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Hutthurm
Donnerstag, April 25, 2024

„Jetzt red i“, in der Dreifachturnhalle Hauzenberg

Lesestoff

(von Rainer Eckelt)

Ein derart komplexes Themenfeld wie Klimawandel, Sturmschäden, Schadenhilfe usw. in 45 TV-Sendeminuten abarbeiten zu wollen, grenzt schon an Tollkühnheit.
Anderen Talkformaten im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen spendiert man gerne 60 bis 90 Minuten in der Primetime.
„Honi soit qui mal y pense“ (beschämt sei, wer schlecht darüber denkt). Die bekannte Leihgabe aus dem Französischen sei hier gestattet, denn, dass in diesem schmalen Zeitfenster im Prinzip nichts herausgekommen ist, außer dass sich einige Betroffene äußern konnten, ist das logische Ergebnis. Von Dissens zwischen den zwei geladenen Hauptakteuren, der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz Ulrike Scharf und dem Vorsitzenden des „Bund Naturschutz-Bayern Prof. Hubert Weigert war kaum etwas zu spüren. Moderator Tillmann Schöberl musste natürlich im Eiltempo durch die Sendung führen, und so blieb es bei kurzen Dialogen und bei wenigen Monologen.

Viele Bereiche wurden angeschnitten, wobei der Klimawandel selbst wenig Sendeminuten bekam. Der BR Chef-Meteorologe Michael Sache stellte fest, dass die Unwetter nicht das Hauptproblem der sich ändernden Wetterverhältnisse sind, sondern die drohenden und schon erlebten Hitzewellen, durch die wesentlich mehr Menschen zu Schaden kommen, als durch die lokalen Unwettergeschehen. Die sommerlichen Unwetter werden durch die Medien zuweilen stark überhöht dargestellt und der Berufsmeteorologe setzte sich vehement dafür ein, hier mehr Sachlichkeit walten zu lassen.
Wenn jedes Gewitter Schlagzeilen macht, hat man natürlicherweise das Gefühl, dass es mit den Wetterextremen immer schlimmer wird. Katastrophen wie 2016 in Simbach oder der Gewittersturm vom 18. August 2017 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu über 200 km/h sind in der Tat außergewöhnlich. Daher ist die konkrete Ursachenforschung sehr wichtig. Und hier ist der Mensch gefragt!

Die Umweltministerin berichtet den etwa 200 Gästen stolz, dass der Freistaat „sehr, sehr viel Geld“ für Hochwasserschutz in die Hand nimmt. Der Naturschützer kontert milde, dass all dies wenig nutzt, wenn täglich die Fläche des Chiemsees versiegelt, also bebaut wird. „Die Natur wird dem Wachstum geopfert“, war nur eine seiner sachlich kritischen Analysen.

Brav bedankte sich ein Waldbauer für die versprochene Hilfe und fügte an, dass der Sturm in 20 Minuten die Arbeit von Generationen vernichtet hat. Mit Blick auf die Elementarversicherung erinnerte die Umweltministerin an die Eigenverantwortung eines jeden Landwirtes und Bürgers. „Wir leben über unsere ökologischen Möglichkeiten, warf Prof. Weigert ein und stellt fest, dass man so tut, als ob es mehrere Planeten wie unsere Erde gibt, die man nach Belieben auswechseln könne. Und weiter wird vom Publikum eingebracht: Um bei einer Strecke von 10 Kilometern 30 Sekunden schneller zu sein, wurden bei Hundsdorf große Landflächen zubetoniert. Den Autoverkehr zurückfahren wäre eine wichtige Maßnahme, aber wie? Alle wissen um die Wichtigkeit, aber gleichzeitig werden ÖPNV-Projekte, wie z.B. die geplante Neueröffnung der Bahnstrecke zwischen Hauzenberg und Passau, blockiert. Unverändert wird dem Individualverkehr in der Politik jeder Raum eingeräumt, was am Straßenneubauten- und Verbreiterungen für jeden Bürger zu verfolgen ist.

Andere Bürger machen eigne Erfahrungen mit dem Wasserwirtschaftsamt. So wird eine Hochwasserschutzmaßnahme im Landkreis nicht unterstützt, Grund: Die Maßnahme steht nicht im öffentlichen Interesse. Die extrem umweltschädliche Flugzeugtouristik nahm ebenfalls einige Minuten Zeit in Anspruch. Es kann nicht sein, dass eine Bahnfahrt von München nach Hamburg teurer ist, als ein Ferienflug nach Mallorca. „Unsere Lebensgrundlagen sind nicht verhandelbar“, eine weitere tiefgrüdige Bemerkung des Naturschützers, angesichts einer Welt der ökologischen Unvernunft, in der es nur um Wachstum und Gewinnmaximierung geht, so seine Kritik und Mahnung.
Jede Kleinstadt leistet sich heute vor ihren Toren große Flächen, die mit Supermarktketten und Discounter besetzt werden. Eine um sich greifende und „unverantwortliche Flächenversiegelung, die der Staat wohlwollend unterstützt“, war eine weitere kritische Anmerkung eines Landwirts, als es um die Ursachen von lokalen und plötzlich auftretenden Überschwemmungen ging.

Ein „Jetzt red i“, mit einem großen thematischen Anspruch, dem man in dieser zeitlichen Kürze allerdings kaum gerecht werden konnte.

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