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Dienstag, April 23, 2024

Niederbayerns Wirtschaft sucht händeringend Auszubildende

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Nahezu jeder vierte Ausbildungsplatz in Niederbayern bleibt aktuell unbesetzt, wie eine aktuelle Umfrage unter Betrieben zeigt

Passau (obx). Der Nachwuchsmangel bleibt ein Problem für die niederbayerische Wirtschaft. Das zeigt der Blick auf die Statistik der IHK Niederbayern zum vergangenen Ausbildungsjahr. „Schon 2020 war ein sehr schwieriges Jahr für die Ausbildung. Der Rückgang bei den Ausbildungszahlen konnte aber auch 2021 nicht komplett aufgehalten werden“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner. Im Jahr 2021 haben demnach 4.053 Jugendliche eine Ausbildung in den niederbayerischen Betrieben aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus begonnen, ein Rückgang von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Mangel hat inzwischen dramatische Folgen: „Nahezu jeder vierte Ausbildungsplatz in Niederbayern bleibt einer IHK-Umfrage zufolge aktuell unbesetzt“, berichtet Schreiner.

Kurzfristig wirkt sich nach Beobachtungen der IHK die Corona-Krise deutlich auf die Ausbildung aus – insbesondere auf alles, was dem erfolgreichen Start in eine Berufsausbildung vorangeht: „Wenn Ausbildungsmessen vielerorts abgesagt werden, Praktika in den Betrieben verkompliziert werden oder die Berufsorientierung nur noch im virtuellen Raum stattfinden kann, dann bremst das auch die Ausbildung aus“, erläutert der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Er sieht aber neben der Pandemie eine Reihe langfristiger Faktoren, die die Ausbildungszahlen beeinträchtigen: „Der demografische Wandel, der für weniger Schulabgänger sorgt, der Trend zum Hochschulstudium und das mangelnde Bewusstsein über die Vielfalt und Chancen der Ausbildungsberufe bei Eltern, Lehrern und den Jugendlichen selbst, sind die viel tiefergreifenden Gründe“, so Schreiner. Die Demografie lasse sich nicht aufhalten, aber an den anderen Punkten müssen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik nach seinen Worten gemeinsam ansetzen.

Die IHK ist hier bereits vielfältig aktiv, etwa mit den „IHK-AusbildungsScouts“ und dem Folgeprojekt der Karriere-Scouts: Engagierte junge Auszubildende kommen in Präsenz und virtuell in Klassenzimmer oder etwa zu Elternabenden und geben hier authentische Einblicke in ihre Ausbildung sowie die damit verbundenen Karrierechancen. Weitere Beispiele sind gezielte Kampagnen, mit denen die Jugendlichen oder auch ihre Eltern für eine Berufsausbildung begeistert werden, der IHK-Ausbildungsatlas als übersichtliche Online-Präsenz der niederbayerischen Ausbildungsbetriebe oder die Lehrstellen- und Praktikumsbörse der IHK. Sie weist per App auf neue Angebote im direkten Umkreis hin.

Die Unternehmen, das zeigen Rückmeldungen an die IHK, könnten und würden gerne mehr ausbilden, doch es fehlen die geeigneten Bewerber. Entmutigen lassen sich die niederbayerischen Betriebe davon aber nicht. Denn die Umfrage zeigt auch: Die Ausbildungsbereitschaft ist weiterhin ungebrochen. 73 Prozent haben in einer IHK-Erhebung angegeben, dass sie 2022 gleichbleibend oder sogar noch mehr ausbilden wollen.

Der ausgeprägte Nachwuchsmangel trifft nach Worten Schreiners gerade den Wirtschaftsraum Niederbayern aufgrund seiner Struktur besonders hart: Der familiengeführte Mittelstand macht das Gros der über 2.500 Ausbildungsbetriebe im IHK-Bezirk aus. Mit rund 11.100 Azubis stehen diese Betriebe für mehr Auszubildende als das niederbayerische Handwerk oder etwa der öffentliche Dienst und die freien Berufe. Trotz dieser hohen Ausbildungsleistung sehen mittlerweile 70 Prozent der Betriebe die Fachkräftesicherung als größtes Risiko für ihre wirtschaftliche Zukunft – vor Corona waren es nur 60 Prozent.

Für den Passauer IHK-Hauptgeschäftsführer ist der Nachwuchsmangel in der Wirtschaft daher auch ein gesamtgesellschaftliches Problem: „Eines hat uns der Lockdown deutlich vor Augen geführt; von Handel über Gastronomie bis Freizeitwirtschaft – geht in der Wirtschaft nichts, geht auch in der Gesellschaft nichts. Wenn kein Um- und Nachdenken stattfindet, könnte der branchenübergreifende Azubi-Mangel ähnlich negative Folgen haben“, warnt Schreiner.

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