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Mittwoch, April 24, 2024

Grenzüberschreitend dem Leberegel auf der Spur

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Projekt rund um amerikanische Wildtierparasit – Zwei Wintergatter gesperrt

Grafenau / Vimperk. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) untersucht in Kooperation mit den Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava die Verbreitung des Großen Amerikanischen Leberegels und seinen Einfluss auf Wildtierpopulationen im Böhmerwald-Ökosystem. Betroffen von den Parasiten sind vor allem Rot-, Reh- und Schwarzwild, aber auch Nutztiere können vom Leberegel infiziert werden. Die Projektergebnisse sollen dabei helfen, Managementmaßnahmen gezielt einzusetzen und damit die Verbreitung des Parasiten einzudämmen.

Der Große Amerikanische Leberegel ist ein invasiver Parasit, der im Laufe des frühen 20. Jahrhunderts mit dem Import amerikanischer Hirsche nach Europa eingeschleppt wurde. Auf tschechischer Seite des Böhmerwald-Ökosystems ist die Anwesenheit des Parasiten schon länger bekannt. Auf deutscher Seite des Böhmerwalds wurde der Parasit erstmals im Herbst 2019 bei einem erlegten Stück Rotwild festgestellt. Die lokale Häufigkeit und Verteilung des Parasiten sind derzeit noch unbekannt. Mithilfe des länderübergreifenden Forschungsprojekts, dessen Studiengebiet sich über die Flächen des tschechischen Nationalparks Šumava, des Nationalparks Bayerischer Wald sowie des Forstbetriebs Neureichenau der Bayerischen Staatsforsten erstreckt, wird nun die Verbreitung des Parasiten erfasst. Außerdem sollen Zusammenhänge zwischen den Verteilungen der Wirts- und Parasitenpopulationen sowie dem Lebensraum untersucht werden.

Als Endwirt parasitiert der Große Amerikanische Leberegel vor allem Rotwild, aber auch Reh, Wildscheine und sogar Nutztiere können befallen werden. Die Infektion durch den Leberegel ruft bei den verschiedenen Wirtsarten unterschiedliche starke Krankheitsverläufe hervor. Bei Rotwild führt der Befall eher selten zur Ausprägung von starken Krankheitssymptomen – beim Reh dagegen kann ein Befall sogar tödlich enden. Als Zwischenwirte nutzt der Parasit aquatische Schneckenarten, deren Verbreitung im Rahmen des Projekts kartiert werden soll. Mithilfe des Sammelns von Kotproben, in denen Parasiteneier nachgewiesen werden können, und dem Untersuchen von Lebern erlegter Wildtiere, soll die Verbreitung des Parasiten erfasst werden.

Um die räumliche Verteilung von Rotwild, Reh- und Wildschein im Projektgebiet zu untersuchen, werden moderne Methoden aus der Wildtierbiologie, zum Beispiel GPS-Telemetrie und Wildtierkameras, angewandt. Die Verschneidung der Verbreitungsdaten zusammen mit Daten zum Lebensraum soll es ermöglichen, Hotspots mit erhöhtem Infektionspotential zu identifizieren. Eine solche Bewertung des Infektionsrisikos ist ein erster wichtiger Schritt, um gezielt Managementmanßnahmen gegen die weitere Verbreitung dieses Parasiten ergreifen zu können.

Im Nationalpark Bayerischer Wald spielen auch die Wintergatter eine Rolle im Projekt. Diese sind möglicherweise bei der Verbreitung des Parasiten relevant, da dort Rotwild über einen längeren Zeitraum auf vergleichsweise kleiner Fläche lebt. Um zu untersuchen, wie sich verschiedene Managementszenarien der Wintergatter auf das Infektionsgeschehen auswirken, sind zwei der vier Wintergatter im Nationalpark über den Sommer 2021 geschlossen. So kann untersucht werden, ob man eventuelle Infektionsketten unterbrechen kann. Betroffen sind die Wintergatter Ahornschachten und Neuhüttenwiese. Behinderungen auf markierten Wegen gibt es dadurch nicht.

Das länderübergreifende Projekt wird über die Strukturförderung der Europäischen Union im Rahmen des INTERREG-Programms zwischen dem Freistaat Bayern und der Tschechischen Republik (Interreg V) gefördert. Die Untersuchungen laufen insgesamt bis Ende 2022. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt stehen unter www.lwf.bayern.de/leberegel zur Verfügung.

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