Jeder kennt ihn. Den Girls‘ Day. Diesen einen Tag im Jahr, an dem Schülerinnen in die sogenannten MINT-Berufe hineinschnuppern und in regionalen Betrieben praktische Erfahrung sammeln dürfen. Die Girls‘ Day Akademie (GDA) geht dabei noch einen Riesenschritt weiter: Ein ganzes Schuljahr lang erproben wissbegierige Mädchen die berufliche Praxis in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft oder Technik.
Wenn am 28. April bundesweit Betriebe interessierte Mädchen einladen, die Schulbank gegen die Werkbank zu tauschen, um in die Welt der technischen Berufe einzutauchen, ist dieses für alle Mädchen so außergewöhnliche Datum für dreizehn Schülerinnen der Realschule Grafenau quasi „Tagesgeschäft“– denn diese Mädchen verbindet in diesem Schuljahr etwas ganz Besonderes: Die Realschülerinnen Annika, Sina, Cassandra, Anna-Lena, Jennifer, Madeleine, Anna, Carina, Eva-Maria, Lena, Michaela, Natalie und Jana sind die Teilnehmerinnen der 1. Girls‘ Day Akademie in Grafenau und für sie gibt es jede Woche einen speziellen Mädchen-Techniktag.
Neben der regionalen Projektbetreuerin Heide-Marie Weiherer sorgen Betreuungslehrer Peter Schmöller, sowie der Kooperationsbetrieb Sesotec für gelebte Technikbegeisterung. Die GDA, ein Modellprojekt, startete an der Realschule Grafenau im Herbst 2015 als eines von insgesamt 14 Projekten in Bayern und kam somit erstmals auch in den Bayerischen Wald. Initiiert, finanziert und in Auftrag gegeben wird die GDA von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie in Bayern bayme vbm, in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit und der Regionaldirektion Bayern. Das Projekt richtet sich an Mädchen der siebten bis zehnten Jahrgansstufe und findet zusätzlich zum regulären Unterricht statt. Hauptziel ist es, die Schülerinnen für Technik zu begeistern und ihr Berufswahlspektrum im Hinblick auf naturwissenschaftlich-technische Berufe zu erweitern – denn schließlich müssen es ja nicht immer die klassischen Frauenberufe sein, auf welche die Wahl nach dem Schulabschluss fällt. In der GDA erhalten die Mädchen eine praxisorientierte und vertiefte Berufsorientierung und setzen sich intensiv mit naturwissenschaftlich-technischen Ausbildungsberufen und Studiengängen auseinander. Dazu kooperiert die Schule mit Unternehmen, weiterführenden Schulen, Hochschulen und weiteren externen Partnern vor Ort.
Der offizielle Girls’ Day 2016 ist eine gute Gelegenheit Zwischenbilanz für die ersten Projektmonate zu ziehen. Neben Betriebsbesichtigungen, dem Besuch der Ausbildungsmesse in Nürnberg, einem Selbstverteidigungskurs für Mädchen sowie intensiven Gesprächen mit Ausbildungs- und Personalverantwortlichen stand bisher vor allem das praktische Tun im Mittelpunkt des Projekts. Für die ersten Erfahrungen in Elektronik sowie Metall- und Holzbearbeitung durften die Mädchen neben dem Technologiezentrum in Freyung auch die Werkstätten der Firma Sesotec in Schönberg nutzen. Da wurde gefeilt, gebohrt, gesägt, gelötet und vieles mehr. Die verantwortlichen Ausbildungsleiter Dieter Sprenzinger und Josef Moser sind nicht nur mit dem Eifer ihrer „Azubinen“, sondern ebenfalls mit deren handwerklichem Geschick und Techniktalent sehr zufrieden. Die Girls‘ Day Akademie entwickelte sich schnell zur beliebten Bereicherung des Schulalltags. Auch der Rektor der Realschule Grafenau, Günther Schwarzbauer ist vom Erfolg des Projekts überzeugt: „In der Startphase war es nicht ganz einfach die Schülerinnen von einem völlig neuen Projekt, das noch niemand kannte, zu überzeugen – mittlerweile bekomme ich aber durchwegs begeisterte Rückmeldungen unserer Mädchen, die sich schon immer sehr auf den nächsten Termin freuen. Die GDA ist wunderbar geeignet, Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und neues Terrain zu erkunden. Auch die Zusammenarbeit mit der Projektbetreuung ist hervorragend, konstruktiv und sehr engagiert. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächste GDA im neuen Schuljahr!“
Aber noch ist das Schuljahr nicht zu Ende. Für die kommenden Monate hat sich die Grafenauer Girls’ Day Akademie noch einiges vorgenommen: Die Mädchen werden ihre Werkstücke, selbstgebaute Lautsprecherboxen fürs Handy, sowie ein elektronisches Roulette fertigstellen, die TH in Deggendorf und das TAZ Anwenderzentrum in Spiegelau besuchen. Ein weiteres Highlight wird die Exkursion ins Deutsche Museum nach München sein. Des Weiteren stehen Kommunikations- Bewerbungs- und Persönlichkeitstraining auf dem Semesterplan. Es gibt also noch einiges zu tun, bevor die Mädchen sich und ihr Projekt bei der großen Abschlussveranstaltung im Juli der Öffentlichkeit präsentieren. Bis dahin werden sie weiterhin mit Feuereifer in der GDA mitarbeiten und wer weiß, ob wir nicht die eine oder andere zukünftig als Azubine im Bereich Metall, Produktdesign, Elektrotechnik, oder Mechatronik in einem der regionalen Ausbildungsbetriebe wieder treffen?
Girls`Day am Donnerstag, 28.04.2016 – extra für Mädchen!
Mädchen erfahren am Girls`Day mehr über ihre Perspektiven in den Bereichen Technik und Naturwissenschaften. Sie erleben die Arbeitswelt in technischen Berufen und lernen weibliche Vorbilder – auch Frauen in Führungspositionen – kennen.
Mädchen haben vielfältige Interessen und Kompetenzen. Diese Potenziale werden in der Berufs- und Studienwahl immer noch zu wenig berücksichtigt. Durch den Girls`Day erhalten Mädchen Zugänge in die Bereiche Technik, Naturwissenschaften, Handwerk und IT, die sie bislang noch viel zu selten im Blick haben.
Frau Seidl von der Gleichstellungsstelle des Landratsamtes Freyung-Grafenau unterstützt die Aktion. Es werden besonders Unternehmen, Betriebe und Behörden aufgerufen, Teilnehmerplätze anzubieten. Sie sollen Mädchen der Klassen 5 bis 10 an einem Tag im Jahr die Chance geben, Alternativen für ihre Berufswahl zu entdecken. Unter www.girls-day.de können die Angebote auf der Aktionslandkarte eingetragen werden. Über diese Plattform finden Mädchen, Eltern und Lehrkräfte die Teilnehmerplätze. Durch die Teilnahme erschließen sich neue Personalressourcen. Firmen in den Branchen Technik, IT, Handwerk und Naturwissenschaften werden gebeten, Teilnehmerplätze zur Verfügung zu stellen.
(Pressemitteilung, Landratsamt Freyung-Grafenau v. 22.03.2016)