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Donnerstag, April 25, 2024

Palliativpatienten brauchen die Freundschaft des Herzens

Lesestoff

Caritas-Seniorenheime bilden „Palliative Care Fachkräfte“ aus
Kursabschluss am Freitag, 31. März im Seniorenheim Mariahilf-Passau

Passau (can.). Menschen am Lebensende bestmöglich zu versorgen und zu begleiten, erfordert grundlegende Kenntnisse. Deshalb haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas-Seniorenheime den Basiskurs „Palliative Care“ absolviert. 22 von ihnen schließen am Freitag, 31. März den Aufbaukurs als „Palliative Care Fachkräfte“ ab. Hermann Reigber von der Christophorus Akademie München fasst zusammen: „Die Kranken und Sterbenden brauchen die Freundschaft des Herzens und gleichzeitig die beste medizinisch-pflegerische Behandlung“.

Ärzte müssten die Versorgung alter Menschen ernster nehmen, mehr auf Schmerzen und Depressionen achten. „In beiden Bereichen gibt es eine eklatante Minderversorgung in Deutschland“, betont er am Rande des Kurses. Ebenso klar: „Menschen, die Alte und Kranke versorgen, brauchen mehr Lobby und eine bessere Bezahlung“. Zudem wünscht er sich mehr bürgerschaftliches Engagement für alte und kranke Menschen“.

Ziel für die Caritas-Fachkräfte sei es, so der Kursleiter, Lebensqualität zu erhalten. Auf dem Weg zum Lebensende, bei Tod und Trauer, komme auch dem Glauben und der spirituellen Begleitung große Bedeutung zu. Dies erlebe er bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas. Sie lernten beim Kurs im Seniorenheim Mariahilf-Passau die Perspektiven anderer Beteiligter am Pflege- bzw. Trauerprozess kennen, auch die Zusammenarbeit mit den Angehörigen, Ärzten und Seelsorgern. Die zweijährigen Kursreihen abgeschlossen haben jetzt die Seniorenheime Hauzenberg, Hengersberg, Passau, Pfarrkirchen, Regen, Tittling und Zwiesel.

Hermann Reigber (Foto: Caritas)

Drei Fragen an Hermann Reigber (Diplom-Theologe, Krankenpfleger und Diplom-Pflegewirt, Geschäftsführender Leiter der Christophorus Akademie)

Was dürfen Schwerkranke und Sterbende am Ende ihres Lebens erwarten?

Als Lebende behandelt zu werden bis zum letzten Augenblick. Das heißt, sie brauchen Schutz und Sicherheit und gleichzeitig sollen sie einbezogen werden in den Alltag eines Pflegeheims und einer Familie. Das kann dadurch geschehen, dass – wie ich es in einem Heim in Oberösterreich erlebt habe – Menschen bis kurz vor dem Tod zumindest einige Zeit im Aufenthaltsraum sind und die Geräusche und Gerüche des alltäglichen Lebens mitbekommen. Das Thema Sicherheit ist sehr wichtig: da schaut jemand regelmäßig ins Zimmer, da kommt eine Ehrenamtliche zur Sitzwache bei Unruhe, im Zimmer riecht es gut, Angehörige können da sein, so wie sie wollen. Sie müssen nicht, aber wenn sie da sind, werden sie umsorgt. Gut ist es, wenn ein Pflegeheim eine Pflegekraft zur Hälfte für solche Aufgaben freistellen kann. Der Hospizverein im Landkreis Mühldorf etwa hat dazu ein Spendenprojekt.

Wie können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Caritas-Einrichtungen sie auf den letzten Stufen des Lebens dann – auch aus dem Glauben – bestmöglich begleiten?

Die Fachkräfte der Caritas, die ich in den Schulungen erleben durfte, haben einen Sinn für die spirituellen Bedürfnisse. Wichtig sind vertraute Dinge – der Klang des Rosenkranzgebets, Gerüche, Lieder. Auf dieser basalen Ebene können auch Menschen mit Demenz gut begleitet werden. Eine wichtige Voraussetzung ist auch, dass Menschen in der Pflege dafür Zeit haben. Sicher sind Ehrenamtliche eine wichtige Stütze, aber Pflegende müssen Zeit haben, um neben der Grundpflege auch am Bett sitzen zu dürfen, mit Bewohnern Bilder anzuschauen, Geschichten zu erzählen, Lieder zu singen. Menschen in Pflegesituationen brauchen die richtige Mischung aus Sicherheit und ein Geländer. Das können der Glaube und die vertrauten Gebete sein. Und auch Freiheit. Für manche Menschen ist es wichtig, dass sie mit einer vertrauten Person, Seelsorger aber auch Pflegekraft, auch über einen belasteten Glauben sprechen können. Die Menschen, die heute hoch betagt sind, stammen zum Teil noch aus einer Zeit, wo sie eher „Herren des Glaubens“ und weniger Diener der Freude erlebt haben. Menschen wollen auch wissen, dass nach dem Sterben noch etwas kommt. Sie wollen wissen, wo und wie sie beerdigt werden. Der Anfang eines ewigen Lebens sollte zumindest Struktur haben und geregelt sein. In den Senioreneinrichtungen der Caritas gehört es zu den selbstverständlichen Dingen, die verstorbenen Bewohner gut rituell zu verabschieden und ihrer in Gottesdiensten zu gedenken.

Was ist für eine palliative Versorgung und Begleitung unerlässlich?

Pflegerisches Know-How und Herz. Cicely Saunders, die Initiatorin der modernen Palliativbewegung, sagt: Die Kranken und Sterbenden brauchen die Freundschaft des Herzens und gleichzeitig die beste medizinisch-pflegerische Behandlung. Gott sei Dank gibt es – auch in Passau – die Möglichkeit, Mitarbeiter der Spezialisierten ambulante Palliativversorgung (SAPV) in Heime zu holen, wenn Schmerzen oder andere Symptome aus dem Ruder laufen. Wichtig ist auch, dass Ärzte die Versorgung von alten Menschen ernster nehmen und mehr auf Schmerzen und Depressionen achten. In beiden Bereichen gibt es eine eklatante Minderversorgung in Deutschland. Weiter brauchen wir ein bürgerschaftliches Engagement für alte und kranke Menschen, Besuchsdienste, ehrenamtliche Hospizhelfer, die Sitzwachen übernehmen. Es braucht gerade auch von Seiten der Seelsorge den Hausbesuch bei Kranken; mit und ohne Krankenkommunion. Ich halte den regelmäßigen Besuch durch haupt- oder ehrenamtlich Seelsorger für unabdingbar. Menschen, die Alte und Kranke versorgen, brauchen mehr Lobby und eine bessere Bezahlung. Das Niveau, das ich bei den Altenpflegekräften in den Palliative Care Kursen kennen lernen durfte, sollte auch in Zukunft erhalten bleiben. Und wer mit schwerkranken und sterbenden Menschen arbeitet, sollte ein gesundes Verhältnis zur eigenen Vergänglichkeit haben. Das heißt nicht Trauerkloß, sondern freudig die Besonderheit und die eigene Sterblichkeit bejahen.

(Titelbild: Pflegerisches Know-How und Herz haben Palliative Care Fachkräfte in den Seniorenheimen der Caritas. Christian Schacherbauer, Leiter des Seniorenheimes Mariahilf-Passau, die Fachbereichsleiterin Ambulante Altenhilfe Ursula Sendlinger im Gespräch mit Katarina Theißing von der Christophorus Akademie München und deren Leiter Hermann Reigber – Foto: Caritas)

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