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Mittwoch, April 24, 2024

Wirtschaftsexperten halten deutsche Beihilfepolitik für verfassungswidrig

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Fragwürdige Subventionsrichtlinien benachteiligen Firmen gegenüber Österreich und gefährden mittelständische Familienunternehmen

München/Bad Füssing/Berlin (obx) – Mehr als eine halbe Billion Euro haben Bund und Länder bisher zur Überbrückung der Corona-Lockdowns in die deutsche Wirtshaft gepumpt. Ein oft undurchschaubares Subventionssystem mit häufig fragwürdigen Ausnahmeregeln. Massiv kritisierten jetzt die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und ostbayerische Politiker die Ungleichbehandlung und wirtschaftliche Benachteiligung vor allem von mittelständischen Familienunternehmen bei Gewährung von Überbrückungshilfen.

In einer konzertierten Aktion haben aktuell die vbw, Bundestagsabgeordnete aus Ostbayern und auch betroffene Firmen bei Ministerpräsident Markus Söder, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und auch bei Alexander Dobrindt, dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe in Berlin, eine Aufhebung der Wettbewerbsverzerrung in den Corona-Hilfen gefordert. Konkret kritisiert die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft existenzbedrohende Wettbewerbsverzerrung bei Corona-Subventionen zwischen Bayern und Österreich – aber auch die einseitige Bevorzugung von bayerischen Kommunalbetrieben bei der Zahlung von Hilfsgeldern im Freistaat.

Auslöser für die Proteste von Wirtschaftsvertretern und niederbayerischen Politikern gegenüber Bundesregierung und Bayerischer Staatsregierung waren unter anderem Proteste der Bad Füssinger Johannesbad-Gruppe, Betreiberin der größten privaten medizinischen Therme in Deutschland. 

Das Unternehmen mit seinen rund 2.400 Mitarbeitern hat trotz einer Lockdown-bedingten Schließung der gesamten Heilwasser-Therme mit allein rund 4.500 Quadratmetern Thermalwasserfläche und unter anderem seiner fünf Hotels in Deutschland bisher keinen Cent an Rettungs- oder Überbrückungshilfe erhalten, so Johannesbad-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Johannes Zwick. Auslöser ist ein Förderungs-Ausschluss für „verbundene Unternehmen“, also Firmen, von denen nur ein Teil der Tochterunternehmen von Lockdown-Schließungen betroffen sind. Das Johannesbad als einer der größten deutschlandweit tätigen Gesundheitsanbieter ist unter anderem von Hilfszahlungen ausgeschlossen, weil es beispielsweise Kliniken, ambulante Rehaeinrichtungen oder Zahnarztpraxen im Unternehmensverbund zur Sicherstellung der bundesweiten Gesundheitsversorgung geöffnet hält. 

Das Bundeswirtschaftsministerium verweist in Begründungen auf Förderungsverbote der Europäischen Union bei solchen Verbundunternehmen. Eine solche Einschränkung seitens der EU gebe es ausdrücklich nicht, stellten dagegen die Juristen einer Münchner Wirtschaftsanwaltskanzlei in einer Expertise fest. Die den Wettbewerb verfälschende Unterstützungspraxis in Deutschland sei eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, so die Wirtschaftsrechtler. Dies beweise auch Österreich mit seinen laufenden Lockdown-Hilfen für vergleichbare Unternehmen.

Laut vbw verschärft sich die Situation vor allem im Gesundheitsbereich nochmals, weil – anders als Privatfirmen – die oft konkurrierenden kommunalen Verbundunternehmen in Bayern sehr wohl Anträge für Corona-Hilfen stellen können. Diese „Ausgrenzung vieler deutscher Traditionsunternehmen in Familienbesitz“ kritisiert auch der langjährige Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Max Straubinger. 
„So geht fairer Wettbewerb innerhalb der EU nicht“, schrieb Mitte Februar Johannesbad-Aufsichtsratschef Dr. Zwick in einem Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Söder. Durch die willkürliche Ausgrenzung würden viele vor der Krise nachweislich gesunde Traditionsunternehmen in ihrem Fortbestand gefährdet. „Der Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen wäre die Konsequenz.“ 

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