Verbesserte Ahndungsmöglichkeiten auch bei Verkehrsteilnehmern aus EU-Nachbarländern
BAYERN/STRAUBING/VIECHTACH. Mehr als 1,1 Millionen Geschwindigkeitsverstöße, 72.406 Fahrverbote, meist wegen Geschwindigkeitsdelikten und Alkohol- bzw. Drogenverstößen, sowie ein Autofahrer, der mit über 250 km/h eine Bundesstraße entlang raste. Ernüchternde Fakten aus der heutigen Vorstellung der Jahresstatistik 2019 des Bayerischen Polizeiverwaltungsamtes (PVA). Im Berichtszeitraum konnte nach den Worten von PVA-Präsident Timo Payer zudem aber auch die schrittweise Automatisierung des europäischen Halterdatenabgleiches (Eucaris) zu großen Teilen umgesetzt werden. Dies erleichtere die Ahndung der von EU-Ausländern begangenen Verkehrsversordnungswidrigkeiten.
„Schon bisher stellte die Bayerische Polizei zum Beispiel durch Anhaltekontrollen sicher, dass auch durchreisende Ausländer bei Verstößen nicht ungeschoren davon kamen“, machte Payer deutlich. Nach umfangreichen Vorarbeiten sei mit der Umsetzung des automatisierten Halterdatenabgleichs mit Österreich begonnen worden. Im Jahr 2019 erfolgte zunächst die Ausdehnung auf die Länder Tschechische Republik, Italien, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Ungarn und Niederlande. 2020 kamen bereits Kroatien, Slowenien und Polen hinzu. Allein 92.276 und somit 11,35 Prozent aller im Jahr 2019 erlassener Bußgeldbescheide ergingen gegen durchreisende Ausländer. „Soweit sich dieser Halterdatenabgleich etabliert hat, rechne ich sogar mit deutlich höheren Werten“, wagte Payer eine Prognose.
Mit Blick auf die Gesamtstatistik 2019 des Bayerischen Polizeiverwaltungsamtes spricht dessen Präsident aber von einer relativ unauffälligen Zahlenentwicklung gegenüber dem Vorjahr.
So wurden von seiner für ganz Bayern zuständigen Behörde mit den Dienststellen in Straubing und Viechtach 1.895.309 Verwarnungen (minus 0,03 Prozent) und 812.804 Bußgeldbescheide (minus 0,99 Prozent) erlassen.
Dabei belegen die Geschwindigkeitsverstöße mit 1.110.945 Fällen trotz einer Abnahme um 5,63 Prozent uneinholbar Platz eins der Verkehrsdelikte und stellen zudem die Hauptursache für tödliche Verkehrsunfälle dar.
Zur Feststellung der Übertretungen setzt die Bayerische Polizei auf eine neue Gerätegeneration mit verbesserter Kameratechnik. Ein Großteil der bisherigen Geschwindigkeitsmessanlagen wurde 2019 bereits durch modernere ersetzt.
„Bestmögliche Bildqualität ist zwingende Voraussetzung für eine hohe Qualität der Sachbearbeitung sowie die Akzeptanz beim Bürger“, betonte Payer.
Und die hohe Akzeptanz kann er auch mit Zahlen belegen: Die Einzahlungsquote bei den Verwarnungen präsentiert sich mit 87,61 Prozent auf gleichbleibend hohen Niveau. Und auch die Einspruchsquote bei Bußgeldbescheiden von lediglich 6,71 Prozent bestätigt dies. Die Gesamtsumme der im Verwarnungs- und Bußgeldverfahren von den Verkehrsteilnehmern eingezahlten Beträge belief sich dabei auf mehr als 132,2 Millionen EUR.
Die Gesamtzahl der Fahrverbote lag bei 72.406 (2018: 70.424). Auffallend hier die Tatsache, dass die Alkohol- und Drogendelikte mit 24,05 Prozent deutlich anstiegen und die Abstandsunterschreitungen (20,80 Prozent) vom vorjährigen Platz zwei verdrängten. Die Geschwindigkeitsverstöße führen mit 45,50 Prozent leider weiterhin die Fahrverbotsstatistik an.
Für einen Negativrekord dürfte ein 23-jähriger Autofahrer gesorgt haben, der eine Bundesstraße anscheinend mit einer Rennstrecke verwechselte und mit über 250 km/h „geblitzt“ wurde. Nach Berücksichtigung der Messgrenze und der Toleranzen wurde ihm schließlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 142 km/h vorgeworfen. Mit dem Fall beschäftigt sich nunmehr die Justiz.
Abweichend vom allgemeinen Trend der PVA-Jahresstatistik 2019 war eine extreme Steigerung der Fallzahlen bei den Rotlichtverstößen zu verzeichnen. Wegen der Inbetriebnahme von einigen zusätzlichen bzw. verbesserten Überwachungsanlagen nahmen diese von 2.258 auf 4.291 (plus 90,04 Prozent) zu.
Mehr und mehr etabliert hat sich aufgrund von Informationsmaßnahmen auch der Bereich der Vermögensabschöpfung im Zusammenhang mit Verkehrsordnungswidrigkeiten. „Schlechte Zeiten also insbesondere für Transportunternehmen, die meinen durch planmäßige illegale Handlungen Gewinne erzielen zu müssen“, so der PVA-Präsident. Die Zahl der dort erlassenen Bescheide stieg von 736 auf 1.185 (plus 61,01 Prozent). Die darin festgesetzten Beträge beliefen sich auf 2.232.268,23 EUR.
Mit Blick auf die teilweise auftretenden finanziellen Engpässe der privaten Haushalte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie riet Payer abschließend, sich bei Erhalt eines Bußgeldbescheides nötigenfalls frühzeitig wegen einer eventuellen Beantragung einer Stundung oder Ratenzahlung mit der Zentralen Bußgeldstelle des Bayerischen Polizeiverwaltungsamtes in Verbindung zu setzen. „Warten Sie nicht erst bis das Kind in den Brunnen gefallen ist“, bat er.
Die zur Veröffentlichung freigegebene Statistik 2019 ist als pdf.-Datei auf der Internetseite https://www.polizei.bayern.de/verwaltungsamt/news/presse/aktuell/index.html/314183 einsehbar.