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Samstag, April 20, 2024

Nicht auf dem Holzweg

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Bezirkstagspräsident informiert sich bei Bürgermeister Alfons Schinabeck über die Holzgemeinde Neuschönau

Neuschönau. Fast vier Millionen Euro Schulden, nichts als schlechte Nachrichten und eine depressive Grundstimmung – als vor acht Jahren Alfons Schinabeck zum Bürgermeister der Gemeinde Neuschönau gewählt wurde, lag der Ort am Boden und schien keinerlei Perspektiven zu haben, aus den Miesen herauszukommen.

Doch der gelernte Metzgermeister steckte den Kopf nicht in den Sand und begab sich auf einen „Holzweg“, der keiner war: Er stärkte Neuschönau, indem er seine Gemeinde Schritt für Schritt zur Holzgemeinde machte und holte dabei die Bürgerinnen und Bürger ins Boot. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich hat sich mit ihm zum Erfahrungsaustausch getroffen und lobte seinen Weitblick und Engagement als „absolut beispielgebend“.

Für Alfons Schinabeck ist es keine Hexerei, was er in Neuschönau angestoßen hat. Ganz sachlich und unaufgeregt legt er die Zahlen auf den Tisch. Der Schuldenstand konnte von circa vier Millionen Euro auf ca. 600.000 Euro reduziert werden, bilanziert der 56-Jährige. Gleichzeitig wurden binnen der letzten acht Jahren circa 20 Millionen Euro investiert. „Wir haben gute staatliche Hilfen bekommen“, erklärt Schinabeck. Wie das möglich war? „Wenn man mit den Leuten spricht, dann geht das. Die Regierung von Niederbayern war für uns ein ganz starker Partner, aber auch die bayerische Staatsregierung.“

Schon bei der ersten Bürgerversammlung hat Schinabeck die Ideen angestoßen, dass sich Neuschönau „auf den Holzweg“ begeben könnte. „Ich wollte mich dem Thema nähern, weil wir Bestandteil des Nationalparks sind. Holz passt einfach zu uns“, erinnert er sich. „Wir haben dann alle Akteure ins Spiel gebracht und die Markenbildung als Holzgemeinde angestoßen. Und wenn eine Kommune aktiv wird, dann werden auch die Unternehmer aktiv“, so die Erfahrung des Bürgermeisters. „Mit einer kleinen Zündung kann man viel erreichen. Die Bürger machen mit, das macht mich stolz, und auch unsere Bürger sind stolz auf das, was wir erreicht haben.“ Es gelte, den Menschen zu vermitteln, dass „wir auf der Sonnenseite leben, dort, wo andere Urlaub machen.“ Und dass gemeinsam was geht.

„Unser größtes Problem in Zukunft wird der Klimawandel sein“, glaubt Schinabeck. Deshalb ist ihm der Nachhaltigkeitsgedanke beim Bauen und auch beim Pflanzen ganz wichtig. „Wir bauen so, dass die Gebäude langfristig Bestand haben, werthaltig sind und für das Klima keinen Nachteil haben.“ Es werden in Neuschönau keine neuen Baugebiete ausgewiesen – der Innenraum wird dagegen verdichtet. Anstatt eines Parks wurde der Dorfwaldgarten angelegt. Und zwar als Permakultur, die mit weniger Wasser auskommt.

In allen Hochbauten wird Holz als nachhaltiger Baustoff verwendet. Zehn Millionen Euro wurden in diese Gebäude investiert. Diese sieht Schinabeck nicht nur als Zweckbauten, sondern auch als Ort, an dem Zusammenhalt gelebt wird: „Dazu braucht man ein warmes Plätzchen.“ So ist das Kultur- und Bürgerzentrum als zentrale Einrichtung geschaffen worden, in denen auch die Vereine eine Heimat finden.

„Mir geht es darum, dass sich unsere Bürger damit identifizieren, dass sie sich in der Marke wiederfinden. Ich habe versucht, die negativen Schlagzeilen zu drehen.“

Der Bauhof hat sich mittlerweile selber einen Bauhof hingestellt und durch die Eigenarbeit sehr viel Geld gespart. Bald schon sollen alle freiwilligen Helfer mitanpacken, wenn am Friedhof in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Bauhofs eine neue Aussegnungshalle entsteht, in dem nicht nur der Tod, sondern auch das Leben Platz haben soll – dort könnten zum Beispiel Maiandachten gehalten werden. „Die Devise wird lauten: „Wir bauen uns unser letztes Haus selber“, sagt Schinabeck.

Bezirkstagspräsident Heinrich sprach ausführlich über die Entwicklungsperspektiven von Gemeinden in derzeit herausfordernden Zeiten und zeigte sich begeistert vom Engagement des Bürgermeisters: „Neuschönau und Holz sind verheiratet. Man spürt die Kontinuität, und es ist ein großer Zusammenhalt entstanden. Alle marschieren in eine Richtung – und zwar gemeinsam.“ Heinrich spricht vom „absoluten Vorbildcharakter“ der Gemeinde – aber auch von Bürgermeister Alfons Schinabeck. „Er hat das erkannt, was für unsere Region ganz wichtig ist: Dass Gemeinden sich spezialisieren. Es braucht nicht jeder jedes, aber was wir machen, machen wir in hoher Qualität.“

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