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Freitag, Mai 3, 2024

„Gelder für 9 Euro-Ticket besser für langfristigen ÖPNV-Ausbau nutzen“

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Kritik an mehreren Maßnahmen des Bundes bei virtuellem Treffen der niederbayerischen Landräte

Einen „politischen Schnellschuss“ nannte der Bezirksvorsitzende der niederbayerischen Landräte Sebastian Gruber (Landrat von Freyung-Grafenau) das geplante deutschlandweite „Neun-Euro-Ticket“ für den öffentlichen Nahverkehr im Rahmen eines virtuellen Arbeitstreffens der niederbayerischen Landräte.

Gruber und seine Amtskollegen waren sich einig, dass es aus ihrer Sicht wesentlich sinnvoller gewesen wäre, statt für die drei Monate vorübergehend die Ticket-Preise zu subventionieren, die rund 2,5 Milliarden Euro, die bis dato für das Projekt veranschlagt sind, in einen langfristigen Ausbau des ÖPNV zu stecken.

„Von dem jetzt aufgelegten Programm profitieren überproportional die Nutzerinnen und Nutzer in den Ballungsräumen. Für Pendler im ländlichen Raum, die teilweise bis zu 100 Kilometer und mehr zur Arbeitsstelle fahren, ist das Neun-Euro-Ticket weder Ausgleich für die Mehrbelastungen noch eine wirkliche Alternative für den Weg zur Arbeit“, so Gruber.

Auch weitere Maßnahmen des Bundes stießen bei Gruber und seinen Amtskollegen auf Skepsis. So etwa die Entscheidung, dass Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine demnächst Grundsicherung wie etwa Hartz IV-Empfänger erhalten und nicht mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz behandelt werden. Durch die ab 1. Juni geltenden Regelungen wären Probleme vorprogrammiert, so die Landräte. Bisher sind die staatlichen Landratsämter für die Unterbringung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge zuständig. „Wir haben Unterkünfte angemietet und schnellstmöglich ein Dach über den Kopf bereitgestellt“, so die niederbayerischen Landräte unisono. Nach derzeitigem Stand falle mit dem Wechsel des Systems die Möglichkeit für die Landratsämter weg, ukrainische Kriegsflüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in staatlichen Unterkünften unterzubringen. Die Jobcenter würden somit zur Anlaufstelle für ukrainische Kriegsflüchtlinge. „Wir haben in unseren Landkreisen leistungsfähige Jobcenter. Trotzdem sehen wir hier keine Verbesserung zum jetzigen System“, erklärte Bezirksvorsitzender Gruber. „Wie beim Neun-Euro-Ticket fehlen zur konkreten Umsetzung der Umstellung aber noch verlässliche Informationen. Der Bund lässt die Landratsämter kurz vor der Umstellung im Ungewissen, das ist für uns weder hinnehmbar noch nachvollziehbar“, meint Gruber.

Generell habe man das Gefühl, dass die Belange und Belastungen der Landkreise aktuell in Berlin nur sehr wenig Berücksichtigung finden. Zum wiederholten Male wäre es so, dass sich „der Bund im Vorfeld wenig Gedanken zur praktischen Umsetzung gemacht hat“, so Gruber. „Die Landkreise sind pragmatische Umsetzer vor Ort. Wir brauchen Planbarkeit, Verlässlichkeit und praktische Umsetzbarkeit für die Kreisverwaltungen. Das Neun-Euro-Ticket und der so genannte Rechtskreiswechsel bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen sind zwei Beispiele, bei denen der Bund genau gegenteilig agiert“, betont Sebastian Gruber.

Anerkennung für die Kreisverwaltungsbehörden kam von Reigerungspräsident Rainer Haselbeck: „Die Landratsämter übernehmen auch in der Ukraine-Krise die Aufgaben verantwortungsvoll und engagiert. Niederbayern hat die zusätzlichen Belastungen im Rahmen der Ukraine-Krise bisher gut gemeistert.“ Die niederbayerischen Landräte richteten aber auch einen Dank an die Regierung von Niederbayern. „Niederbayern zeichnet der kurze Weg und die verlässliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe aus. Das war bei der bisherigen Pandemie-Bekämpfung so und setzt sich bei den Aufgaben im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine fort. Nur so kann man derartige Krisen gemeinsam meistern“, Gruber abschließend.

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