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Mittwoch, April 24, 2024

Studie der Universität Passau: Warum das Reisebüro Zukunft hat

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Onlinebuchung oder Reisebüro? Beides, sagen Forscher der Universität Passau

Passau (obx) – In den Urlaub fahren oder fliegen – und wo buchen? Für die meisten Deutschen ist das in Pandemie-Zeiten nur eine theoretische Frage. Wenn das Reisegeschäft aber in den kommenden Monaten wieder anläuft, dürften Online- und Offlinewelten stärker miteinander verschmelzen, glauben Wissenschaftler der Universität Passau. Sie erforschen im Projekt „Reisezukunft“, wie und wo die Deutschen sich künftig inspirieren lassen, wenn sie Fernweh haben. 

Fast jeder zweite der mehr als 1.000 an der Passauer Studie Teilnehmenden gab an, einmal oder mehrmals jährlich in einem Reisebüro zu buchen. Auf ein Viertel der Befragten, die Reisebüro-Dienstleistungen nutzten, trifft der klassische ROPO-Effekt zu („Research online, purchase offline):  Dabei lassen sich die Kundinnen und Kunden über Online-Kanäle zu Reisezielen inspirieren oder verglichen dort Angebote, greifen aber für die Buchung auf ein stationäres Reisebüro zurück. „Der stationäre Reisevertrieb kann sich der Digitalisierung nicht mehr verwehren“, sagt Stefan Mang, Geschäftsführer des Centrums für marktorientierte Tourismusforschung der Universität Passau (Centouris). 

Das Ziel des Projekts: „Wichtig ist es nun, im Rahmen des Projekts nicht nur Forschung zu betreiben, sondern sie auch in der Praxis umsetzbar zu machen“, sagt Thomas Bösl, Geschäftsführer von „Raiffeisen-Tours RT-Reisen“ mit Sitz in Burghausen in Oberbayern. Um Reisebüros neue Wege im Bereich der Digitalisierung, bei Geschäftsmodellen sowie Angebots- und Serviceinnovationen aufzuzeigen, plant das Bündnis nach seinen Worten digitale Impulsveranstaltungen. 

Es sind fünf Faktoren, warum Kunden auch weiter ins Reisebüro gehen: die persönliche Beratung (73,2 Prozent), das individuelle Angebot (46,2 Prozent), die hohe Qualität des Angebots (33,9 Prozent), Unsicherheit bei der Reisebuchung im Internet (17,9 Prozent), Nichtverfügbarkeit des Angebots im Internet (17,5 Prozent). Das klassische Reisebüro punktet der Umfrage zufolge gegenüber den Online-Buchungsplattformen durch eine bessere Qualität des Urlaubsangebotes und durch ein höheres Maß an Vertrauen in die Buchungs- und Reisesicherheit. Die Umbuchungs- und Stornobedingungen und der Preis werden jedoch bei den Online-Buchungsplattformen vorteilhafter eingestuft. 

Kunden wünschen sich laut den Umfrageergebnissen von einem Reisebüro: Angebote sollten noch besser an ihre Bedürfnisse angepasst werden. Zudem sollten Reisebüros in die Beratung vermehrt auch persönliche Erfahrungen einfließen lassen und ihnen auch bei Problemen während und nach der Reise als persönliche Ansprechpersonen zur Seite stehen. Weiteres Verbesserungspotenzial des stationären Reisevertriebs besteht aus Kundensicht bei der flexiblen Terminvergabe und zeitlichen Unabhängigkeit von den üblichen Geschäftszeiten.

Über die Möglichkeiten neuer Technologien und deren Integration herrscht in den Reisebüros oftmals Unsicherheit. Mit Chatbots der Reiseveranstalter wurden teils unbefriedigende Erfahrungen gemacht. Digital Signage, also die Einbindung von digitalen Bildschirmen, nutzen Reisebüros bereits oder planen diese zukünftig zu nutzen. Eine zentralseitige Bespielung mit qualitativ hochwertigem Content sei wünschenswert. Die Möglichkeit eigenen Content durch regionale Werbung oder eigene Angebote zu integrieren, sollte dennoch unbedingt gegeben sein. „Digitale Lösungen, wie etwa Digital Signage, mit dem Kerngeschäft zu verbinden, ist ein wesentliches Ziel des Projekts. Wir wollen die Kernkompetenz des Reisebüros, nämlich die individuelle Beratung und den persönlichen Kontakt, nicht aus dem Blick verlieren“, so Harald Reischel, Geschäftsführer der Kermax GmbH. 

Auch gegenüber neuen Geschäftsmodellen wie etwa Shop in Shop-Modellen, Pop-Up Stores oder mobiler Reiseberatung zeigen sich Reisebüros offen und setzen diese teilweise schon um. „Größtenteils ist eine positive Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit zu erkennen und Impulse zu etwa der Zusammenarbeit mit lokalen Leistungsträgern werden gewünscht“, sagt Janine Maier, die bei Centouris die Studie koordiniert. Ihr Fazit: „Die Reisebüros sehen nun auch die richtige Zeit gekommen, um ein Beratungsentgelt für ihren Service zu verlangen und sind sich einig, dass es ohne dieses zukünftig nicht mehr gehen wird.“ Voraussichtlich ab April werden die Ergebnisse der Studie auf einer eigenen Projekthomepage veröffentlicht.  

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