu Ostern bereits das Haus dekorieren.

Ein „unordentlicher Garten“ mit regionalen Blütenpflanzen, Obstbäumen und Hecken, Trockensteinmauern, Totholzhaufen, Ruderalflächen, Trocken- und Feuchtstandorten, einem Komposthaufen und weitern Besonderheiten wie beispielsweise einer blütenreichen Kräuterspirale mit Thymian und Rosemarin bedeutet Strukturvielfalt und somit gleichermaßen ein wahres Artenparadies. Zudem kann das Mahdregime angepasst werden. Um eine Wiese auszuhagern ist es wichtig das Mahdgut von der Fläche zu bringen. Dieses kann dann kompostiert oder im Gemüsegarten als natürlicher Schutz für die Bodenfeuchtigkeit verwendet werden. Wird jede Woche Rasen gemäht, schaffen die Pflanzen es nicht, Samen zu bilden. Es entsteht eine grüne kurze Rasenfläche auf der fast nichts zu finden ist. Wird nur selten gemäht, wie ein bis zwei Mal im Jahr, finden sich auch Wiesenglockenblumen, Habichtskraut, oder Großer Wiesenknopf im Garten.

Ist ein artenreicher Garten schön? Schönheit liegt natürlich im Auge des Betrachters, mit Sicherheit lässt sich allerdings sagen, dass ein solcher Garten schön für viele Tier- und Pflanzenarten ist, denen er ein Zuhause gibt.

Das Wichtigste ist, dass bei allen Handlungen – damit ist auch die heimische Gartenarbeit gemeint – nicht zu vergessen, dass: „Alles hängt mit allem zusammen“. Und auch der Mensch gehört dazu und ist keinesfalls nur Beobachter dieser Netzwerke.

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