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Samstag, April 20, 2024

Patienten trauen sich nicht zum Arzt

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Praxen leisten in der Corona-Zeit viel und bangen gleichzeitig um ihre Zukunft – Dr. Stefan Braitinger fordert Politik zum Umdenken bei der Finanzierung auf

Passau/Bayern. Im Zuge der Corona-Pandemie gerät die ambulante Patientenversorgung ins Wanken. Jetzt schlägt Dr. Stefan Braitinger, Ärztlicher Geschäftsführer des medizinischen Versorgungsunternehmens RADIO-LOG, Alarm: „Es gibt viele Patienten, die Hilfe benötigen – doch diese trauen sich nicht mehr zum Arzt. Das hat Auswirkungen für Menschen mit chronischen Erkrankungen und bringt gleichzeitig die Praxen in eine schwierige Situation.“ Seit Anfang März sei die Frequenz gerade bei den Allgemein- und Kinderärzten um die Hälfte zurückgegangen. Weil die Menschen derzeit auch Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen absagen, können die Praxen kaum Leistungen bei den Krankenkassen abrechnen. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft am 21. April vermeldet, dass in den Kliniken ganze Stationen verwaist seien. Denn sechs von sieben Covid-19-Erkrankten werden ambulant versorgt.

Vier Forderungen an die Politik

Doch während die von der öffentlichen Hand getragenen Krankenhäuser am Ende aus Steuern finanziert werden, müssen Praxen um ihre wirtschaftliche Zukunft bangen. Dr. Stefan Braitinger appelliert deshalb an die Politik, die Situation im Gesundheitswesen endgültig ganzheitlich wahrzunehmen. Ihm geht es um den Fortbestand der breit aufgestellten Patientenversorgung durch ambulante Praxen. Er forderte vergangene Woche deshalb in einem Brief an Melanie Huml, Staatsministerin für Gesundheit und Pflege:

1. Einen Liquiditätszuschuss an die Praxen sowie das Aussetzen der Steuervorauszahlungen für die ambulanten Praxen.

2. Die Ausweitung des Zuwendungskreises der Einmalzahlung in Höhe von 1.000 Euro an die nichtärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Praxen – die aktuell ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten.

3. Die Einführung einer Sachkostenumlage für Schutzbekleidung in Höhe von 25 Euro je Patient und Quartal in der gesamten ambulanten Versorgung.4. Die Erhöhung der Grundpauschale je Patient in der vertragsärztlichen Behandlung 20 Euro je Quartal.

Denn trotz niedriger Patientenfrequenz laufen Mieten und Gehälter für das Praxispersonal weiter. In den vergangenen vier Wochen hat alleine RADIO-LOG rund 22.000 Schutzmasken für die eigenen Mitarbeiter und Patienten geordert. Von den 1.800 FFP2-Masken sind gerade mal 300 eingetroffen, Unterstützung von Bund oder Land gab es bislang keine. 

Ärzte stehen bereit – auch aus Überzeugung

Wie nötig die Masken auch vor Ort sind, zeigen die Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Die meisten Covid-19-Erkrankten erhalten ambulante ärztliche Hilfe.  „Dennoch starren alle auf die Intensivbetten wie das Kaninchen auf die Schlange“, empfindet Stefan Braitinger, selbst seit über 30 Jahren als niedergelassener Arzt tätig. Kurzarbeit oder die Schließung einer der aktuell 20 Praxen, die RADIO-LOG in Bayern betreibt, kommt für ihn derzeit nicht in Frage. „Als Ärzte sind wir unserer Berufsordnung verpflichtet und stehen für die Patientenversorgung bereit“, unterstreicht er. Frei im Handeln sei aber weder ein niedergelassener Arzt in einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis noch RADIO-LOG als größere Organisation. Den Rahmen steckt die deutsche Sozialgesetzgebung, die über Landes- und Regionalstellen die Patientenversorgung im stationären und ambulanten Bereich regelt. Nur seien in der aktuellen Situation diese beiden Bereiche aus dem Gleichgewicht geraten – dieses müssen Bund und Länder durch einen Ausgleich nun wieder herstellen, um auch künftig eine funktionierende Gesundheitsversorgung der Menschen in allen Bereichen zu haben.

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